Hintergrund

Nicht Pixelmasse, sondern Farbe macht das perfekte Bild

Wenn es nach der Werbung geht, dann ist die Anzahl der Pixel auf dem TV-Bildschirm das Wichtigste. Falsch. Die Farbwiedergabe und HDR sind viel wichtiger.

Hersteller und Händler wollen in erster Linie ihre Produkte an die Kunden bringen. Daran ist nichts verwerflich: Auch digitec muss gut wirtschaften. Hersteller schaffen daher immer wieder neue Trends. Momentan ist es die Auflösung. So nach dem Motto: Je grösser die Auflösung, desto besser das Bild.

Um den Umsatz zu maximieren, ist Werbung eines der wichtigsten Werkzeuge. Gleichzeitig ist Werbung omnipräsent und nervt. Meistens. Darum müssen Botschaften kurz und prägnant sein.
«4K = bessere Bildqualität» ist kurz. Und es leuchtet ohne tiefschürfende Erklärungen ein. Super, oder?

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Nein. Mich stört, dass Hersteller zu Werbezwecken verwirren. Was mich aber noch mehr stört, ist die Tatsache, dass die Anzahl Pixel irrelevant ist. Die Art und Weise, wie ein Fernseher Farben darstellt, ist viel wichtiger.

Farben in zwei Dimensionen: Farbräume und Farbtiefen

Je mehr Farben dargestellt werden können, desto natürlicher wirkt das Bild. Natürlich heisst der Realität entsprechend, die das Auge sieht, wenn es aus dem Fenster blickt. Aber: Welche und wieviele Farben das Auge sehen kann, lässt sich mathematisch kaum herleiten. Dem Fernseher fehlt eine Kameralinse, mit der er die Realität einfangen kann. Farben sind im Fernsehgerät eine Zahl, keine eigentliche Farbe. Und sie werden innerhalb von Farbräumen definiert.

Farbräume legen fest, wie Farbinformationen im Videosignal übermittelt werden. Bei TVs ist das so: Der Bildschirm besteht aus mehreren Millionen Pixeln, die zusammen das Bild erzeugen. Ein Pixel besteht aus drei Subpixeln – Rot, Grün und Blau. Die Farbe des Pixels ist ein Gemisch dieser drei Grundfarben. Deshalb ist im Videobereich vom RGB-Farbraum die Rede.

Drei Subpixel – Rot, Grün und Blau – erzeugen die Farbe des jeweiligen Pixels
Drei Subpixel – Rot, Grün und Blau – erzeugen die Farbe des jeweiligen Pixels
Quelle: Luca Fontana

Wie viele Abstufungen es pro Farbkanal gibt, hängt von der Farbtiefe ab. Die Tiefe wird in Bits angegeben. Bits sind Daten, die einen Wert repräsentieren. In Computersprache ist das immer eine «0» oder eine «1». 8 Bit bedeutet, dass jede Farbe einer Zahl mit 8 Ziffern zugeordnet wird, wobei jede Ziffer eine Null oder eine Eins ist.

Konkret: Bei 8-bit wird jede Farbe einer Zahl zwischen 00000000 und 11111111 zugeordnet. Das macht 2⁸ mögliche Farbkombinationen pro Farbkanal (2 mal 2 mal 2 mal 2…), also je 256 Farben. Im RGB-Farbraum sind es drei Kanäle, die Gesamtzahl an Farben entspricht also 256³ (256 mal 256 mal 256) – insgesamt 16.7 Millionen Farben.

Blu-Rays und normales Live-TV bewegen sich im 8-bit-Bereich. Eine UHD-Blu-Ray deckt im Wesentlichen den gleichen Farbraum ab, allerdings mit einer Farbtiefe von 10 bit. Das ergibt 1.07 Milliarden Farben. Auf den Streamingplattformen Netflix und AppleTV, vielleicht auch anderen, findest du Inhalte, die mit einer Farbtiefe von 12-bit codiert sind. Das macht dann 69 Milliarden mögliche Farben.

Einfach gesagt: Je grösser die Farbtiefe, desto mehr Farben lassen sich darstellen. HDR-Fernseher bewegen sich mindestens im 10-bit-Bereich.

