Umfrage
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Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Ich bin ein Produkteschnüffler. Neue Dinge erfahre ich olfaktorisch. Das ist nicht immer gut. Deshalb nehme ich mir den Vorsatz, nicht mehr an meinen Review-Produkten zu riechen.
Herrlich, der Pöstler liefert meine neueste extragrosse Mausmatte. Ich reisse das Päckli auf und schnüffle an dem Teil. Es stinkt. Kein Wunder, es hat soeben eine Reise von China in mein Büro hinter sich. Die Matte riecht gleichzeitig neu und alt. Ein Gegensatz, der für mein Geruchsempfinden nicht aufgeht. Mir läuft’s kalt den Rücken runter. Eigentlich gefällt mir das Sujet mit dem chinesischen Fischerdörfchen am See, im Hintergrund die Berge und im Vordergrund die Kirschblüten. Aber der Gestank. Den werde ich nie vergessen und meine Einstellung zur Deskmat für immer prägen. Ich sollte meine Nase nicht immer in Dinge stecken.
Jedes Mal, wenn ich ein neues Produkt öffne, muss ich als Erstes daran riechen. Das tue ich nicht nur mit Deskmats, sondern auch mit Monitoren, Grafikkarten und Co. Wieso? Ich entscheide über den Geruch, ob mir jemand oder etwas gefällt oder nicht. Habe ich schon immer so gemacht. Riecht etwas intensiv, ist es mir suspekt. Ich denke dann immer, dass es etwas zu verstecken gibt – oder es schlichtweg stinkt.
Gerüche werden vom Riechkolben verarbeitet. Jener Struktur im vorderen Teil des Gehirns, die Informationen zur weiteren Verarbeitung an die anderen Bereiche der Körperzentrale sendet. Gerüche gehen direkt ins limbische System – Amygdala und Hippocampus eingeschlossen. Also jenen Regionen, die mit Emotionen und dem Gedächtnis zu tun haben. Nicht umsonst haben Hersteller bereits seit Längerem das olfaktorische Marketing für sich entdeckt. Durch Düfte soll das Kaufverhalten beeinflusst werden.
Was ich rieche, bleibt. Meist für lange Zeit – wenn nicht gar für immer. Das nennt sich auch unfreiwilliges autobiografisches Gedächtnis. Wenn ich im Alltag auf einen Duft stosse, ruft der ohne dass ich mich bewusst anstrenge, Erinnerungen an die Vergangenheit hervor. Schon früh hat der französische Schriftsteller Marcel Proust in seinem Roman «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» das unfreiwillige Gedächtnis beschrieben.
Proust schildert eine Szene, in der er Kuchen und Tee konsumiert. Er wird durch deren Geschmack an sein Elternhaus erinnert. Eine positive Erinnerung. Der Geruch meiner Deskmat löst ein unangenehmes Gefühl aus, jenes an den Gestank. Würde ich ein Review über das Teil schreiben, es würde dadurch negativ beeinflusst. Nur wegen des Geruchs. Andererseits können durch olfaktorisches Marketing positive Gefühle ausgelöst werden. Würde die Deskmat also dezent nach Sommergewitter duften – meinem Lieblingsgeruch –, ich würde sie eher positiv beurteilen.
Der Geruch kann meine Meinung also unbewusst beeinflussen. Das will ich künftig so gut wie möglich verhindern. Deshalb mein Vorsatz fürs neue Review-Jahr: Ich lasse das Schnüffeln bei Testprodukten bleiben – zumindest bis ich mit ihnen fertig bin.
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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.