
Huawei P20 Pro: Die drei Kameras aus Paris

Heute ist das Huawei P20 in Paris vorgestellt worden. Team digitec ist live vor Ort, denn das P20 Pro, die grosse Version des Phones bringt eine kleine Sensation: drei Kameras auf der Rückseite.
Huawei. Die chinesische Marke hat sich in den vergangenen Jahren auf dem hiesigen Markt vom Underdog zum Big Player entwickelt. Heute beweist der Konzern, dass er es mit den grossen – namentlich Samsung - aufnehmen kann und will. Denn mit der in Paris vorgestellten P20-Serie zeigt sich der Konzern angriffslustig und stark.
Kurz vor der Pressekonferenz ist der Platz im Pariser Grand Palais knapp. Journalisten aus aller Welt haben sich zum Global Product Launch versammelt. Anstelle einer dunklen Halle erwartet Videoproduzentin Stephanie Tresch und mich ein Glasdach, darunter viel Helligkeit. Wir suchen uns Stühle. Vergebens. Ich setze mich auf den Kamerakoffer und tippe auf meinen Knien. Unbequem, aber es lohnt sich.
Das neue Logo Huaweis
Schnell wird klar, dass Huawei sich heute selbst feiert. Denn der chinesische Konzern hat allen Grund dazu. Richard Yu, CEO Huaweis Consumer Business Group, betritt die Bühne. Kein Event der Marke kann vorübergehen, ohne, dass er spricht. Er spricht zwar nur gebrochen Englisch, aber er ist des Journalisten Traum. Er ist begeistert, spricht mit Leidenschaft und Humor, geht dann und wann wieder off-script. So macht das Spass.

Das Echo im Grand Palais tut seinem gebrochenen Englisch auch keinen Gefallen, doch wir hören zu, schmunzeln und freuen uns mit ihm. Er blickt auf sieben Jahre der Markenexpansion zurück. Vor sieben Jahren habe seine Reise in die Welt begonnen und jetzt gehören sie zu den Top Playern auf dem Markt. Er erzählt von den 10.4 Milliarden Euro, die sein Konzern in Research and Development investiert. Dazu gehöre auch ein Commitment zum Umweltschutz.
Update 28.3.2018, 11:50 Uhr: Bis vor Kurzem fandest du hier das Phone im Bundle mit Kopfhörer. Das hat sich in weniger als vierundzwanzig Stunden ausverkauft – aber hallo! Wir danken euch für das riesengrosse Interesse. Leider haben wir jetzt keine Bundles mehr übrig, weshalb du an dieser Stelle «nur» das Phone alleine findest, ohne Kopfhörer.

Das Logo Huaweis wird leicht aktualisiert. Nun ist es nur noch rot, nicht mehr rot/weiss. Das sei simpler und kundenfreundlicher. Doch er kommt dann zur Sache. Er blickt auf das Huawei P9 zurück, das P10 und dann geht es los. Richard Yu präsentiert das Huawei P20 und das Huawei P20 Pro.

Es hat oben einen Notch, also eine Einbuchtung für die Kamera und den Speaker des Telefons. Doch der Notch sei minimiert worden, so weit das möglich sei. Beim Design habe er und seine Designer auf Symmetrie geachtet. Oben, unten, hinten vorne, links, rechts, symmetrisch. Die Präsentation auf der gigantischen Leinwand hat eine Fehlfunktion, die Slides gehen nicht weiter. Richard redet aber weiter. Er geht kurz off script und erzählt von Profi-Fotografen, die mit seinem neuen Phone fotografieren und damit sehr zufrieden sind.

Die Slides funktionieren wieder. Ein Sonnenuntergang. Er sagt, dass das das Zwielicht sei. Twilight. Er demonstriert die neue Farbe des Phones. Es schimmert in grün und violett, etwas blau. Auf der Vorderseite leuchtet ein OLED-Screen mit 6.1 Zoll Bilddiagonale. Schön.
«Warum nennen wir das Pro? Weil wir diesmal professionelle Kameratechnologie in ein kleines Smartphone packen», sagt Richard. Das System werde von der künstlichen Intelligenz des Kirin 970 unterstützt.

Das P20 Pro, der Star der Show
Ein Trend, der sich hoffentlich nicht halten können wird, ist die Veröffentlichung von drei Phones pro Jahr. Ich gehöre zu jenen, die schon zwei Phones pro Jahr zu viel finden. Nicht, weil die Features der Normalgrösse und der Plus-Version sich nicht allzugross unterscheiden, sondern weil zwei Phones eine Art Beliebigkeit suggerieren.
Nur ein Phone pro Flaggschiff-Serie macht ein klares Statement. Der Beweis ist das LG V20. Da gab es eine Version und basta Bei der P20-Serie aber soll für jedes Budget etwas dabei sein, selbst wenn die kleineren Versionen des Phones im Angesicht des P20 Pro verblassen. Das schlägt sich auch in diesem Artikel nieder. Im Wesentlichen schreibe ich hier «Das P20 Pro ist grossartig und kann all das Zeug. Und ach ja, da sind noch zwei andere». Gerade im Falle des P20 Pro, das den Markt wirklich aufrüttelt und etwas Neues probiert, wäre ein klares Statement von wegen «Das ist unsere Stossrichtung. Take it or leave it» wirklich gut angekommen.
Das P20 Pro stiehlt die Show. Nicht nur die Show der kleineren beiden Geschwister sondern auch die der Konkurrenz.

