
«Days Gone» ist generisch und repetitiv, aber trotzdem unterhaltsam

Ein bisschen «Far Cry», gemischt mit einer Prise «The Last of Us», abgeschmeckt mit einem Schuss «Mad Max». «Days Gone» bringt wenig eigene Ideen, macht aber trotz Unzulänglichkeiten erstaunlich Laune. Simon und ich stellen uns der Zombiehorde um 11 Uhr im Livestream.
Meine Erwartungen an «Days Gone» sind in den letzten Jahren immer tiefer gesunken. Nach dem ersten Trailer an der E3 2016 war ich noch angemessen beeindruckt von den riesigen Zombiehorden und der vielversprechenden Spieldynamik, die sich daraus ergeben könnte. Dann folgten drei Jahre, in denen Vorschauberichte immer negativer und verhaltener ausfielen. Ich versuchte dennoch möglichst unvoreingenommen an das Spiel heranzugehen. Schliesslich sind die Geschmäcker unterschiedlich und ich bin ein Sucker für Openworld- und Zombie-Games.
Jack of all trades, master of none
Ok, schon nach dem Intro wird klar, die Kritik am PS4-exklusiven «Days Gone» ist berechtigt. Was wohl eine emotionale Wirkung wie das Intro von «The Last of Us» erzeugen sollte, lässt mich nur belustigt den Kopf schütteln. Und diese Unstimmigkeiten ziehen sich durchs ganze Game durch. «Days Gone» spielt in einer typischen Zombie-Apokalypse mit offener Spielwelt. Zombies heissen Freakers, weil das irgendwie besser ist. Du übernimmst die Rolle eines toughen Bikers, der im Herzen ein lieber Kerl ist und nach strengen Prinzipien handelt. Zum Beispiel, dass er auf keinen Fall unbewaffnete Frauen tötet. Ich wäre zwar davon ausgegangen, dass man grundsätzlich keine unbewaffneten Menschen tötet, aber was erwarte ich von jemanden der Deacon St. John heisst?

Das Gameplay ist eine Mischung aus «Far Cry» und «Mad Max». Du erledigst Aufträge für die verschiedenen Camps und erhöhst dadurch dein Ansehen. Mit mehr Ansehen kannst du bessere Waffen und Ausrüstung kaufen oder dein Bike pimpen. Dein Bike verlangt besonders viel Aufmerksamkeit. Ständig geht ihm das Benzin aus oder du musst es reparieren, wenn du wieder zu viele Zombies – sorry Freakers – auf die Hörner genommen hast. Aber anders als in «Mad Max», wo die Fahrzeuge das absolute Highlight waren und richtig fett getuned werden konnten, sind die Bike-Upgrades kaum spür- und noch weniger sehbar. Der eigentliche Upgrade-Spass verpufft so zur Checkliste und der Schnäpper fährt sich nicht mal besonders spassig.
Mit deinen selbstgebastelten Sägeblatt-Baseballschlägern und automatischen Waffen macht es dafür ziemlich Laune Zom... ähm Freakers-Köpfe einzudreschen und Banditen-Camps aufzumischen. Freakers sind bereits in kleinen Gruppen gefährlich, weshalb in «Days Gone» unerwartet viel geschlichen wird. Besonders bei den Horden ist das fast unerlässlich. Gegen 100 und mehr Untote gibt es praktisch kein Ankommen. Das hindert mich aber nicht daran, es immer mal wieder zu versuchen. Dank grosszügiger Speicherfunktion, bist du meist direkt wieder am gleichen Ort.
«Days Gone» ist ein relativ langes Spiel. Nach rund 30 Stunden bin ich etwa in der Hälfte und der Gameplay-Loop ist mir noch nicht verleidet. Die Welt ist düster, die Schauplätze sind abwechslungsreich gestaltet und die Bewohner verhalten sich einigermassen glaubhaft. Was man von der Hauptperson nicht behaupten kann. Mit Deacon St. John hängen dann auch die meisten Probleme zusammen.
Inkonsequenz, wo du hinschaust

«Days Gone» ist ein zwiespältiges Spiel. Es versucht eine Emotionalität von «The Last of Us» zu erzeugen, scheitert aber kläglich. Deacon ist zwar auf den ersten Blick ganz ok, aber seine Entscheidungen sind oft völlig gegensätzlich. Er gibt sich als harter Kerl, der nur für sich und seinen Kumpel Boozer schaut, hilft aber trotzdem jedem, der ihn fragt. Selbst einem Zwangsarbeiter-Camp, wo er fleissig ahnungslose Leute hinschickt. Sein Kommentar, als er es herausfindet, ist ein unverständliches Grunzen. Ich weiss auch immer noch nicht so recht, was ich von der englischen Sprachausgabe halten soll. Deacon kommentiert all seine Handlungen, oft in einer völlig schrägen Intensität, dass ich nicht weiss, ob ich lachen oder den Kopf schütteln soll. Ok, meistens muss ich lachen, weil es einfach so bescheuert ist.
Aber nicht nur die Hauptfigur ist fehlerbehaftet. Es nervt auch, dass du keinen Benzinkanister aufs Bike schnallen kannst oder dass du zum Reparieren von Waffen mehr Material benötigst, als sie neu zu bauen. Oder warum du Freaker-Ohren gegen Geld tauschen kannst und warum du nur gekaufte Waffen im überall zugänglichen Waffenschrank verstauen kannst.
Trotz Mängel motiviert mich «Days Gone» immer wieder aufs Neue. Dadurch, dass es von allem ein bisschen sein will, macht es zwar nichts richtig, aber auch nichts wirklich falsch. Herausgekommen ist ein unterhaltsames Openworld-Spiel, wo mich die detaillierte Welt anzieht und nach 30 Stunden sogar die Geschichte langsam in Fahrt kommt. Nur die Hauptfigur bleibt ein Einfaltspinsel.
«Days Gone» ist für die PS4 erhältlich und wurde uns von Sony zur Verfügung gestellt.
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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.