

Meguiar Air Re-Fresher im Test: Riecht der Raucher-Dodge wieder nach neuem Auto?

Etwas vom Hässlichsten an einer Occassion ist Rauchgeruch. Meguiar's behauptet, den Geruch mit einer Anti-Raucher-Bombe auf «molekularer Ebene» zu zerstören. Aha.
Dodge Challenger Hellcat. Weiss mit schwarzen Rennstreifen. Autofans kommt spätestens jetzt ein Tränchen. Denn die Hellcat ist ein Traumauto. Mit 717 PS ist der Dreitürer das wohl stärkste Auto auf den Schweizer Strassen.

Meine Hellcat hat ein Problem: Der Vorbesitzer war ein Raucher.
Zwar hat Bruno Justino, Autoaufbereiter bei Auto Kunz, getan, was er konnte, das Auto mit nur 15000 Kilometer auf dem Tacho ausgeräuchert und mit Geruchseliminatoren behandelt. Dazu hat er Sitze und Armaturen desinfiziert. Aber da ist nach wie vor eine Note Rauch. Darüber ein leicht blumiges Parfüm.
Da ich im Alltag viel on the road bin, viel mit der Hellcat – Energieeffizienzklasse G, natürlich –, will ich den Geruch weg haben. Meguiar's verspricht genau das mit ihrem «Air Re-Fresher», auch bekannt als die «Anti-Raucher-Bombe».
Rauch: Der Final Boss der schlechten Gerüche
Rauchgeruch im Auto ist so etwas wie der Endgegner der schlechten Gerüche. Nicht nur setzt sich der Geruch überall fest, sondern er spricht uns Menschen auf einer ganz ursprünglichen Ebene an.
«Gerüche sind Moleküle, die in der Nase zu elektrischen Signalen umgewandelt werden», sagt Brigitte Witschi, Parfumeurin aus Bern. Sie manipuliert diesen Mechanismus in ihrem Atelier, wo jeder sein eigenes Parfum mischen kann.

Du kannst dir deinen Geruchssinn als eine Art Bürste vorstellen. Die Duftmoleküle werden von den Borsten dieser Bürste, also Rezeptoren im Riechkolben deiner Nase, aufgenommen, interpretiert und als elektrisches Signal an dein Hirn weitergeleitet. Ein Rosenduft, sagt Brigitte Witschi, besteht aus mehreren Dutzend Geruchsmolekülen, die von diesem Riechkolben kombiniert werden.
Die Parfum-Industrie beschäftigt sich seit Jahrhunderten mit der Manipulation des Riechkolbens, der Extraktion, Kombination und Synthetisierung von Gerüchen. Und auch damit, wieso wir gewisse Moleküle stärker wahrnehmen als andere. Darunter auch die Frage: Warum stinkt Rauch schlimmer als eine Rose? Wieso reagiert der Mensch stärker auf alte Zigis als auf eine Duftkerze mit dem Duft nach Bernstein?
«Wir Menschen haben zwei Geruchssysteme, eines davon ist uralt», sagt Brigitte Witschi.
Dieses evolutionär uralte System dient dazu, uns zu warnen, wenn uns Gefahr droht. Darum reagiert der Mensch sehr stark auf zwei Gerüche:
- Säure
- Rauch
Wenn diese zwei Gerüche auf die Nase treffen, dann schlägt das Hirn Alarm. Da muss Gefahr drohen, zwingend, denn einige Evolutionsschritte vor der Zigarettenindustrie verhiessen Feuer und Rauch nichts Gutes.
Um diese extreme und instinktive Reaktion zu verhindern, setzt die Industrie laut Brigitte Witschi auf zwei Elemente. Entweder werden Gerüche mit stärkeren Gerüchen überlagert oder die Moleküle werden zersetzt.
Meguiar's bläst zum Angriff
«Jegliche unangenehme Gerüche, wie Zigarettenrauch, Haustier- und Schweißausdünstungen oder der Geruch von Lebensmittelrückständen, werden vollständig neutralisiert – zurück bleibt nur ein angenehmer Frischeduft», skandiert Meguiar's Schweiz auf ihrer Website. Die Anti-Raucher-Bombe kommt in drei Duftrichtungen: Citrus, Summer Breeze – was auch immer das sein soll – und «Neues Auto». Ich habe mich für «New Car Scent» entschieden. Denn kaum etwas riecht besser als ein neues Auto.
Auf der US-amerikanischen Seite des Unternehmens, das einst als Hersteller für Möbelpolitur angefangen hat, steht dann ein Satz, der auf die Funktionsweise des Sprays hinweist: «Permanently eliminates odors at a molecular level». Der Grammatik-Nerd in mir sagt, dass das «on a molecular level» lauten müsste, aber egal; wichtiger ist das Wort «molecular». Die unscheinbare Spraydose verspricht also, die Rauchduftmoleküle zu zersetzen.
Die Anwendung ist dann auch denkbar einfach. Fenster hoch, Klimaanlage mit Umluft an, Dose in die Mitte des Autos, öffnen, 15 Minuten warten, auslüften und fertig.
Nach 0 Minuten: Kopf weg
Ich stelle die Rauchbombe also auf die Mittelkonsole. Da steht einfach nur so «öffnen». Okay. Wie? Ich drücke oben an der Bombe herum und stelle abrupt fest, dass die Dose genau so funktioniert wie eine normale Spraydose. Und egal, wie schnell ich den Kopf einziehen kann, ich habe bereits den «New Car Smell» in den Haaren.

