Meinung

Feste Seifen: Fortschritt durch Rückschritt

David Lee
23.6.2022

Im Bad bin ich stockkonservativ. Feste Seifen mag ich lieber als Flüssigseifen. Hier die Gründe.

Früher, als die Menschheit noch unterentwickelt war und knapp aufrecht gehen konnte, benutzte sie feste Seifen. Allmählich wurde die Krone der Schöpfung cleverer, moderner und weiser. Heute ist die Spezies, die sich selbst als Homo sapiens sapiens bezeichnet, dermassen fortschrittlich, dass sie Flüssigseifen verwendet. Am besten aus einem elektrischen Seifenspender.

So lautet eine weit verbreitete Ansicht. Ich sehe das anders. Für mich sind feste Seifen das einzig Wahre, Flüssigseifen dagegen ein Irrtum der Menschheit.

Feste Seifen halten ewig

Der offensichtlichste Grund, der für feste Seifen spricht: Sie halten länger als ihre flüssigen Pendants. Viel länger. Für die Hersteller ist das schlecht, weil sie weniger verkaufen, für mich hingegen gut.

Besonders extrem ist der Unterschied bei meiner Rasierseife. Jawohl, auch die ist fest. In der Produktbeschreibung heisst es, sie halte mehrere Monate. Das ist nicht übertrieben. Es ist stark untertrieben.

Mein Exemplar ist bereits etwa zehn Jahre alt und noch nicht annähernd aufgebraucht. Ich rasiere mich nicht jeden Tag, aber immerhin so zweimal pro Woche. Falls das Ding noch vor meinem Ableben aufgebraucht sein sollte, könnte ich sogar eine Ersatzseife ohne Holztiegel bestellen.

Schon wieder zehn Jahre vorbei, wie doch die Zeit vergeht …
Schon wieder zehn Jahre vorbei, wie doch die Zeit vergeht …

Es gibt zwar auch feste Seifen, die nicht sehr lange halten. Oder die nach kurzer Zeit ihren Duft verlieren. Doch bei einem Produkt, das monate- oder gar jahrelang hält, musst du ja nicht das Billigste kaufen. Gönn dir etwas Hochwertiges, es lohnt sich.

Mit einem Seifensäckchen lässt sich eine Seife bequem zu Ende nutzen. Auch kleine, zersplitterte Stückchen tun so ihren Dienst noch. Die Lebenszeit einer Seife lässt sich so weiter verlängern.

Sie sind besser für die Umwelt

Wie so oft ist sparsamer auch umweltfreundlicher. In diesem Sinne gilt tatsächlich: Geiz ist geil. Mit den ständig leeren Plastikflaschen der Flüssigseifen fällt eine Menge Abfall an. Dasselbe gilt für die Rasierschaum-Druckdosen aus Metall.

Noch problematischer scheint mir aber, dass in der Flüssigseife selbst Mikroplastik enthalten ist. Der gelangt ins Abwasser und in die Natur, wo er sich nicht mehr abbauen lässt.

Sie sind sinnlicher

Feste Seifen fühlen sich besser an. Statt ein zähflüssiges Geschmier auf die Hand zu pressen, bereitest du den Schaum quasi von Hand zu. Es ist sehr einfach, das richtig zu dosieren.

Zudem riecht eine gute feste Seife grossartig. Sie verbreitet ihren Duft im Bad auch dann, wenn sie nicht benutzt wird. Das Duschgel dagegen befindet sich in einem verschlossenen Behälter, da dringt nichts nach aussen. Den Geruch der festen Seife kann ich geniessen, ohne andere damit zu belästigen. Denn anders als bei Parfüm oder After-Shave bleibt der Geruch nicht den ganzen Tag an mir haften.

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Altmodisch ist fortschrittlich

Zwar schreibe ich meist über moderne Technik, aber im Bad verzichte ich gern darauf. Ich habe keine elektrische Zahnbürste und rasiere mich von Hand. Im Bad mag ich es altmodisch. Und halte das sogar für fortschrittlich.

Warum? Das Bad ist ein Rückzugsort, wo du allein bist, Zeit für dich hast und dich selbst pflegst. Es tut gut, sich dafür Zeit zu nehmen. Fünf Minuten sparen, indem ich jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen eine elektrifizierte Hektik veranstalte? Da stehe ich lieber fünf Minuten früher auf. Der allgegenwärtige Effizienzwahn begleitet mich in meinem Alltag schon genug.

Tiere nehmen sich für ihre Körperpflege so viel Zeit, wie sie brauchen. Sie wissen instinktiv, was ihnen gut tut. Wenn der Homo sapiens sapiens wirklich so schlau ist, wie er glaubt, lernt er daraus etwas.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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