

Raumluftmessung: Wuerfeli vs. Oxocard Science Plus

Die Oxocard Science Plus kann unter anderem die Raumluftqualität messen. Weil sie sich frei programmieren lässt, kann ich mit diesen Messungen alles Mögliche anstellen. Ich bilde das Messgerät QE Wuerfeli nach und baue noch einige Zusatzfunktionen ein.
Das QE Wuerfeli und die Oxocard Science Plus haben einiges gemeinsam. Beide stammen von einem Schweizer Unternehmen, beide können den Kohlendioxid-Gehalt der Luft messen, und beide verwenden dafür den CO₂-Sensor Sensirion SCD40. Dieser stammt ebenfalls von einer Schweizer Firma. Damit eignen sie sich als Raumluftmesser: In geschlossenen Innenräumen steigt der CO₂-Gehalt stetig an und ist ein guter Indikator, ob mal wieder gelüftet werden sollte.
Das war es dann aber schon mit den Gemeinsamkeiten. Ansonsten sind die beiden Produkte geradezu gegensätzlich. Das Wuerfeli ist ein maximal simples Gerät, an dem nichts eingestellt oder konfiguriert werden muss. Einfach einstecken und es läuft. Der Nachteil: Das Wuerfeli ist ein One-Trick-Pony. Es kann nur genau das, wofür es gemacht ist.
Die Oxocard ist das Gegenteil: ein frei programmierbarer Mikrocontroller mit diversen Mess-Sensoren. Neben dem CO₂ kannst du auch Feuchtigkeit, Helligkeit, Temperatur, Luftdruck, Distanzen oder Schall messen. Was du damit anstellst, ist dir überlassen: Die Oxocard bietet dir eine einfache Programmierschnittstelle, mit der du eigene Ideen verwirklichen kannst. Das Konzept habe ich in diesem Artikel genauer erklärt.
Das Modell Science Plus ist brandneu. Gegenüber dem bisherigen Science-Modell hebt es sich vor allem durch mehr und bessere Sensoren sowie einem eingebauten Lautsprecher ab.
Oxocard Science Plus als Wuerfeli-Nachbildung
Um auszuprobieren, wie flexibel die Oxocard ist, versuche ich, sie zu einem Wuerfeli zu machen.
Das Wuerfeli zeigt je nach Luftqualität vier Farben an: Blau für Alpenluft, Grün für in Ordnung, Orange für etwas stickig, Rot für sehr stickig. Das leitet sich direkt aus dem CO₂-Messwert ab:
- blau = bis 550 ppm (parts per million)
- grün = 550 bis 1000 ppm
- orange = 1000 bis 1600 ppm
- rot = über 1600 ppm
Da sich die Oxocard frei programmieren lässt, müsste sich dies ohne grösseren Aufwand darauf realisieren lassen. Das probiere ich aus. Und siehe da: In wenigen Minuten programmiere ich ein Skript, das je nach CO₂-Wert die passende Farbe anzeigt. Zusätzlich wird noch der entsprechende ppm-Wert eingeblendet. Es ist wirklich sehr einfach.

Quelle: David Lee
Allerdings muss ich zugeben, dass meine Nachbildung nicht ans Wuerfeli-Original herankommt. Dieses hat eine helle, dreidimensionale Anzeige, die von allen Seiten her erkennbar ist. Sie wechselt die Farbe mit Übergängen und pulsiert, wenn frische Luft hinzukommt. Bei wenig Umgebungslicht dimmt sie sich und nachts schaltet sie sich ganz aus. Dadurch stört das Gerät beim Einschlafen nicht und es braucht weniger Strom. Ein 5000 mAh-Akku reicht für mindestens drei Tage. Bei der Oxocard mit ständig eingeschaltetem Bildschirm reicht derselbe Akku etwa einen Tag.
Zumindest die Anzeige bringe ich für die Oxocard sicher noch besser hin. Ich mache mich also an eine neue Version des Skripts.