Daher ein erster Rat: Wenn du die Dose zündest, dann bück dich in dein Auto rein. Knie dich nicht auf den Fahrersitz und drück den Auslöser oben an der Spraydose. Sonst hast du die Haare voll.
Ausserdem empfehle ich dringend, die Klimaanlage vor der Zündung einzuschalten. Du solltest sie auf Umluft stellen und auf volle Kraft. So kann das Meguiar'sche Gas sich auch durch das Lüftungssystem des Autos verbreiten.
Wenn du die ganze Veranstaltung wie ich so plusminus zwischendurch nach Feierabend auf dem Nachhauseweg machen willst, dann halt doch an einem Restaurant, das du magst. Ich war bei Fork and Bottle. Nicht nur ist da die hausgemachte Limonade gut, sondern du kannst dein Auto beobachten, während es mit angeschalteter Klimaanlage eine halbe Stunde rumsteht. Nach 15 Minuten musst du die Fenster an deinem Fahrzeug öffnen.
Nach 30 Minuten: Du willst ein Aspirin
Hier das grosse Problem: Meguiar's lügt. Nach einer halben Stunde soll das ganze Ding vorbei sein, die Hellcat soll wunderbar nach neuem Auto riechen.
Die gute Nachricht: Das Auto riecht glaubs echt nicht mehr nach Rauch.

Die schlechte Nachricht: Nur 15 Minuten auslüften ist viel zu wenig. Meguiar's, bitte sagt doch «über Nacht», weil nach einer Viertelstunde durchlüften hat der Duft in der Hellcat in etwa die Intensität einer Import Parfumerie. Wenn du jetzt noch nach Hause fahren musst, so etwa 45 Minuten lang, dann hast du nachher hämmernde Kopfschmerzen.
Aber: Rauch? Rieche ich nicht. Die molekularen Kopfschmerzen sind mir das wert. Wenn du dein Auto neu beduften willst, dann empfehle ich dir, den über Nacht auszulüften, bevor du wieder länger damit fährst.
Der Geruch des «New Car Smell» aber erinnert so gar nicht an ein neues Auto. Der Geruch ist zwar angenehm, aber es fehlt die Leichtigkeit, die ein neues Auto ausmacht. Da ist eine Schwere und eine süssliche Duftnote in der Luft, die einem neuen Auto fehlt.
Das kann aber daran liegen, dass die Duftmoleküle in hoher Konzentration in der Luft liegen und so unter Umständen meine Nase überladen.
Ich beschliesse, die Fenster über Nacht einen Fingerbreit offen zu lassen.
Nach drei Tagen: Rauch weg
Nach einigen Tagen des Auslüftens des Challengers mit fingerbreit geöffnetem Fenster, ist der Bedarf an Aspirin verschwunden. Es bleibt ein Duft, der entfernt an ein neues Auto erinnert, aber eine schwere Note drin hat, die in einem neuen Auto nicht ist. Es riecht also nicht nach neuem Auto, aber ganz angenehm.
Nach wenigen Minuten im Auto riechst du selbst den Geruch nicht mehr. Du riechst gar nichts Auffälliges mehr. Weder Anti-Raucher-Bombe noch Rauchreste. Sprich: Die Bombe funktioniert. Vielleicht war es Brunos erste Anti-Raucher-Bombe in Wohlen, die geholfen hat. In dem Falle würde ich zwei Bomben zünden, ein paar Wochen auseinander.
Aber die Hellcat fährt. Gross, stark und neu auch wohlriechend.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.