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Do it yourself: Wir bauen uns ein Ambilight
von Luca Fontana
Der Philips Hue Play Gradient Lightstrip wurde lange erwartet und ist so lang wie sein Name. Auch die Liste mit dem nötigen Zubehör ist lang. Das Ambilight zum Nachrüsten lohnt sich nur, wenn du einen grossen TV und ein grosses Budget hast.
Bevor du direkt zu den Kommentaren scrollst, um zu schreiben, dass der Gradient Lightstrip zu teuer ist und so ein Ambilicht für einen Bruchteil des Preises selbst gebastelt werden kann, lass dir gesagt sein: Stimmt. Klar. Du hast Recht. Hue-Produkte waren noch nie die billigsten. Wer sowieso gerade einen neuen TV sucht, kann gleich ein Modell mit Ambilight kaufen. Und wer wie Kollege Luca basteln, löten und konfigurieren will, bekommt für weniger Geld ein richtig gutes Ambilight Marke Eigenbau hin.
Sehr cool, aber aufwändig. Die meisten von uns mögen es bequem. Philips Hue verführt nach dem Starbucks-Prinzip. Es gibt günstigeren Kaffee, es gibt besseren Kaffee. Trotzdem hat die Kette den Globus erobert. Weil sie ein Wohlfühl-Ambiente schafft, für das die Kunden gerne draufzahlen. Ähnlich ist es beim Marktführer für smarte Beleuchtungssysteme. Philips Hue hat alles, wirkt hochwertig und es funktioniert, ohne dass du dir gross Gedanken darüber machen musst. Bist du einmal auf den Geschmack gekommen, erscheint dir plötzlich keine Erweiterung mehr zu abwegig. Besonders dann, wenn du schon einen Entertainment-Bereich mit farbigen Leuchtmitteln eingerichtet hast, passt der Gradient Lightstrip in dein Beuteschema.
Ich habe kürzlich einen Schrein für meinen Fernseher gezimmert, um drei Hue Play Lightbars zu integrieren, die über die Sync Box angesteuert werden und die Farben des TV-Bildes aufgreifen. Mit dem Gradient Lightstrip gibt es nun das fehlende Hue-Puzzleteil, wenn du auf «richtiges» Ambilight am Fernseher stehst. Er ist die logische Ergänzung des Angebots und für TVs ab 55 Zoll erhältlich.
Um den Gradient Lightstrip nutzen zu können, brauchst du die Hue Bridge als Schaltzentrale. Über die Hue Sync Desktop App lässt er sich am Computer steuern, falls dieser deine Videoquelle ist. Da der Lightstrip für den TV gedacht ist, wird das für die allermeisten keine Option sein. Dann ist die Sync Box fällig.
Über deren vier HDMI-Eingänge kannst du Videoquellen mit dem TV verbinden, die mit dem Gradient Lightstrip und deinen farbigen Hue-Leuchten synchronisiert werden. Wenn du Netflix & Co. direkt über eine App auf dem TV abspielst, schaust du in die Röhre. Dann ist keine Synchronisation der Farben möglich. Das Signal muss zwingend durch die Sync Box. Ein paar ihrer Schwachstellen wurden inzwischen per Update behoben: Sie unterstützt nun Dolby Vision/HDR10+, ist per IR-Fernbedienung (z.B. Logitech Harmony) steuerbar und hört auf Alexa, Google Assistant und Siri. In der Hue Sync App kannst du die Intensität der Effekte verändern, die Helligkeit anpassen sowie Modi für Filme, Musik oder Games auswählen.
Mein Setup am TV sieht ungefähr so aus, wie der Hersteller sich das gedacht hat. Dazu kommt nun der Gradient Lightstrip. Ich will testen, ob er die Hue Play Lightbars aussticht und wie gross sein Mehrwert ist.
