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Eine Vorliebe für Antihelden lässt tief blicken

Antihelden verkörpern Persönlichkeiten mit Stärken und Schwächen. Das spricht eher jene Menschen an, die sich auch selbst einige unliebsame Eigenschaften zuschreiben.

In Film und Fernsehen kämpft traditionell Gut gegen Böse, und das Publikum steht auf der Seite der Heldinnen und Helden. Wer hingegen mit zwielichtigen Charakteren sympathisiert, muss mit schiefen Blicken rechnen. Und das nicht völlig unbegründet, berichtet eine US-Forschungsgruppe in der Fachzeitschrift «Psychology of Popular Media»: Ein Faible für Schurken oder Antihelden lässt auf eher unangenehme Charakterzüge schliessen.

Das Team um den Psychologen Eliott K. Doyle von der University of Oregon hatte 473 Studierende, darunter überwiegend Studentinnen, zu den dunklen Seiten ihrer Persönlichkeit befragt: Wie narzisstisch, wie manipulativ, wie empathie- und rücksichtslos waren sie, und wie viel Freude bereitete ihnen das Leid anderer Menschen? Ausserdem sollten sie Fragen zu 25 fiktiven Charakteren, zum Beispiel aus der Harry-Potter-Reihe, beantworten. Kannten sie die Figur? Wenn ja, wie sehr bewunderten sie sie? Und wie ähnlich glaubten sie ihr zu sein?

Je mehr sie selbst zu dunklen Eigenschaften neigten, besonders zu Psychopathie und Sadismus, desto eher bewunderten die Befragten die Antihelden und desto mehr meinten sie auch, ihnen zu ähneln. Das galt zwar auch für lupenreine Bösewichte, allerdings fielen hier die Zusammenhänge schwächer aus. Bewunderung für Helden verriet dagegen nichts über etwaige eigene dunkle Eigenschaften. Wer den Helden ähnlich zu sein glaubte, neigte jedoch mehr zu Narzissmus – und weniger zu Machiavellismus, Psychopathie und Sadismus.

Diese Tendenzen sagen freilich nichts über einzelne Personen aus. Wer also den fiktiven Serienmörder Dexter aus der gleichnamigen Serie toll findet, ist deshalb noch lange kein Psychopath. Die Studie erlaubt auch keine Aussage darüber, wie die statistischen Zusammenhänge zustande kommen. Die Forschenden vermuten, dass etwaige Gemeinsamkeiten dazu beitragen. Zum Beispiel fühle man sich fiktiven Figuren stärker verbunden, wenn diese ähnliche Erfahrungen machen wie man selbst.

Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass man genauso sein möchte wie die Person auf dem Bildschirm, wie eine Studie in «Psychology of Popular Media» 2021 nahelegt. Auch hier erkannten Versuchspersonen mit psychopathischen Zügen eher eigene Ähnlichkeiten mit Antihelden. Doch je boshafter sich ihre Lieblingscharaktere verhielten, desto weniger wünschten sie sich, ihnen ähnlich zu sein.

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