Produkttest

Ich kapituliere nach 15 Stunden Bauzeit

Ramon Schneider
27.11.2018

Der «Allrad-Jeep» ist das teilemässig grösste Set des Modellbauherstellers «WoodenCity». Mit dem Bau wollte ich meine Fingerfertigkeiten unter Beweis stellen, bin jedoch kläglich gescheitert.

Der «WoodenCity Jeep 4x4» besitzt 569 Einzelteile aus Birkensperrholz und sollte laut Hersteller in ungefähr 12 Stunden gebaut sein. Seine Einzelteile sind auf mehreren Holzbögen vorgelasert und können von Hand oder mit einem spitzen Hilfsmittel herausgetrennt werden. Was sich einfach anhört, ist schwieriger als gedacht. Denn die Dinger gehen schnell kaputt. Sehr schnell sogar.

Bereits zu Beginn der erste Rückschlag

Neben dem Modellbauset benötigst du noch einen Cutter und ein paar Teelichter. Mit dem Cutter entfernst du die herausstehenden Holzreste, welche beim Heraustrennen der Einzelteile aus den Bögen übrig geblieben sind. Das Wachs der Teelichter ist dazu da, die Zahnräder geschmeidiger zu machen. Ich habe alle nötigen Dinge besorgt, mir eine aufgeräumte Arbeitsumgebung geschaffen und mich mental auf einen Modellbau-Marathon vorbereitet. Ich bin also ideal vorbereitet. Möge die Odyssee beginnen.

Die Kurbelwelle ist bereits gebrochen.
Die Kurbelwelle ist bereits gebrochen.

Als erstes ist der Motor an der Reihe. Dazu gehören neben den vier Zylindern auch ein Ventilator des Kühlergrills, eine Kurbelwelle und einen Rahmen, der den Motor in Position halten sollte. Das Gebilde ist jedoch wackelig und halb lose. Immer wieder macht sich ein Teil selbstständig und ich muss es wieder an seinen Platz zurückfummeln. Als ich dann das Zahnrad an der Kurbelwelle befestigen will, bricht mir bereits das erste Stück auseinander. Der Jeep würde später zwar noch vor- und zurückfahren können, aber durch den Bruch der Kurbelwelle können sich dabei die Zylinder nicht mehr bewegen. Eine erste Ernüchterung macht sich bei mir breit.

Zu ungenaue Einzelteile und schlechte Qualität

Ich bin mittlerweile bereits seit mehreren Stunden mit dem Bau beschäftigt. Immer wieder bricht mir ein kleines Stück Holz ab. Sei es beim Heraustrennen aus den Bögen oder beim Zusammenbauen. Zwar kann hie und da was abbröckeln, ohne dass sich dabei grosse Folgeschäden ergeben, doch beim Getriebe funktioniert gar nichts mehr. Die Zahnräder sind ungenau gefertigt und das Holz hat eine schlechte Qualität. Mit Müh und Not und einer ordentlichen Portion Wut kriege ich das Ganze zusammen. Eigentlich sollte hier alles reibungslos ineinandergreifen, doch die Zahnräder lassen sich nur bedingt bewegen. Meine Finger schmerzen und mein Geduldsfaden ist gerissen. Am liebsten würde ich das gesamte Modell in Brand stecken. Ich brauche eine Pause. Eine lange Pause.

Zu ungenau gefertigte Zahnräder verklemmen das Getriebe.
Zu ungenau gefertigte Zahnräder verklemmen das Getriebe.

Es ist nun eine Woche später. Ich habe mich wieder beruhigt und bin guter Dinge, dass ich heute den Jeep fertig bauen kann. Da ich bereits acht Stunden für dieses Modell aufgebracht habe und der Hersteller die gesamte Bauzeit mit 12 Stunden beschreibt, sollte ich also in gut vier Stunden fertig sein. Schön wär’s.

Nach einmaligem Aufziehen brach der Schlüssel ab.
Nach einmaligem Aufziehen brach der Schlüssel ab.

Der nächste Kapitalschaden lässt nicht lange auf sich warten. Ich bin mittlerweile beim Reserverad am hinteren Ende des Wagens angelangt. Darin versteckt sich ebenfalls der Aufziehmechanismus für die Fortbewegung des Jeeps. Mit einem Schlüssel kannst du ein Gummiband spannen. Diese Spannung überträgt sich anschliessend an das Getriebe und danach auf die Räder. So die Theorie. Wie du aber weisst, hat mein Getriebe so seine Schwierigkeiten und läuft nicht einwandfrei. Beim ersten Aufziehversuch bricht dann auch noch der Schlüssel ab. Jetzt funktioniert also gar nichts mehr. Das Ding taugt nur noch zu Dekozwecken.

Erst in der Hälfte? Vergiss es!

Sichtlich genervt baue ich noch ein paar Stunden weiter. Motivation habe ich keine mehr. Wofür auch? Das ganze Teil ist nutzlos geworden, da alle wichtigen Elemente kaputt sind. Ich bin nun seit insgesamt 15 Stunden mit diesem Modell beschäftigt. Als ich dann in der Bauanleitung lese, dass ich nun in der Hälfte angekommen bin, platzt mir der Kragen. Vergiss es! Nicht mit mir! Noch mal so lange halte ich das nicht durch. Normalerweise beende ich alles, was ich angefangen habe, doch hier ist nun endgültig Schluss. Das Fahrwerk und die Räder bringen mir sowieso nichts, wenn der Antrieb im Arsch ist.

Ich kann nicht mehr. Ich gebe mich geschlagen.
Ich kann nicht mehr. Ich gebe mich geschlagen.

Fazit

Nüchtern betrachtet ist dieses Modell interessant. Es besteht aus ökologischem Holz, wurde in der EU hergestellt, muss nicht geklebt werden und sieht cool aus. Wäre da nicht die schlechte Qualität. Das verdirbt einem den ganzen Spass am Modell. Dieses billige Sperrholz dient lediglich als Brennholz. Der Hersteller hätte lieber auf hochwertiges Material gesetzt und den Preis angehoben. Günstig ist nicht immer gut. Zudem habe ich auch meine Modellbaukünste total überschätzt. Mit dem grössten und kompliziertesten Set anzufangen, war definitiv eine schlechte Idee. Ich hätte wohl lieber mit einem einfacheren Set, wie zum Beispiel dem Doppeldeckerflugzeug mit 63 Teilen beginnen sollen. Wenn filigranes Arbeiten mit den Händen genau dein Ding ist, könnten die Holzmodelle von WoodenCity und Ugears interessant für dich sein. Ich hingegen bin nicht der Typ dafür und lasse in Zukunft meine Finger von solchen Sachen.

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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.


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