Hintergrund

Handgemachte Bademode aus Zürich: Mira und Ivon Blazevic über ihr Label Volans

Schicksal, Glück, Mut und Talent: Mira und Ivon Blazevic kreieren in Zürich Bademode aus Leidenschaft. Ich habe das Mutter-Tochter-Duo in ihrem Atelier besucht und mir die vielen Vorteile von guter, alter Handarbeit erklären lassen.

Das kleine Atelier von Volans nahe dem Bahnhof Altstetten im Zürcher Kreis 9 liegt ein wenig versteckt. Wie das so ist mit Schätzen – sie wollen erst gefunden werden. Die Schatzkarte gibt es zum Glück direkt auf der Website, also komme ich trotzdem pünktlich zu unserem Termin an einem sonnigen Freitagmorgen. Im ersten Stock der Container Siedlung Fogo empfangen mich Mira Blazevic und ihre Tochter Ivon. Noch während mir Gipfeli, Kaffee und Wasser angeboten werden, fühle ich mich so wohl, als wäre ich schon zig Mal hier gewesen, um mit ihnen über ihre Swimwear-Kollektion zu sprechen. Es gibt weder Berührungsängste noch Blätter vor dem Mund. Mira, eindeutig das kreativ pulsierende Herz des Brands, möchte ein wenig im Hintergrund bleiben. Ivon, Hirn und Sprachrohr, sprudelt dafür vor Begeisterung und Leidenschaft für die gemeinsame Sache nur so über:

Ivon Blazevic war vor Volans 15 Jahre als Head of Marketing in der Beautybranche tätig.
Ivon Blazevic war vor Volans 15 Jahre als Head of Marketing in der Beautybranche tätig.
Quelle: Volans
Volans steht für zeitlose Designs, an denen du lange Freude hast.
Volans steht für zeitlose Designs, an denen du lange Freude hast.
Quelle: Christian Walker

«Mein Mami macht seit über 40 Jahren Bademode! Sie ist von Kroatien in die Schweiz gekommen, um bei Calida eine Ausbildung als Näherin zu machen. Später hat sie auch das Schneidern gelernt und schliesslich 20 Jahre lang das Atelier von Lahco Bademode geführt. Sie hat quasi eine Handvoll Berufe auf einmal gehabt – Näherin, Schneiderin, Designerin, Schnittmacherin, …». «Ich mache noch immer alles von Hand», schaltet sich die hauseigene Wunder-und-Allzweckwaffe dann doch ins Gespräch ein. «Nachdem ich etwas entworfen habe, wird alles anprobiert, ausgearbeitet und ich zeichne das schnittfertige Design zu Hause auf Spezialpapier, das wir nach Kroatien schicken. Dort müssen die Schnitte nur noch auf den Stoff gelegt werden.»

Mindestens so bescheiden wie erfahren und kreativ: Mira Blazevic bleibt lieber im Hintergrund.
Mindestens so bescheiden wie erfahren und kreativ: Mira Blazevic bleibt lieber im Hintergrund.
Quelle: Christian Walker

20 Jahre alt war Mira, als an ihrer Schule Nachwuchsnäherinnen für das Calida Headquarter in Sursee, Luzern, gesucht wurden. Gemeinsam mit zwei Freundinnen zog sie in die Schweiz. Solche schicksalhaften Chancen und den Mut, eben diese am Schopf zu packen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des Mutter-Tochter-Duos: Das Gründen des gemeinsamen Labels 2018, sowie die blitzschnelle Reaktion auf einen freien Platz im Globus-Sortiment im selben Jahr, fallen auch in diese Kategorie.