Optisch gefällt mir vor allem die neue Farbe Twilight. Das ist so ein schwarz-blau-violett schimmernder Farbton. In der Regel bin ich Fan von schwarzen und weissen Phones. Aber der Twilight-Effekt hat es mir schon auf den ersten Blick angetan. Blau ist auch ganz nett. Schwarz, so muss ich als Fan von schwarzen Phones zugeben, ist langweilig. Das sieht so richtig beliebig aus, während die anderen Farben ein genau so mutiges Statement sind wie die Technologie im Phone.
Mit den drei von Leica hergestellten Kameras hinten erreicht das Phone Kamera-Specs, die verdammt gut klingen. Fangen wir mal an:
- 40 Megapixel
- 20 Megapixel
- 8 Megapixel
Das auf einem Markt, der sich manchmal mit 12 Megapixeln brüstet. Dass aber Megapixel alleine noch keine guten Bilder machen, kann dir jeder Fotoexperte gerne sagen. Trotzdem, die Leistung der Ingenieure, 40 Megapixel in ein Phone zu packen, muss respektiert werden. Dazu kommt der F-Stop von f/0.95. Das heisst, dass das P20 Pro unter Umständen dem Samsung Galaxy S9 nicht nur das Wasser reichen kann, sondern das südkoreanische Phone auf die hinteren Ränge verweisen wird. Ach, und die Selfie Cam vorne hat 24 Megapixel.
Ein Test ist zwingend notwendig.
Die Kameras denken mit, denn das P20 Pro hat das Kirin 970 System-on-a-Chip verbaut. Die Plattform kommt mit einer Neural Processing Unit (NPU), die das Phone im alltäglichen Gebrauch stets optimiert und intelligent Bilder analysiert. Samsung hat der Kamera spezielles DRAM verpasst, Huawei lässt die NPU des Kirins auf die Bilder los.
Abgerundet wird das Ganze von einer IP53-Schutzzertifizierung und einem 4000 mAh starken Akku.
Mein erstes Urteil: Samsung und Co. müssen sich warm anziehen. Das Huawei P20 Pro zieht nicht nur dem Samsung Galaxy S9+ nach, sondern verweist es – rein den Specs nach – auf die hinteren Ränge.
Die neue Kamera
Die Kameras der P20-Serie werden von Richard Yu «Best Ever» genannt. Mit ihm einig ist der Branchendienst DxOMark, der Smartphone-Kameras testet. Das Huawei P20 Pro, genau wie das P20, ist das erste Phone, das mit seiner Kamera die 100-Punkte-Marke knackt. Es ist im Schnitt mit 102 Punkten drei Punkte vor der Konkurrenz.

Der Bildsensor ist der grösste Sensor, der je in ein Phone verbaut worden ist. Damit kommt nicht nur mehr Sensitivität der Kamera sondern auch erhöhte ISO-Werte. P20 und P20 Pro kommen auf 102400 ISO.
«Deine Augen können das schon gar nicht mehr sehen», sagt Richard, freut sich und das Publikum applaudiert.
Softwareseitig hat das Unternehmen weiter an der Kamera gefeilt. Nicht nur können die zwei Geräte eine ganze Reihe Lichteffekte simulieren, einen künstlichen Bokeh-Effekt erzielen sondern sie können auch
Ach ja, die anderen Phones gibt es auch noch
Kurz auf die kleineren Versionen des Phones eingehen muss ich aber doch. Selbst wenn sie im Kontext des P20 Pro kümmerlich wirken, so haben sie eigentlich einiges drauf. Schade nur, dass die Pressekonferenz in Paris dermassen vom P20 Pro dominiert wird, denn zumindest das P20, ohne Pro, kann sich sehen lassen.
Denn eigentlich ist das P20 das gleiche Phone wie das P20 Pro, minus einer Kamera. Also Kirin 970 mit NPU und alles. Schade, dass ein Phone von dem Kaliber in einem Launch unter «Ferner liefen» abgehandelt wird. Schade für das Phone, nicht schade für das P20 Pro.
Hinterher hinkt das P20 Lite, das zwar mit aufregenden Farben auf sich aufmerksam machen will, aber keine Chance gegen die mutig schimmernde Farbe des P20 Pro hat. Dafür kann es sich im Preiskampf behaupten und liefert verdammt viel Phone für verdammt wenig Geld.
So. Fertig. Huawei zeigt mit der P20-Serie, vor allem aber dem P20 Pro, die Zähne. Wer auf dem Markt gewinnt, wird sich zeigen. Aber wenn der technologische Fortschritt so weiter macht, dann gewinnt vor allem eine Gruppe: Wir, die User.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.