Keystone / David Zalubowski
Hintergrund

7 Fragen und Antworten zum Prozess gegen Meta

Seit zwei Wochen läuft ein wegweisender Gerichtsfall gegen Meta. Es geht darum, ob Mark Zuckerberg mit unfairen Methoden ein Monopol geschaffen hat. Der Prozess ist sowohl juristisch als auch politisch brisant.

Mark Zuckerberg kämpft vor Gericht um sein Imperium. Die US-amerikanische Federal Trade Commission (FTC) will seinen Konzern aufbrechen. Meta habe durch Missbrauch von Marktmacht ein Social-Media-Monopol geschaffen. Deshalb soll der Tech-Gigant Instagram und Whatsapp verkaufen müssen.

Dass der Prozess überhaupt stattfindet, ist für Zuckerberg eine Niederlage. Seit Monaten biedert er sich bei Donald Trump an – zweifellos mit dem Ziel, dass dieser die Klage verschwinden lässt. Doch Zuckerbergs Avancen scheinen beim Präsidenten bisher auf wenig Gegenliebe zu stossen. Am Ende könnte das allerdings egal sein, denn der Fall steht auf einem wackligen Fundament.

1. Was wird Meta vorgeworfen?

Die Klage der FTC dreht sich um Metas Übernahmen von Instagram (2012) und WhatsApp (2014). In beiden Fällen soll Zuckerbergs Unternehmen, das damals noch Facebook hiess, bewusst den Wettbewerb des freien Markts verhindert haben. Es sei der Grund, warum Meta bis heute ein Monopol besitze – zu Ungunsten der Konsumentinnen und Konsumenten. Als Lösung fordert die Kartellbehörde die Abspaltung von Instagram und Meta.

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Mit einem guten Produkt eine Monopolstellung zu erreichen, ist in den USA nicht grundsätzlich illegal. Beherrscht jedoch eine Firma erstmal einen Marktbereich, gelten für sie strengere Regeln. Der sogenannte Sherman Act verbietet das Verhindern von Konkurrenz durch unfaire Methoden – und genau das wirft die FTC Meta vor.

2. Was sind die politischen Hintergründe?

Die Federal Trade Commission operiert zwar theoretisch unabhängig von der US-Regierung, aber diese bestimmt den Vorsitzenden. Präsident Donald Trump entliess kurz nach Amtsantritt die bisherige Chefin Lina Khan und setzte Andrew Ferguson ein. De facto kann er deshalb Druck auf die Behörde ausüben, damit sie bestimmte Fälle härter verfolgt oder fallen lässt.

Zuckerberg versuchte deshalb in den vergangenen Monaten, den Präsidenten zu umgarnen. Er begann damit, als nach dem Attentatsversuch auf Trump dessen Wahl praktisch sicher schien. Zuckerberg gab zwar nie eine explizite Wahlempfehlung ab, aber er bezeichnete Trump in einem Interview als «badass». Nach der Wahl spendete er Geld für dessen Amtseinführung und besuchte ihn in Mar-a-Lago.

Zudem schaffte Meta sein Fact-Checking-Team ab – eine Kehrtwende, um Trump zu gefallen. 2020 gingen Facebook und Instagram noch entschieden gegen Falschinformationen vor. Sie löschten auch Posts von Trump, in denen er behauptete, Kinder seien immun gegen das Coronavirus. Nach dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 sperrte Meta schliesslich sogar das Konto des Präsidenten, weil dieser zur Gewalt aufgerufen habe.

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Seither war Trump nicht gut auf Zuckerberg zu sprechen. Er kritisierte diesen aufs Schärfste und behauptete, Meta habe die Wahl 2020 beeinflusst. In einem Buch drohte er dem Meta-CEO sogar mit einer lebenslangen Gefängnisstrafe. Gegen Zuckerbergs Charme-Offensive scheint Trump immun zu sein. Auf jeden Fall hat er sich bisher nicht in den Prozess gegen Meta eingeschaltet.

3. Wie alt ist die Klage?

Ursprünglich wurde die Klage unter Donald Trump im Dezember 2020 eingereicht. Im Juni 2021 wies ein Gericht die Anklageschrift ab, weil sie zu schlecht formuliert war und keinerlei Beweise für Metas angebliches Monopol lieferte – ein Armutszeugnis für den damaligen FTC-Vorsitzenden Joseph Simons. Das Gericht liess die Tür aber einen Spalt weit offen. Denn es wies nur die Anklageschrift ab und nicht den Fall an sich.

Joe Bidens FTC-Vorsitzende Lina Khan überarbeitete die Anklageschrift und reichte den Fall im August 2021 erneut ein. Mit Erfolg. Zwei Mal stellte Meta ein Gesuch, dass der Fall erneut verworfen wird. Zwei Mal wies das Gericht das Gesuch ab. Metas Anwälten gelang es zwar, den Prozess bis nach Trumps Wahl zu verzögern. Doch auch der neue FTC-Vorsitzende Andrew Ferguson kennt kein Pardon: Am 14. April 2025 startete die Gerichtsverhandlung und Mark Zuckerberg musste im District Court of Columbia antraben.

4. Wie argumentiert die FTC?

Die FTC sagt, Meta habe Instagram und WhatsApp gezielt gekauft, um Wettbewerb zu verhindern. Damit schade das Unternehmen indirekt den Konsumenten. Denn ohne Konkurrenz sei Meta nicht gezwungen, seine Dienste so gut wie möglich zu machen.