Es gibt da nur ein kleines Problem. «Ich konnte leider nur die grösste Variante als Muster ergattern», schreibt mir Kollegin Jennifer von Burg. Einen 75-Zoll-TV habe ich leider nicht. Der Lightstrip ist in sieben Abschnitte unterteilt, die farblich angesteuert werden können. Zwei links, zwei rechts, drei oben am Bildschirm. Die Grösse muss deshalb richtig gewählt sein. Er lässt sich weder kürzen noch in der App anders konfigurieren. Hue geht davon aus, dass er hinter deinem Fernseher befestigt ist und passt. Zum Glück habe ich ein 75-Zoll-Klavier.
Das Schöne an Hue ist, dass du dein Ambilight auf den ganzen Raum ausdehnen kannst. Dafür legst du in der App einen Entertainment-Bereich an und fügst bis zu zehn farbige Leuchten hinzu, die dann von der Sync Box gemeinsam angesteuert werden. Während sich die Position von Lightbars und anderen Lichtern im Raum definieren lässt, wird der Lightstrip immer hinter dem Fernseher verortet. Ich klebe ihn hinters Klavier und schiebe den Fernseher einfach davor – so habe ich den direkten Vergleich mit dem Effekt der Lightbars.
Der Gradient Lightstrip kommt sauber aufgerollt, mit fünf Halterungen und einem Netzteil. Wenn keine der drei erhältlichen Längen zu deinem TV passt, solltest du dich im Zweifel für die kleinere Grösse entscheiden und den Lightstrip etwas nach innen versetzt anbringen. Empfohlen werden fünf bis zehn Zentimeter Abstand zum Rand. Er strahlt im 45-Grad-Winkel nach aussen und ist mit maximal 1100 Lumen hell genug, um deine Wand in satte Farben zu tauchen.
Beim Befestigen kannst du nicht viel falsch machen: Die Halterungen werden mit 3M-Klebern angebracht, der Lichtschlauch festgeklippt, das Netzteil eingesteckt. Die Installation hält auch an der rauen Holzrückseite meines Klaviers bombenfest und die Länge des Lightstrips passt, als wäre er dafür gemacht.
Sobald Strom fliesst, wird er in der App erkannt. Die einzige kleine Falle im Prozess: Sollte die Software deiner Sync Box nicht auf dem aktuellen Stand sein, kann sie die verschiedenen Segmente nicht einzeln ansteuern und der Lightstrip leuchtet nur in einer Farbe. Ich wundere mich kurz und entdecke dann das fehlende Update. Nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist die Installationsanleitung in der App: Sie führt zwar gewohnt zuverlässig durch die einzelnen Schritte, empfiehlt aber, einen Freund einzuladen, der mir helfen soll. Einen Freund? Nach Hause einladen? Das ist so 2019! Sofern du deinen Fernseher nicht an die Wand wuchten musst, schaffst du das locker alleine.
Der Lightstrip wird in der App als ideal für den Entertainment-Bereich empfohlen. Dort kannst du ihn hinzufügen und anschliessend vergessen, du hast keine weiteren Optionen. Er wird wie ein Leuchtmittel behandelt. Das hat den Vorteil, dass er nur einen von zehn Plätzen im Entertainment-Bereich belegt und einen von fünfzig möglichen auf der Hue Bridge. Der Nachteil ist, dass er bei Licht-Settings wie «Sonnenuntergang» keinen Farbverlauf darstellt, sondern nur in einer Farbe leuchtet. Während meine drei Lightbars die Wand in gelb-orange-rote Nuancen tauchen, schummert der Lightstrip blutrot hinter dem Klavier. Ein weiteres Update könnte das ändern. Momentan weckt erst ein Videosignal, was in ihm steckt.