Quelle: David Lee
Schönere Anzeige
Ich hätte gerne einen Farbverlauf statt platte Einfarbigkeit. Am besten animiert. Da ich keinen Plan habe, wie ich das umsetzen soll, schaue ich mir ein paar mitgelieferte Beispielprogramme an und werde bei «Simple Clouds» fündig. Es stellt einen animierten Farbverlauf mit nur einer Grundfarbe und verschiedenen Helligkeitswerten dar.
Ich münze das Beispiel auf den CO₂-Farbcode um. Ich hätte die Animation gerne etwas ruhiger, unauffälliger gehabt – und dass sie von den Ecken zur Mitte fliesst. Aber ich weiss nicht, wie ich das Skript anpassen muss und ob das überhaupt möglich wäre.
Also programmiere ich selbst einen Verlauf von den Ecken her, mit Farbkreisen. Das Ergebnis: naja. Letztlich sieht ein einzelner Kreis in der Mitte doch schöner aus. Damit gebe ich mich zufrieden, auch wenn das nicht an den Wuerfeli-Look herankommt.
Bildschirm dimmen
Die Oxocard Science Plus hat einen Helligkeits-Sensor. Das alleine nützt mir noch nichts, doch nach einigem Suchen in der Dokumentation finde ich heraus, dass sich die Hintergrundbeleuchtung des Bildschirms mit dem Befehl «backlight()» dimmen oder ganz ausschalten lässt. Ich kann also die Oxocard dazu bringen, die Bildschirmhelligkeit der Umgebung anzupassen.
Bei völliger Dunkelheit stoppe ich im Skript das Zeichnen der Animation, da diese eh nicht sichtbar ist. Die Daten werden weiterhin geloggt.
Der Wuerfeli-Mechanismus ist noch etwas ausgefeilter. Es schaltet die Anzeige erst aus, wenn es einige Zeit dunkel ist. Auch das liesse sich in der Oxocard programmieren.
Durch das Abdunkeln stört das Gerät im Schlafzimmer nicht. Zudem sollte es theoretisch auch weniger Strom verbrauchen; praktisch hält der Akku allerdings nicht merklich länger durch. Wahrscheinlich ist es der Prozessor, der den grössten Teil des Stroms verbraucht.
Warnton
Wenn es darum geht, möglichst Wuerfeli-ähnlich zu sein, gewinnt logischerweise immer das Wuerfeli. Das kann nicht das Ziel sein. Stattdessen verpasse ich meinem CO₂-Programm ein paar Zusatzfunktionen, die das Wuerfeli nicht hat. Als erstes mache ich vom eingebauten Lautsprecher Gebrauch. Der soll ein Warnsignal ausgeben, wenn die Farbe zu einer schlechteren Qualität wechselt. Damit kompensiere ich den Nachteil, dass die Anzeige der Oxocard nur von vorne gut zu erkennen ist.
Wechselt die Farbe von blau zu grün, piepst es einmal. Von grün zu orange drei Mal. Von orange zu rot piepst es fünf Mal etwas länger.
Datenaufzeichnung
Mit der Oxocard lassen sich Messdaten dauerhaft aufzeichnen, also in einer Datei speichern. Für die Science Plus existiert ein Beispielskript, das die CO₂-Werte einer ganzen Woche speichert und anzeigt. Auch wenn das Skript gestoppt oder die Karte gar vom Strom gekappt wird, bleiben die Daten erhalten und beim nächsten Programmstart kann die Aufzeichnung fortgesetzt werden. Durch die Änderung einer einzigen Zeile im Skript protokolliert es statt CO₂ auch die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit.
Das Skript speichert die Daten allerdings in einem Binärformat, mit dem ich am Computer nichts anfangen kann. Ich programmiere mir deshalb mein eigenes Log-File im CSV-Format. Das kann ich dann in Excel oder ein anderes Tabellenkalkulationsprogramm importieren.

Quelle: David Lee
Im Moment habe ich keine Verwendung für diese Daten. Allenfalls könnte es nützlich sein, auf die gleiche Art die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit zu erfassen und den Sensor in einem Raum aufzustellen, wo ich nur selten bin. Das Tolle ist, dass ich es jederzeit erweitern und anpassen kann.
Als vorläufig letztes Extra zeigt das Skript den Durchschnittswert der laufenden Session an, wenn ich eine der Pfeiltasten drücke. Auch hier: Bisher habe ich keinen Verwendungszweck dafür, es entstand aus Freude am Basteln.

Quelle: David Lee
Die Oxocard ist, was ich daraus mache
Meine Nachbildung des Wuerfelis ist alles andere als perfekt. Dennoch bestätigt sie: Ich kann aus der Oxocard Science Plus ein Messgerät nach meinen eigenen Vorstellungen machen. Sei es etwas total Simples wie das Wuerfeli oder ein ausgefeiltes Datenauswertungs-Tool.
Das braucht aber Zeit und Geduld. Nur wenn dir das Programmieren Spass macht, ist die Oxocard Science Plus das richtige Gerät für dich.
Das Wuerfeli ist dagegen perfekt für alle, die keine Zeit oder Lust haben, sich mit dem Gerät auseinanderzusetzen. Es erfordert keine Einarbeitung, keine Konfiguration, überhaupt nichts. Plug and play im besten Sinne. Und es animiert dich genauso gut zum Lüften wie jedes andere CO₂-Messgerät.
Immerhin musst du auch bei der Oxocard nicht alles von Grund auf selbst programmieren. Es gibt zahlreiche Beispielskripts. Das, was ich für diesen Beitrag programmiert habe, kannst du ebenfalls weiterverwenden: Hier gehts zum Download.


Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.