Farbraum und Farbtiefe in einem zweidimensionalen Modell
Farbraum und Farbtiefe in einem zweidimensionalen Modell
Quelle: Luca Fontana

Graphisch stellt der Farbraum eine spezifische Bandbreite der darstellbaren Farben in einer zweidimensionalen Grafik dar – basierend auf einer vordefinierten Helligkeit.

Die dritte Dimension: Helligkeit

Früher erreichten Fernseher eine Spitzenhelligkeit von etwa 100 Nits. Nit ist eine Einheit zur Messung von Helligkeit. Hundert Nit ist etwa so hell, wie der Mond nachts auf dich wirkt. Und es entspricht einem Kontrastumfang von etwa 1:100. Das ist SDR (Standard Dynamic Range). SDR reicht nicht aus, um alle Farben in einem 10-bit-Farbraum abzudecken.

Hier kommt HDR ins Spiel. Ziel ist es, den Kontrastumfang zu erweitern, um so mehr Farben darstellen zu können. Der Kontrast beschreibt im Wesentlichen den Unterschied zwischen dem dunkelsten und dem hellsten Bildpunkt.

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Fernseher können den Kontrast auf zwei Arten vergrössern:

  1. Möglichst hohe Spitzenhelligkeiten
  2. Möglichst dunkle Schwarzwerte

OLEDs setzen auf Variante zwei. Das liegt an ihrer Funktionsweise: OLED-Pixel können sich bei Bedarf wie eine Lampe ein- und ausschalten. Dadurch wird dunkelstes Schwarz möglich – auch True Black genannt.

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LCD-Pixel können das nicht. Sie schotten LED-Hintergrundlicht zwar ab, aber ein wenig Licht kommt trotzdem durch; bei LCD-Fernsehern ist Schwarz eher ein sehr dunkles Grau. Dafür leuchten LEDs viel heller als die organischen Leuchtdioden der OLED-Fernseher. LCD-TVs erhöhen ihren Kontrastumfang also über Variante 1.

Das Problem bei hohen Spitzenhelligkeiten: Farben verblassen. HDR steht nicht für blasse Farben. Das zweidimensionale Modell des Farbraums basierend auf einer vordefinierten Helligkeit reicht nicht mehr aus. Um Farben in Bild- und Videodateien korrekt zu kalibrieren, braucht es eine dritte Dimension: Helligkeit.

Ein dreidimensionales Modell von Farben
Ein dreidimensionales Modell von Farben
Quelle: Luca Fontana

Mit der Helligkeit entsteht ein neuer Begriff: das Farbvolumen. Es ist die Bandbreite aller darstellbaren Farben – Farbraum und Farbtiefe – in all ihren Helligkeiten. Soll heissen: Ein Fernseher mit 100% Farbvolumen ist in der Lage, selbst bei Spitzenhelligkeiten von 2000 Nits sämtliche Farben im vordefinierten Farbraum wiederzugeben, ohne, dass sie verblassen. Darin sind die QLED-Fernseher Samsungs ziemlich gut.

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Pixelmasse oder Farbwiedergabe? Farbe gewinnt

Trotz Marketingbemühungen sagt die Pixelmasse alleine nichts über die Bildqualität aus. Mit mehr Pixeln ist das Bild zwar schärfer, aber um wirklich etwas davon zu haben, muss der minimale Sitzabstand eingehalten werden. Der ist sehr nahe vor dem Fernseher.

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Die Farbwiedergabe bestimmt hingegen, wie natürlich und real das Bild wirkt. Deshalb ist sie viel wichtiger als die Auflösung in Pixeln. Zudem kommt, dass in den vergangenen zehn Jahren gerade hier die grössten Fortschritte erzielt worden sind.

Zusammengefasst: Je mehr Farben dein TV darstellen kann, desto natürlicher wirkt das Bild. Je höher der Kontrastumfang, umso mehr Details werden in hellen oder dunklen Bildbereichen sichtbar. Eine hohe Auflösung ist wichtig, wenn du einen grossen Fernseher hast oder weit davon entfernt sitzt. Wenn du den minimalen Sitzabstand aber nicht genau einhältst, verpufft der HD-Effekt schnell. Die Farbwiedergabe ist hingegen unabhängig vom Abstand zwischen dir und Fernseher.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 

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