
Nintendo Labo: Ein gelungenes Experiment

Das neuste Zubehör für die Nintendo Switch besteht aus Karton und muss selbst zusammengebaut werden. Verrückt? Nein, absolut genial.
Während Sony und Microsoft fleissig an der Pixelschraube drehen, macht Nintendo mal wieder, was Nintendo am besten kann: Etwas völlig anderes. Die neuste Erfindung der Japaner heisst Labo und besteht aus zwei Bastelsets aus Karton für die Switch. Die enthaltenen Modelle sind dabei nur die Vorspeise. Der Hauptgang verbirgt sich hinter dem Namen Toy-Con-Werkstatt. Aber eins nach dem anderen.
Bauen

Nintendo bietet aktuell zwei Sets an (plus eins zum Dekorieren): Das Variety Kit enthält fünf Sets und das Robot Kit eines, dafür das komplexeste. Eine physische Anleitung erhältst du nicht, die gibt’s in digitaler Form und ist in den Spielmodulen enthalten. Hier zeigt sich bereits der erste Geniestreich von Nintendo. Sowas hätte ich mir gewünscht, als ich früher Modellflugzeuge und Panzer zusammenleimte und ständig irgendwelche Teile vertausche. Nintendo liefert eine absolut verständliche, interaktive 3D-Anleitung, die Schritt für Schritt jeden Falt und jeden Steckplatz erklärt. Du kannst zoomen, die Kamera drehen, vor und zurückspulen – ein Traum. Und dazu gibt es einen funkigen Soundtrack. Wer hätte gedacht, dass eine Bastelanleitung so verspielt sein und so viel Spass machen kann? Nur, dass es keine Möglichkeit gibt, Prozesse zu überspringen nervt. Wenn du fünf identische Teile hast, darfst du fünf mal die gleiche Animation bestaunen.
Die verschiedenen Sets benötigen von 10 Minuten bis zu vier Stunden fürs komplette Zusammenbauen. Ich hab deutlich weniger Zeit benötigt als auf der Packung vermerkt war. Nintendo hat vermutlich auch Kinder im Hinterkopf gehabt. Allerdings braucht es ab und zu etwas Fingerspitzengefühl, wenn die Kreationen nicht schon vor der ersten Benutzung verbogen sein sollen. Labo wirkt schon jetzt wie das perfekte Projekt für Eltern.

Der Karton ist nicht besonders dick, macht aber einen relativ stabilen Eindruck. Dennoch bleibt es Karton und einmal draufstehen, quetscht dem Spielzeug schnell das Leben aus. Nintendo hat aber auch daran gedacht und liefert praktische Reparaturtipps gleich mit.
Entdecken
Hast du ein Set zusammengebaut, kannst du deine Kreationen in den mitgelieferten Minispielen ausprobieren: Angeln, Motorradfahren, Klavierspielen. Die Spiele bieten kurzweiligen Spass und es ist wirklich faszinierend, was Nintendos Ingenieure aus Karton für Konstruktionen erschaffen haben. Egal, ob Kind oder Erwachsener, wenn du die Angelrute drehst und es klickt, wie wenn du früher Jasskarten in die Velospeichen geklemmt hast, dann musst du einfach grinsen.

Eines der genialeren Sets ist das Klavier. Damit kannst du nicht nur wortwörtlich Katzenmusik machen, sondern auch deine eigene Musik aufnehmen. Oben steckst du Wellenkarten (eigene oder vorgefertigte) ein, welche die Klangfarbe verändern. Oder du programmierst mit einer Lochkarte ein einfaches Schlagzeug als Begleitmusik. Oder du legst den zweiten Joycon auf eine grosse Kartonschachtel und nutzt die Vibrationsfunktion, um völlig neue Klänge zu erzeugen.