Handarbeit und Liebe zum Detail

Natürlich möchte ich wissen, wie sich ihre sorgfältig und mit Liebe gemachten Badeanzüge und Bikinis von der Massenware auf der Stange unterscheiden. «Klar leisten Maschinen grossartige Arbeit. Aber im Computer wird zum Beispiel jedes Design pro Grösse einfach um ein paar Prozent in Länge und Breite skaliert. Selbstverständlich kann so nicht jedes Teil perfekt sitzen», erklärt Ivon. «Mein Mami macht für jedes Modell alles per Hand und nimmt Mass. Wir haben für jede einzelne Grösse und jedes Design ein eigenes Schnittmuster. Mal braucht es im Dekolleté etwas mehr oder weniger Stoff, mal am Rücken, mal muss der Beinausschnitt angepasst werden. Das ist, was uns einzigartig macht: der Sitz ist immer hervorragend. Ausserdem können wir auf Feedback von unseren Kundinnen reagieren und die Modelle gegebenenfalls nach ihren Wünschen anpassen.»

Auch auf Futter, Bügel und Stäbchen kann man laut Ivon gut und gerne verzichten, wenn die Qualität des Materials und der Schnitt stimmen. «Sitzt ein Bügel nicht perfekt unter der Brust, macht er dir nur Ärger. Wir sorgen mit formgebenden Stoffen, den richtigen Nähten, Falten und Raffungen für eine bestmögliche Silhouette. Du kannst unsere Badeanzüge auch zum Sport oder als Body anziehen – zum Beispiel jetzt während der Festival Saison.»

Produziert werden die von Mira perfektionierten Designs da, wo sie ihre Wurzeln hat, in Kroatien. Von Frauen, die das Handwerk ebenso gut beherrschen wie sie selbst. Die kurzen Lieferwege und die Möglichkeit, drei- bis viermal im Jahr unkompliziert in der Produktion vorbeizuschauen, waren für Mutter und Tochter ausschlaggebende Kriterien. Ihre Stoffe beziehen sie aus Italien. «Anders hätte ich es gar nicht gemacht. Kurze Wege und gute persönliche Beziehungen waren meine Bedingung», sagt Ivon.

Von Abendkleidern und fliegenden Fischen

Fragt man bei Mira nach, woher sie nach rund 40 Jahren immer noch Ideen zaubert, verrät sie, dass sie oft beim Filme-Schauen zeichnet oder sich von Abendkleidern inspirieren lässt. Ist ein Entwurf dann mal auf dem Papier und will genäht werden, verlässt sie sich noch immer auf eine über 60 Jahre alte Maschine, an der sie schon zu Lahco-Zeiten gearbeitet hat. Dass diese eines Tages den Geist aufgeben könnte? Keine Option.

Und abgesehen vom Volans-Etikett? Woran erkenne ich sonst hochwertige Bademode? «Ich würde Modelle aus Polyamid immer denen aus Polyester vorziehen. Und es muss genügend Elastan verarbeitet sein, am besten sind die Stücke dreidimensional dehnbar.»

Die Stoffe von Volans sind dreidimensional dehnbar.
Die Stoffe von Volans sind dreidimensional dehnbar.
Quelle: Christian Walker

«Du erkennst Stabilität, Dichte und Schnitt oft schon an der Art und Weise, wie ein Modell am Bügel hängt.» In Sachen Langlebigkeit und Pflege gibt Ivon mir noch mit auf den Weg, in gute Materialqualität zu investieren, beim Waschen auf Weichspüler zu verzichten und die delikaten Teile generell nicht zu oft und wenn dann bei maximal 30 Grad in die Maschine zu geben. Zu häufiges Waschen und Chlor würden das Elastan spröde werden lassen – am besten wird also nach jedem Einsatz per Hand kalt gespült. Ist notiert. Und dann bleibt eigentlich nur noch eine Frage, bevor ich mich – noch immer mit angebissenem Gipfeli in der Hand, es gab einfach so viel zu reden – wieder auf den Heimweg mache. Warum Volans? «Volans ist ein Sternbild des Südhimmels und bedeutet ‹fliegender Fisch›. Sterne, Fische, Wasser – das hat uns auf Anhieb gefallen und wir lieben den Namen immer noch.»

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Immer zu haben für gute Hits, noch bessere Trips und klirrende Drinks.


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