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Ein Stück Designgeschichte mit Trix und Robert Haussmann

Pia Seidel
5.12.2019

Ich nehme es Trix und Robert Haussmann nicht übel, dass sie mich extra täuschen. Denn davon lebt die Arbeit der beiden Architekten, die mit illusionistischen Gestaltungselementen meine Wahrnehmung auf den Kopf stellen. Einen Einblick in das Frühwerk gewährt eine aktuelle Ausstellung sowie eine Publikation.

Gute Bücher und Museumsbesuche gehören zu den Dingen, die mir graue Tage versüssen und über die jährliche Winter-Tristesse hinweg helfen. Zuletzt hat die Ausstellung «Trix und Robert Haussmann – Protagonisten der Schweizer Wohnkultur» mein Gemüt erhellt. Sie läuft zurzeit im Löwenbräu Zürich und wurde von den Design+Design-Gründern – der Trendforscherin Joan Billing und dem Architekten Samuel Eberli – kuratiert.

«Trix und Robert Haussmann – Protagonisten der Schweizer Wohnkultur»

Das international wohl bekannteste Architektenpaar der Schweiz: Trix und Robert Haussmann.
Das international wohl bekannteste Architektenpaar der Schweiz: Trix und Robert Haussmann.
Joan Billing bringt Fachspezialisten sowie Laien das Werk der Haussmanns näher.
Joan Billing bringt Fachspezialisten sowie Laien das Werk der Haussmanns näher.

Als ich an der Führung von Joan Billing durch die monografische Ausstellung teilnahm, fiel mir auf, dass ich einige Werke der Architekten bereits vorher gesehen hatte. Mir war nur nicht bewusst, dass Bauten wie der Hauptbahnhof Zürich von ihnen stammten. 1987 gestalteten Trix und Robert Haussmann die Verkehrs- und Ladenflächen für den S-Bahnhof an der Museumstrasse in den neu geschaffenen Untergeschossen des Gebäudes sowie deren Verbindungen zur Haupthalle im Erdgeschoss.

Das Paar entwirft über die Jahre nicht nur Gebäude wie Boutiquen und Restaurants, sondern setzt auch Möbelentwürfe um. «Trix und Robert Haussmann sind seltsamerweise international bekannter für ihre Werke, als hierzulande», erklärt Joan bei ihrer Tour durch die einzelnen Etappen. «Dabei gibt es allein in Zürich zahlreiche Projekte, darunter die Da Capo Car von 1979, die von ihnen gestaltet wurden.»

Ein Auszug aus der Publikation «Trix und Robert Haussmann – Protagonisten der Schweizer Wohnkultur»
Ein Auszug aus der Publikation «Trix und Robert Haussmann – Protagonisten der Schweizer Wohnkultur»
Ein Stuhl, der für die Kronenhalle Bar Zürich entworfen wurde.
Ein Stuhl, der für die Kronenhalle Bar Zürich entworfen wurde.

In der aktuellen Ausstellung im Löwenbräu sind unter anderem Möbel sowie Fotos der berühmten Zürcher Kronenhalle Bar zu sehen. Sie ist ein Meilenstein im Werk des jungen Robert Haussmann und zeichnet sich durch Verglasungen aus, die mit der Wahrnehmung der Gäste spielen. Solche Täuschungseffekte sind ein typisches Stilmittel, das sich über viele Arbeiten des kreativen Paars zieht. «Spiegel sind bei den Werken der Haussmanns nicht dazu da, um sich selbst betrachten zu können. Sie sollen vielmehr Räume vergrössern und die Betrachter verwirren,» sagt Trendforscherin Joan Billing.

Trompe-l’œil

Stoffmusster aus einer Kollektion, die 1981 in Zusammenarbeit mit dem Textilverlag «Mira-X» entstanden ist.
Stoffmusster aus einer Kollektion, die 1981 in Zusammenarbeit mit dem Textilverlag «Mira-X» entstanden ist.
Trix und Robert Haussmann um 1982 mit einer Mira-X-Stoffrolle, deren Druck wie eine Fliesenwand wirkt.
Trix und Robert Haussmann um 1982 mit einer Mira-X-Stoffrolle, deren Druck wie eine Fliesenwand wirkt.

Die Exponate werden mit Möbeln ergänzt, die von Studierenden der Höheren Fachschule für Technik und Gestaltung HFTG in Zug stammen. «Wir arbeiten gerne mit Schulen zusammen, um Nachwuchsdesignern und -architekten das Schweizer Kulturerbe zu vermitteln», meint Joan. Die Studierenden greifen die Stilmittel der Haussmanns auf und interpretieren sie neu.

Nichts ist, wie es scheint: Hinter dieser vermeintlichen Kommode …
Nichts ist, wie es scheint: Hinter dieser vermeintlichen Kommode …
… verbirgt sich in Wirklichkeit eine Lounge Chair samt Ablageflächen aus Spiegeln für ein Getränk.
… verbirgt sich in Wirklichkeit eine Lounge Chair samt Ablageflächen aus Spiegeln für ein Getränk.

So ist beispielsweise eine Minibar entstanden, die sich hinter einer herkömmlichen Kommode versteckt. Sie scheint aufgrund des verspiegelten Sockels zu schweben. Oder ein Stuhl, der zwar an den Thonet «Stuhl 214» erinnert, dennoch weder Fisch noch Vogel ist: Eine integrierte Leuchte macht das Design einerseits zur Lampe. Andererseits hemmt das Licht den Benutzer, sich zu setzen und macht den Stuhl so zum Kunstobjekt.

Der Entwurf «Chair Fun» von 1967 stört durch seine Form die Funktion. Ist es eine Lampe, ein Stuhl oder doch Kunst?
Der Entwurf «Chair Fun» von 1967 stört durch seine Form die Funktion. Ist es eine Lampe, ein Stuhl oder doch Kunst?
Der Entwurf von Nachwuchsdesigner Lucas Fischer bezieht sich auf den Chair Fun.
Der Entwurf von Nachwuchsdesigner Lucas Fischer bezieht sich auf den Chair Fun.

Obwohl die Ausstellung nur noch bis zum 11. Dezember stattfindet, kann ich mich in der Winterzeit von Trix und Robert Haussmann noch öfter täuschen lassen. Dafür besuche ich einfach Orte, die von ihnen gestaltet sind und stöbere im neuen Band von Design+Design aus der Reihe «Protagonisten der Schweizer Wohnkultur».

Trix und Robert Haussmann (Deutsch, Robert Haussmann, Joan Eberli Billing, 2019)
Sachbücher
CHF53.90

Trix und Robert Haussmann

Deutsch, Robert Haussmann, Joan Eberli Billing, 2019

Folge mir, falls du über kommende Ausstellungen informiert werden möchtest – der Winter und die Liste von Ausnahmetalenten im Design ist schliesslich noch lang.

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Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit. 


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