Alle anderen Lichter aus. Ambilight an. Film ab. Wenn du den Effekt einmal genossen hast, gibt es kein Zurück mehr. Explodiert auf dem Bildschirm ein Ölfass, dann brennt dein Wohnzimmer. Bei dunklen Szenen bleibt nur ein kaltweisser Schimmer, der die Spannung unterstreicht und Atmosphäre schafft. Der Lightstrip stellt, was das angeht, die Lightbars durch seine Power und Präsenz noch in den Schatten. Ihm gehört heute die Bühne an der Wand. Die Lightbars stehen weiter im Raum und verlieren dadurch etwas an Wirkung. Trotzdem gibt das kleine Video den Unterschied ganz gut wieder: Erst siehst du den Lightstrip, der einen harmonischen Farbverlauf an die Wand malt. Danach die Lightbars, die als Spots härtere Akzente setzen. Die Helligkeit ist bei ungefähr 80 Prozent, die Intensität auf «moderat» eingestellt.
Was mir auffällt, ist, dass sich der Gradient Lightstrip nur an den Farben am Bildrand orientiert. Eigentlich selbstverständlich. Trotzdem eine Erwähnung wert, weil ich einen Unterschied zu den Lightbars feststellen kann. Die Sync Box interpretiert das gesamte Bild und greift immer wieder dominante Farben raus, die über die Lightbars ausgegeben werden. Ein Beispiel siehst du unten im Gif: Die Szene ist dunkel. Während der Lightstrip sich zurückhält, nimmt die obere Lightbar die knallige Farbe des Kleids auf und strahlt pinkes Licht nach oben. Das wirkt als einzelner Effekt auch stark. Und du hast einen gewissen Einfluss darauf, weil du die Position der Leuchte in der App verändern kannst.
Je nachdem, ob du «Boden», «TV-Höhe» oder «Decke» auswählst, bekommst du ein anderes Farberlebnis. So lassen sich unterschiedliche Entertainment-Bereiche konfigurieren, zwischen denen du wechseln kannst. Beim Gradient Lightstrip musst du dir solche Gedanken nicht machen. Er hat nur einen Job – und den erledigt er sehr gut.
Es gibt vereinzelte Nutzer, die an der Sync Box verzweifeln. Abhängig von den verwendeten Geräten und Formaten, können die Erfahrungen völlig unterschiedlich sein. Bei mir läuft seit einem Jahr alles reibungslos. Wenn ich den Fernseher einschalte, springt die Sync Box an und erkennt den richtigen Eingang. Auch mit dem Kopierschutz hatte ich nie Probleme. Egal was ich über Prime oder andere Apps streame – bislang wurde alles synchronisiert und ich habe wenig zu meckern. Wünschen würde ich mir nur, dass die Synchronisation automatisch startet, sobald der Fernseher an ist. Dafür in der App auf Start oder Stopp zu drücken oder die Sprachsteuerung zu bemühen, fühlt sich überflüssig an. Aber das ist ein Punkt für den der Gradient Lightstrip, um den es hier geht, nichts kann.
Der Effekt ist grosses Kino. Wenn du schon Hue-Nutzer*in bist, einen entsprechend grossen Fernseher und den Wunsch hast, ihn mit Ambilight aufzumotzen, ist der Gradient Lightstrip auf jeden Fall eine Überlegung wert. Nicht vergessen: Der Farbzauber funktioniert nur mit Bridge, Sync Box und über externe Videoquellen, nicht mit den Apps auf deinem TV.
Den direkten Vergleich mit der Hue Play Lightbar gewinnt der meterlange Spezialist mit seinen sieben Lichtsegmenten. Entsprechend gleichmässiger und stärker verteilt er das Licht an der Wand. Der Platz am Fernseher gehört definitiv dem Gradient Lightstrip und er fügt sich nahtlos in die Hue-Welt ein. Nachdem die Sync Box schon vor einem Jahr auf den Markt kam, ist es nur logisch, dass es ihn jetzt endlich gibt. Die Fan-Gemeinde hat lange genug auf diese Lichtschlange gewartet.
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.