

Dass du Sport treibst, soll man sehen, aber nicht riechen

Was mir besonders stinkt? Funktionskleidung, deren einzige Funktion es ist, bei der kleinsten Anstrengung penetrant – ja eben – zu stinken. Das schwedische Unternehmen Polygiene will unangenehme Gerüche bekämpfen. Wie es vorgeht und welche Kleidung dank der Technologien nicht so schnell müffelt, erfährst du hier.
Joggen, Biken, Skifahren, Wandern oder Abenteuerreisen unternehmen – alle diese Aktivitäten sind schweisstreibend. Das hat seinen Sinn: Schliesslich kühlt die aus Millionen von Schweissdrüsen kommende Flüssigkeit unseren Körper und hilft uns dabei, leistungsfähig und gesund zu bleiben. Ohne Schweiss würden wir schnell überhitzen. Ausdauersport wäre ohne unsere – im Tierreich ziemlich seltene – Fähigkeit zu schwitzen gar nicht möglich.
So nützlich der Schweiss für unseren Körper ist, für unsere Nasen stellt er eine Belastungsprobe dar. Das liegt nicht am Schweiss selbst, denn der ist weitgehend geruchlos. In Hautfalten und in der Kleidung schafft er allerdings ein warmes, feuchtes Klima, in dem geruchverursachende Bakterien besonders gut wachsen. Gerade Funktionskleidung aus Polyester transportiert die Feuchtigkeit vom Körper weg. Dadurch bleibt deine Haut angenehm trocken. Die Feuchtigkeit sammelt sich stattdessen auf der Kleidung, wo sich die Bakterien besonders gut und schnell vermehren. Wenn sie den Schweiss zersetzen, entsteht der typische Gestank.
Mehr als 500 Marken nutzen die Polygiene Geruchshemmer
Genau diesen sowie Gerüche nach Essen oder Rauch bekämpft die schwedische Firma Polygiene schon seit 2006. Ihre Technologien stecken in Produkten von mehr als 500 globalen Marken – von Adidas über Gripgrab bis hin zu O’Neill. Die Outdoor-Marke Maloja wird die Polygiene-Technologie in ihrer «Good Morrow»-Kollektion für Frühjahr und Sommer 2024 nutzen. Wichtig dabei: Die Methoden sind umweltverträglich (Bluesign und Oeko-Tex Eco Passport zertifiziert). Sie schaden laut Herstellerangaben auch nicht dem Hautmikrobiom, der natürlichen Schutzbarriere der Haut.

