
Hintergrund
11,4 Zentimeter Sitzknochenabstand und die richtige Wahl des Velosattels
von Patrick Bardelli
Neuer Velosattel, weniger Beschwerden? Nach 400 Kilometern mit dem «614 Ergowave active 2.1 S-Tube» von SQlab ziehe ich eine erste Zwischenbilanz. Fazit: Mit diesem Sattel bin ich auf dem richtigen Weg.
Im Mai habe ich die Gelegenheit genutzt und an der Cycle Week, der grössten Velomesse der Schweiz, am Stand von SQlab den Abstand meiner Sitzknochen messen lassen. Dabei habe ich herausgefunden, dass mein bisheriger Sattel von Selle Italia rund zwei Zentimeter zu breit ist.
Ist der Velosattel zu schmal, drückt er, und zwar genau dort, wo er nicht drücken soll. Wichtig ist deshalb, dass die Sitzknochen vollflächig auf dem Sattel aufliegen. Ist er zu breit, verursacht er Scheuerstellen, da die Oberschenkel an den Seiten des Sitzes reiben. Ausserdem verringert er die Treteffizienz, da der Sattel die Tretbewegung behindert. Und: Der Sattel sollte nicht zu weich sein. Die Sitzknochen sinken dann nämlich so weit ein, dass tieferliegendes, empfindliches Gewebe wie Muskel- und Sehnenansätze gereizt wird. Nach etwa einer halben Stunde stellt sich ein dumpfer, ziehender Schmerz ein. Den ausführlichen Beitrag dazu findest du hier:
Seither bin ich mit dem Modell «614 Ergowave active 2.1 S-Tube» der deutschen Firma unterwegs und habe mit diesem Gravelsattel rund 400 Kilometer abgespult. In der Ausführung mit 13 Zentimetern Breite wiegt er ca. 230 Gramm. Damit ist er praktisch gleich schwer wie der Flite Boost von Selle Italia, mit dem ich zuvor gefahren bin.
Ein spezielles Feature des 614 Ergovave ist die active Satteltechnologie. Sie folgt laut Hersteller der Tretbewegung, wodurch sich der Komfort erhöht, die Bandscheiben mobilisiert werden und der Druck auf die Sitzknochen minimiert wird. Im Lieferumfang sind drei sogenannte Elastomere enthalten. Diese gibt es in den Härtegraden weich, medium und hart und sie lassen sich mit ein wenig Gefummel am Sattel austauschen.
Ich habe alle drei Varianten ausprobiert und mich unterdessen für die harte, schwarze Version entschieden. Allerdings mehr aus einem Bauchgefühl heraus. Einen wirklichen Unterschied konnten meine Bandscheiben zwischen den drei Härtegraden bisher nicht ausmachen. Spüre ich hier fast keinen Unterschied, so sieht die Sache im Vergleich zum bisherigen Sattel anders aus. Ich habe deutlich weniger Beschwerden im unteren Rücken, seit ich mit dem Produkt von SQlab unterwegs bin.
Die leichte Vertiefung in der Mitte des «614 Ergowave active 2.1 S-Tube», SQlab nennt sie Dip, soll den Druck auf die empfindlichen Strukturen des Dammbereichs reduzieren – für Frauen und Männer gleichermassen. Dazu bietet die tieferliegende, flache, nur leicht gewölbte Nase möglichst viel Kontaktfläche und dementsprechend auch weniger Druck als andere Sättel.
Das hochgezogene Heck verbessert den Halt nach hinten und sorgt für eine effiziente Kraftübertragung im Gelände, was ich auf meinen Fahrten deutlich gespürt habe. Und schliesslich sorgt die wellenartige Form und in Kombination mit dem hochgezogenen Heck für eine möglichst gute Druckverteilung bis in die tiefen Strukturen des Körpers, wodurch die Kraftübertragung auf das Pedal laut SQlab wesentlich besser ist.
Seit ich am Stand von SQlab an der Cycle Week meine Pomasse erfahren habe, habe ich bei jeder Fahrt ein wenig mehr auf die Sattelbreite geachtet und die rund zwei Zentimeter extra wahrgenommen. Plötzlich spürte ich meinen alten Sattel an den Innenseiten meiner Oberschenkel bei jeder Pedalumdrehung.
Nun bin ich auf den «614 Ergowave active 2.1 S-Tube» umgesattelt und dieses Problem ist gelöst. 13 Zentimeter scheint definitiv die richtige Breite für meinen Hintern und meinen Fahrstil zu sein. Die Polsterung und gute Dämpfung machen diesen Sattel ausserdem angenehm zu fahren.
Allerdings kommt es trotzdem immer mal wieder vor, dass die linke Hand während der Fahrt taub wird, ebenso die Sohle des rechten Fusses. Ich hatte gehofft, dass dieses leidige Thema mit dem neuen Sattel verschwindet. Aber da spielen natürlich noch viele andere Faktoren wie die Sattelhöhe, die Neigung und so weiter eine Rolle. Die Thematik ist komplex und darum mache ich in einem nächsten Schritt mit meinem Gravelbike ein professionelles Bikefitting, um die optimale Sitzposition auf dem Velo zu finden.
Fürs Erste gilt in Bezug auf den neuen Sattel von SQlab: ein Schritt in die richtige Richtung.
Titelfoto: Patrick BardelliVom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.