It is better to buy than to compete
Mark Zuckerberg 2008 in einer E-Mail

Für den ersten Teil der Anschuldigung legt die FTC zahlreiche Belege vor. Unter anderem E-Mails von Mark Zuckerberg, in denen er seine Geschäftsstrategie offenbart. Der Meta-CEO schrieb zum Beispiel: «Es ist besser zu kaufen, als zu konkurrieren.» Und auf die Übernahme von Instagram bezogen: «Was wir wirklich kaufen, ist Zeit.»

Der zweite Teil der Klage ist schwieriger zu beweisen. Die FTC muss eine imaginäre Welt erschaffen, in der Facebook die anderen Plattformen nicht gekauft hätte. Gemäss der Behörde gäbe es in einer solchen Welt mehr und bessere Social-Media-Dienste als heute. Damit diese Argumentation in einer Zeit von TikTok, X und YouTube Shorts aufgeht, definiert die FTC den Markt als «persönliche soziale Netzwerke». Und dort operieren in den Augen der Behörde nur Facebook, Instagram, WhatsApp, Snapchat und MeWe.

5. Was sind Metas Gegenargumente?

Zuckerberg und seine Anwälte argumentieren, dass Instagram und WhatsApp nur durch Metas Hilfe so erfolgreich geworden sind. Interne Dokumente zeigen, dass Instagram bei der Übernahme nur zehn Millionen User hatte. Mittlerweile sind es zwei Milliarden. Meta behauptet, es sei kein Schaden für die Konsumenten entstanden. Im Gegenteil: die Plattformen seien durch die Übernahme sogar besser geworden.

Mark Zuckerberg findet, sein Konzern habe Instagram besser gemacht.
Mark Zuckerberg findet, sein Konzern habe Instagram besser gemacht.
Quelle: Shutterstock

Zudem verteidigt sich Meta gegen den Monopolvorwurf. Facebook und Instagram müssen sich laut den Anwälten in einem umstrittenen Markt behaupten, der auch TikTok, X, YouTube und iMessage umfasse. Als Beweis legten sie unter anderem interne Statistiken vor: Als TikTok im Januar in den USA vorübergehend offline ging, schossen die Userzahlen auf Facebook und Instagram in die Höhe.

6. Wie gross sind die Erfolgschancen der Klage?

Die meisten Expertinnen und Experten geben der Klage eher geringe Chancen. Dass Mark Zuckerberg bewusst Konkurrenz verhindern wollte, scheint zwar plausibel. Aber die Marktdefinition der FTC ist an den Haaren herbeigezogen. Es lässt sich kaum argumentieren, dass TikTok, X und YouTube heute keine direkten Konkurrenten von Facebook und Instagram sind – womit der Monopolvorwurf kollabieren würde. Der Schaden für die Konsumenten durch fehlende Konkurrenz lässt sich zudem nur hypothetisch argumentieren.

Die wahre Marktmacht von Meta liegt im Netzwerk-Effekt: Nutzt du ein Produkt, stopft dir Mark Zuckerberg unerbittlich auch alle anderen in den Hals. Das hat bei Instagram funktioniert, als es von Facebook übernommen wurde. Heute wiederholt Meta das Prinzip beim Kurznachrichtendienst «Threads», für den du auch auf Instagram ungefragt Notifications erhältst. Und der hauseigene Chatbot «Llama» wird mit den angehäuften persönlichen Inhalten sämtlicher Plattformen gefüttert. Doch all das ist nicht Gegenstand dieser Klage.

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Ein weiterer Umstand, der die Glaubwürdigkeit der FTC untergräbt: Genau sie war es, die 2012 und 2014 die Übernahmen von Instagram und WhatsApp absegnete. Es wirkt heuchlerisch, dass die gleiche Behörde zehn Jahre später darüber jammert. Ein Urteil gegen Meta würde die Rechtssicherheit von solchen Übernahmen grundsätzlich in Frage stellen.

Unter dem Strich hat die FTC aus momentaner Perspektive deshalb schlechte Karten. Am Ende könnte die Entscheidung aber auch von politischen Faktoren abhängen: Gewinnt Mark Zuckerberg die Gunst von Donald Trump, löst sich der Fall wohl rasch in Luft auf. Gelingt es der FTC, Metas Monopol als Gefahr für die Redefreiheit darzustellen, wird der republikanische Präsident den Tech-Konzern vor Gericht schmoren lassen.

Donald Trump hat viel Macht über die FTC. Bisher hält er sich jedoch aus dem Fall gegen Meta raus.
Donald Trump hat viel Macht über die FTC. Bisher hält er sich jedoch aus dem Fall gegen Meta raus.
Quelle: Shutterstock / Joshua Sukoff

7. Wie geht es weiter?

Der Prozess vor dem District Court of Columbia wird noch einige Wochen dauern. Ein Urteil wird erst im Sommer erwartet. Neben Mark Zuckerberg haben bereits Metas ehemalige COO Sheryl Sandberg und der Instagram-Mitgründer Kevin Syström vor Gericht ausgesagt. Im weiteren Verlauf wird auch der WhatsApp-Mitgründer Brian Acton zu Wort kommen.

Sollte die FTC den Fall gewinnen, muss das Gericht danach über die Folgen entscheiden. Ein solches «Remedies Trial» beginnt diese Woche zum Beispiel gegen Google wegen seines Suchmaschinen-Monopols. Meta könnte gezwungen werden, Instagram und WhatsApp zu verkaufen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Verliererpartei das Urteil anfechten wird. Der Fall dürfte sich deshalb über Jahre hinziehen.

Titelbild: Keystone / David Zalubowski

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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