Quelle: Siri Schubert
Durch verschiedene Methoden, üble Gerüche einzudämmen, will Polygiene nicht nur menschliche Nasen schonen. Sondern auch weiter gesteckte Ziele fördern. So soll Kleidung weniger häufig gewaschen werden, was zu reduziertem Wasser- und Waschmittelverbrauch führt. Zudem sollen Textilien durch selteneres Waschen länger halten.
Eine Life-Cycle-Analyse durch ein externes Institut ergab deutliche Einsparungen bei einem typischen Funktionsshirt aus 90 Prozent Polyester und 10 Prozent Elasthan, das bei 156 Trainingssessions im Jahr getragen wurde. Landete es dank der Polygiene-Beschichtung nur nach jeder zweiten Sporteinheit in der Waschmaschine, verringerten sich die negativen Umweltauswirkungen um ein Drittel.
In der Praxis hat sich Polygiene bewährt
Ich habe seit rund einem halben Jahr ein Laufshirt von Dynafit mit der Polygiene Stay-Fresh-Technologie im Gebrauch. Das Shirt besteht aus 100 Prozent recyceltem Polyester, riecht aber selbst nach schweisstreibenden Läufen auf bergigen Trails so gut wie gar nicht. Für jemanden wie mich, der fast täglich Sport treibt, ist es eine richtige Erleichterung, die Kleidung nicht ständig waschen zu müssen. Auf Reisen ist es ebenfalls angenehm, weniger Gepäck mitnehmen zu müssen und nach anstrengenden Läufen keine Stinkbomben im Hotelzimmer oder Koffer zu haben.
Der grösste Vorteil ist für mich, dass ich Kleidungsstücke nicht mehr aussortieren muss, weil sich der Schweissgeruch, der sogenannte «Perma Stink», selbst mit Desinfektionsreiniger nicht mehr herauswaschen lässt. Gerade Lieblingsstücke, die sonst noch völlig in Ordnung sind, kann ich so länger behalten.
Falls du Kleidungsstücke mit Polygiene-Technologie suchst, findest du hier einige Beispiele:
Wie funktioniert der Geruchsschutz?
Um unangenehme Gerüche zu neutralisieren, nutzt Polygiene verschiedene Methoden:
Stay Fresh vermindert mit Silberionen das Bakterienwachstum
Für die Stay-Fresh-Technologie nutzt Polygiene Silbersalz im Gewebe. Silber ist seit langem für seine antibakteriellen Eigenschaften bekannt und wird beispielsweise in der Medizin zur Wundversorgung genutzt. Bei der von Polygiene verwendeten Technologie wird kein Nanosilber, sondern Silberchlorid eingesetzt. Die Moleküle sind um ein vielfaches grösser als entsprechende Nano-Silber-Teilchen und werden fest in das Gewebe eingearbeitet. So werden sie nicht so leicht ausgewaschen.
Stay Fresh Bio setzt auf Mais als Rohstoff
Um eine pflanzliche Alternative zu schaffen, setzt Polygiene bei Stay Fresh Bio auf Milchsäure, die aus fermentiertem Mais gewonnen wird. Sie ist in der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie weit verbreitet.
Odor Crunch wirkt mithilfe von Kieselsäure
Die Odor-Crunch-Technologie macht sich die Wirkung von Kieselsäure zunutze, die Sauerstoff-, Stickstoff- und Schwefelmoleküle absorbieren kann. Kieselsäure kommt in der Natur häufig vor, beispielsweise in Sand und Quarz. Die Kieselsäure spaltet die entsprechenden Moleküle, so dass sie ihre geruchsintensiven Eigenschaften verlieren. Für den Odor Crunch (benannt nach dem englischen Wort «crunch« für zermalmen) erhielt Polygiene 2019 den Nachhaltigkeitspreis bei den Scandinavian Outdoor Awards.
Odor Crunch kann schon ins Gewebe eingearbeitet sein oder nachträglich aufgesprüht werden. Ich habe einige meiner Sportshirts mit dem Odor Crunch Spray behandelt und bin mit dem Ergebnis zufrieden. Die Geruchshemmung funktioniert nach meiner Erfahrung nicht ganz so gut wie bei Shirts mit Stay Fresh, also mit Silbersalzen. Dennoch riechen die Shirts länger frisch als ohne Spray.

Quelle: Siri Schubert
Was du bei geruchsgehemmter Kleidung beachten solltest
Sinn der Polygiene-Technologien ist es, die Kleidung so lange wie möglich frisch zu halten und so wenig wie möglich zu waschen. Das solltest du auch tun. Wenn du nur wäscht, wenn es wirklich nötig ist, hält der Stink-Schutz länger. Von Weichspüler wird bei Funktionsbekleidung ohnehin abgeraten. Da einige Inhaltsstoffe aber einen Nährboden für Bakterien bilden, solltest du ihn bei mit Polygiene-Produkten behandelter Kleidung auf jeden Fall weglassen.
Auch das Trocknen im Tumbler ist nicht ratsam. Lässt du deine Kleidung an der Luft trocknen, sparst du Ressourcen und stellst sicher, dass die Polygiene-Behandlung lange hält.
Es gibt übrigens neben Kleidung mit Polygiene-Technologien auch andere Produkte, die auf den Geruchsschutz aus Schweden setzen.


Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.