Der Spass hört dort längst nicht auf. Im Menüpunkt «Entdecken» erfährst du mehr über das jeweilige Spielzeug und was du damit alles anstellen kannst. Hier lernst du auch, wie das ganze technisch funktioniert. Hauptattraktion sind die beiden Joycons. Dank Gyrosensor, Vibrationsfunktion und Infrarotkamera ermöglichen sie die unterschiedlichen Funktionsweisen. Das Klavier beispielsweise nutzt die Kamera im rechten Joycon in Kombination mit reflektierenden Aufklebern auf den Tasten. So sieht die Kamera, welche Taste betätigt wird. Die Joycons in der Brille und im Rucksack des Robot-Kits nutzen hingegen den Bewegungssensor, um Körperbewegungen ins Spiel zu übertragen. Ebenso einfach wie genial ist das Modellauto. Es bewegt sich durch die Vibration der Joycons. Du kannst sogar die Frequenz anpassen, um die Geschwindigkeit zu verändern. Der Entdecken-Bereich dient auch als Einführung für die eigentliche Attraktion – die Toy-Con-Werkstatt.
Kreieren
Die Toy-Con-Werkstatt ist Nintendos Programmierplattform, die erst freigeschaltet wird, wenn du jeden Punkt (inklusive Abschlusstest) im Entdecken-Menü für wenigstens ein Set abgeschlossen hast. Auf diesem unscheinbaren, schwarzen Bildschirm kannst du nun eigene Steuerungen entwickeln. Per Drag and Drop wählst du aus einer Liste Befehle, Bedingungen und Aktionen aus und kombinierst sie in Form von Blöcken miteinander. Du kannst als Eingabe beispielsweise das Schütteln des rechten Joycons festlegen. Die Ausgabe könnte dann das Abspielen eines Tons sein oder dass das Licht des Displays angeht. Du kannst alle Funktionen der Joycons nutzen. Zusätzlich gibt es den Mittelteil, in dem du Bedingungen wie UND, NICHT, Timer etc. einbauen kannst. Die Möglichkeiten damit sind immens. Hätte ich in meiner Lehre als Automatiker nicht ständig gepennt, stünde mir eine grosse Toy-Con-Karriere bevor.
Du kannst auch bestehende Toy-Con-Kreationen verwenden und ihre Funktionen miteinander kombinieren: Das kleine Auto mit der Angelrute steuern beispielsweise. Dafür benötigst du einfach vier Joycons. Alternativ baust du dir aus Karton – oder irgendeinem leichten Material – komplett neue Kreationen und steuerst sie mit den Joycons. Wer einen 3D-Drucker Zuhause hat, kann die wildesten Dinge bauen.
Das Programmieren funktioniert äusserst intuitiv und nur deine Fantasie setzt dir Grenzen.
Fazit: Karton hat nie mehr Spass gemacht
Unglaublich, was Nintendo hier abgeliefert hat. Labo ist ein genialer Baukasten voll Potenzial. Von der kinderleichten und unterhaltsamen Anleitung, zu den spassigen Minispielen bis zur intuitiven Programmierplattform hat Nintendo ein beeindruckendes neues Produkt geschaffen. Bastler kommen auf ihre Kosten durch die genial konstruierten Sets, Spielspass liefern die diversen Minispiele und kreative Köpfe finden Langzeitbeschäftigung in der Toy-Con-Werkstatt . Besonders von letzterer verspreche ich mir den grössten Ouput. Ich bin enorm gespannt, was die Menschen damit alles anstellen. Die Möglichkeiten sind riesig. Hervorheben sollte man auch das Lernpotenzial. Auf spielerische Weise wird erklärt, wie Schall funktioniert oder was ein Infrarotsensor ist. Egal, ob grosses oder kleines Kind, mit Labo wirst du lange Spass haben. Nintendo zementiert damit erneut seinen Ruf als kinder- und familienfreundlichste Spieleplattform.
Falls du noch mehr Controller für deine Projekte oder überhaupt eine Switch brauchst


Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.