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Ich Papa, du Gei

Papagei «Pauli» kommt direkt aus der Spielzeughölle. Meine Meinung. Aber die interessiert hier nicht. Kann der Dampfplauderer von «FurReal» das Herz meiner Tochter gewinnen?

«Showtime!», krächzt Pauli und wackelt erwartungsvoll mit den Plüschhüften. Ich höre den Nachwuchs schon durch’s Treppenhaus randalieren. Die Tür geht auf, dann nimmt das Spektakel seinen Lauf. Mein Sohn, gerade drei geworden, erblickt unser neues Haustier zuerst und stösst einen nicht enden wollenden Schrei der Verzückung aus. Die Tochter, demnächst sechs, kommt mit leuchtenden Augen angerannt, als der Papagei auch schon zur Charmeoffensive ansetzt.

«Du bist mein bester Freund», schleimt Pauli, hebt die Flügel und schickt einen Furz hinterher.

Sohn (begeistert): «Ahaha!!! Der hat gefurzt!»
Tochter (frisch verliebt): «Hallo mein bester Freund!»
Pauli (ganz cool): «Is this FurReal?»
Tochter (auf Wolke 7): «Kann der auch fliegen?»
Sohn (in Extase): «KANN DER FLIIIIEGEN???»

Beide zerren am Gefieder. Streit, Getümmel. Wut. Schon fliegt Pauli.

Er küsst das erste Mal das Parkett und macht wilde Verrenkungen auf dem Boden, ohne das Plappern einzustellen. Ja, er redet halt gern. Ohne Punkt und Komma. Oft auch ohne Zusammenhang. Und über alles liebt Pauli seine Witze, die er ausgiebig selbst belacht. Brüller der Sorte: «Welches Tier sitzt neben dem Computer? Die Maus!»

Von Bruchlandungen lässt sich Pauli nicht beeindrucken.
Von Bruchlandungen lässt sich Pauli nicht beeindrucken.

Halt einfach mal den Schnabel

Meine Tochter redet auch gern. Sie will mit ihm ins Gespräch kommen. Ihm auch mal einen Witz erzählen.

Tochter (vorfreudig): «Sagt die eine Wolke zur anderen…»
Pauli (hochschnabelig): «Ich bin der schönste Vogel der Welt!»
Tochter (empört): «Ein Angebervogel bist du!!! Sagt die eine Wolke…»
Pauli (unbeeindruckt): «Lalalalalaaaaaaa!»
Tochter (ernsthaft sauer): «Du Plappervogel! Du bist nicht freundlich! Ich schalte dich weg!»

Und zu mir gewandt: «Papa, geht der überhaupt aus?» Seit dem Kennenlernen sind gerade mal ein paar Minuten vergangen, schon hängt der Haussegen schief. Auf allen Ebenen. Meine Frau sagt: «Wie lange behalten wir denn den komischen Vogel?» Ihr Blick sagt: «Schaff das Ding schnellstmöglich wieder aus dem Haus!»

Meine Tochter hat Pauli inzwischen wieder ins Herz geschlossen. Die Lösung des Konflikts? Gewalt.

«Der Papagei ist manchmal ganz schön anstrengend. Man muss ihn andauernd auf die Nase hauen.»

Im Kampf mit dem Papagei.
Im Kampf mit dem Papagei.
Hör' doch mal zu, Pauli!
Hör' doch mal zu, Pauli!

Pisigaggifurzi!

Die eigentliche Idee ist, Pauli sanft auf den Schnabel zu drücken, um ihn zum Zuhören zu bringen. In diesem Fall bin ich mit Hauen einverstanden, denn der Plüschterrorist hat es nicht besser verdient und unterbricht seine Sprüche und Tänze offensichtlich nur sehr ungern. Dann krächzt er «Sag es!» oder «Sing es!» und hört tatsächlich für ein paar Sekunden zu, bevor er das Gesagte wiederholt oder mit ein paar billigen Elektrobeats unterlegt und schrecklich verzerrt «singt». Damit tut sich für die Kinder eine neue Welt auf. Nur, was sagen, wenn man endlich selbst mal dran ist? Mein Sohn kramt einen Klassiker seines Kleinkind-Wortschatzes hervor: «Pisigaggifurzi!» Und Pauli spielt das Spiel mit. Begeisterungsstürme sind die Folge.

In den nächsten Tagen steigt er quasi zum vollwertigen Familienmitglied auf und ist ein heiss begehrter Spielkamerad. Das hat er weder durch Tanz- und Gesangseinlagen noch durch debiles Gurren geschafft, mit dem er auf Streicheleinheiten an der Wange reagiert. Nein, es ist die Aufnahmefunktion, die die Kinder fasziniert. Aber Achtung: Pauli merkt sich, was du sagst, und krächzt die letzte Aufnahme auch später noch auf Knopfdruck in den Raum. Lass ihn also besser nicht über den anstehenden Familienbesuch am Wochenende lästern.

Phönix der Verarsche

So schnell wie er in der Gunst aufsteigt, so schnell geht es für Pauli auch wieder bergab. Nach ein paar Tagen lassen ihn die Kinder links (oder rechts, oder auf dem Boden) liegen. Und wenn er doch mal wieder «Hey, wie wär’s mit einem Witz?» in die Runde krächzt, verdrehen wir nur noch die Augen.

Pauli (unverdrossen): «Welche Computertaste mögen Piraten am liebsten?»
Familienchor (gelangweilt): «Enter.»
Pauli (begeistert): «ENTEEEER!!! AHAAHAAAAHAAAAA!!!»

Du kennst bestimmt auch ein paar Kandidaten aus Fleisch und Blut, die vornehmlich selbst über ihre immer gleichen Witze lachen. Pauli ist ihr seelenloser Seelenverwandter. Tja. Zu hoch geflogen, kleiner Freund. Du bist zum Absturz verdammt. Eine motorisch minderbegabte Mogelpackung mit sehr begrenztem Wortschatz, ein Phönix der Verarsche. Meine Meinung. Aber die interessiert ja hier nicht.

Fazit

Das bleibt meiner Tochter überlassen. Also?

«Ich finde ihn toll. Nur, das Blöde ist: Ohne dass man ihm den Schnabel zuhält, hört er nicht zu.»

Würdest du ihn dir zum Geburtstag wünschen?

«Nein, der plappert zu viel!»

Ich lasse das so stehen. Denn ich bin befangen, wittere Konkurrenz. In diesem Haus kann es nur einen geben, der dummes Zeug redet und schlechte Witze reisst. Ich Papa, du Gei. Zurück in die Verpackung mit dir, Pauli.

Gefällt dir der komische Vogel? Hier geht's zu meinem Autoren-Profil. Wenn du mir folgst, texte ich dich weiter zu. Versprochen.

Nachtrag: Das Vieh verfolgt mich auch privat.
Nachtrag: Das Vieh verfolgt mich auch privat.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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