
Meinung
Streit um Spielzeugwaffen: Entspannt bleiben und Haltung zeigen
von Michael Restin
Du fragst dich, was für ein schräger Beitrag dich da vom Shoppen abhält? Keine Angst, der tut nichts. Der will nur spielen. Und das solltest du auch tun.
Neulich hat mir ein Freund gute Laune in Form einer Scheibe geschenkt. Ein Frisbee in der Grösse einer fliegenden Untertasse. Darauf drei Worte: «Keep Life FUN!» Eine einfache Aufforderung. Aber im Alltag des Jahres 2022 gar nicht so einfach zu befolgen. Arbeiten, Nachrichtenlage checken, Sorgenfalten glätten. Und abends fragen die Kinder, warum es Krieg gibt, wie das mit den Atombomben ist und was aus Corona wird. Es ist schwer geworden, unbeschwert zu sein. Gerade deshalb ist es jetzt so wichtig, es zu versuchen.
Ab und zu musst du ausscheren. Herumspielen statt abarbeiten. Das Leben darf alles sein, ausser einer freudlosen Abfolge von Aufgaben, die es zu erledigen gilt. Zwischendurch braucht es Momente, in der du aus der Rolle und auf dich selbst zurückfällst. Beim Spielen. «We don’t stop playing because we grow old; we grow old because we stop playing», lautet ein berühmtes Zitat, das wohl zu unrecht George Bernard Shaw zugeschrieben wird. Egal woher der Satz stammt: Da ist was dran. Du darfst den Spieltrieb nicht verlieren. Auch wenn du ihn mal besser, mal schlechter ausleben kannst.
Wie unterschiedlich das geschieht, kannst du beim «National Institute of Play» nachlesen. Was bei mir ein Ball oder Frisbee auslöst, kann bei dir etwas ganz anderes sein. Spielerische Freude empfindet der eine beim Sammeln, die nächste im Wettkampf und wieder andere vielleicht beim Basteln, Malen oder Musizieren. Das ist gut so, es macht die Welt vielfältig. Doch jeder braucht auf seine Weise das Spielen, um sich nicht selbst zu verlieren. Gerade wenn's stressig wird, geht dieser Ausgleich gerne vergessen. Tu' was dagegen. Wenn Brettspiele dein Ding sind: lade mal wieder Freunde ein. Wenn dir Bewegung guttut: geh raus, leg los. Wenn dich Musik entspannt: greif zu deinem Instrument oder gründe eine Band.
Ich glaube, wir haben alle eine Lebensphase, in der wir spielerisch ganz bei uns selbst sind. Die übrige Zeit müssen wir Kompromisse machen. Manches innere Kind blüht erst mit 30 so richtig auf, wenn die Zeit und die Möglichkeiten gekommen sind, eine Sammelleidenschaft zu pflegen. Andere würden mit 80 am liebsten noch aufs nächste Skateboard springen, doch die Knochen sind morsch. Sie müssen umdenken und den Spass in anderen Dingen entdecken. Wichtig ist, dass sie weitermachen. Die Art zu spielen mag sich mit der Zeit verändern. Aber deine Vorlieben bleiben und dürfen nicht schleichend aus dem Leben verschwinden. Kümmer' dich gelegentlich um das Kind in dir.
Dafür, dass Spielen okay ist, steht bei mir das kleine Frisbee. Spielen darf nicht nur erlaubt sein, wenn alles andere erledigt oder in Ordnung ist. Spielen ist menschlich und berührt uns, wenn wir anderen dabei zusehen. Selbst spielenden Tieren fühlen wir uns nahe. Wir erkennen uns in ihrem Verhalten wieder und vergessen, was uns trennt. Spielen feiert den Moment. Es verbindet und hebt Beziehungen auf eine andere Ebene. Mal geplant, mal zufällig. Landet mein Frisbee vor fremden Füssen, folgt meist ein Wurf, ein kurzes Lächeln. Eine kleine Interaktion mit Unbekannten, die für einen Moment im Moment gelebt haben, bevor sie weitergehen und wieder in Gedanken versinken. Aber vielleicht ist die Botschaft angekommen: «Keep Life FUN!»
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.