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Koffein macht Müde nicht wirklich munter

Wer nachts schlecht schläft, hilft morgens gerne mit Koffein nach, um trotz Müdigkeit leistungsfähig zu bleiben. Das klappt nicht so wie erhofft.

Wer eine harte Nacht hinter und einen anstrengenden Tag vor sich hat, der kontert die Müdigkeit traditionell mit Kaffee, Tee oder anderen koffeinhaltigen Wachmachern. Wenn man allerdings so seine Leistungsfähigkeit auf das Normalmass bringen will, dann ist der Erfolg höchstens gefühlt, erklären Wissenschaftler aus den USA nun im Fachmagazin «Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, & Cognition». Denn komplexe Aufgaben erledigen müde Menschen weder mit noch ohne Koffein so gut wie ausgeschlafene. Das belegt ein Experiment der Wissenschaftler mit 275 Freiwilligen.

Die Forscher hatten die Probanden nach einer entweder zu Hause oder im Labor durchwachten Nacht mit unterschiedlichen Aufgaben getestet. Die müden Teilnehmer sollten unter anderem bei einem Aufmerksamkeitstest an der richtigen Stelle reagieren; sie bekamen mit einem «UNRAVEL»-Test jedoch auch eine kognitiv herausforderndere Aufgabe, bei der sie nur Erfolg hatten, wenn sie eine Kette von Lösungen hintereinander aufrufen konnten, ohne sich dabei zu wiederholen oder einen Zwischenschritt auszulassen. Wie erwartet (und bereits oft experimentell bestätigt) schneiden Teilnehmer unausgeschlafen bei den Tests schlechter ab als ausgeruhte oder etwa sie selbst noch am Abend zuvor.

Die Wissenschaftler wollten nun prüfen, ob ein Koffeinschuss die Leistung in irgendeiner Form steigert. Daher bekamen die Teilnehmer am Morgen nach einer ersten Testrunde eine Kapsel entweder mit 200 Milligramm Koffein oder mit einem Placebo verabreicht. Nach einer kurzen Einwirkzeit wiederholten die Teilnehmer dann die Tests. Tatsächlich verbesserte sich die Leistung nun bei den simplen Aufmerksamkeitstests, bei den komplexeren Aufgaben allerdings nicht.

Der Wachmacher Koffein macht Menschen somit zwar aufmerksamer gegenüber visuellen Reizen, wirkt sich aber nicht auf die verlangsamte Verarbeitungsgeschwindigkeit des unausgeschlafenen Hirns aus. Das sollte bedenken, wer übermüdet herausfordernde Tätigkeiten erledigen soll, erklärt die Autorin der Studie, Kimberly Fenn von der University of Michigan, in einer Pressemitteilung: «Koffein könnte dabei helfen, wach zu bleiben und Dinge zu erledigen, verhindert jedoch nicht, dass einem dabei die Art von Verarbeitungsfehler unterlaufen, die am Ende zum Beispiel zu Autounfällen oder ärztlichen Kunstfehlern führen können», sagt die Psychologin. Auch wenn Kaffee und Co vielleicht Energiereserven freisetzen und die Stimmung heben – den Effekt von gesundem Schlaf können sie nicht ersetzen.

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