
Ratgeber
Bardelli fährt Castelli – kannst du auch, musst du aber nicht
von Patrick Bardelli
Auf dem Velo richtig angezogen zu sein, ist kompliziert, aber entscheidend. Speziell im Herbst und Winter. Darum kommt hier (fast) alles zum Wie, Was und Wann.
Radfahren im Winter ist cool. Wortwörtlich. Mit der richtigen Ausrüstung und vor allem mit der richtigen Bekleidung kommst du trotzdem nichts ins Frösteln. Wie schon in der Sommeredition dieses Ratgebers, vorneweg der Disclaimer: Du kannst natürlich auf dem Velo anziehen, was du willst.
Vielleicht pendelst du zur Arbeit, vielleicht holst du am Sonntagmorgen Brötchen in der Bäckerei, vielleicht trainierst du während der kalten Monate ausschliesslich drinnen auf der Rolle oder vielleicht steht das Fahrrad bis zum nächsten Frühling einsam und verlassen im Keller. Vielleicht nutzt du das Velo, so wie ich, aber auch als Sportgerät. Und zwar draussen, bei (fast) jedem Wetter. Spätestens dann wird’s in Sachen Kleidung kompliziert. Speziell im Herbst und Winter.
Hier kommt also der Ratgeber fürs Rennvelo und das Gravelbike in der kalten Jahreszeit.
Das Zauberwort heisst Layering. Das gilt ebenso im Frühling und Sommer. Weil die Aussentemperaturen im Herbst und Winter tiefer sind und der Fahrtwind dadurch kälter ist, gilt das Zwiebelprinzip jedoch speziell in der kalten Jahreszeit. Von wegen Windchillfaktor. Das bringt jedoch alles nichts, wenn die Klamotten unterwegs im Fahrtwind flattern. Dann schleicht sich die Kälte durch die Schichten und du beginnst zu frieren. Darum gilt: Tight bleiben.
Hautenge Kleidung hält nicht nur die Kälte draussen, sondern auch die Körperwärme, die beim Radeln entsteht, drinnen.
Mit diesen drei Schichten hast du auch bei leichter Kleidung einen guten Schutz vor Nässe und Kälte, da sich zwischen ihnen kleine Luftpolster bilden, die die Körperwärme speichern. Vergiss also im Winter die dicke Daunenjacke auf dem Bike.
Im Stillstand sollte sich das draussen alles ein Mü zu kalt anfühlen. Wenn dann nach ein paar Minuten die innere Heizung anspringt, stimmt die Temperatur. Wer vor dem Fahren bereits ins Schwitzen kommt, ist zu warm angezogen.
Zusammengefasst heisst das:
Im Sommer war ich mit Castelli unterwegs. Erstens weil die Produkte der Italiener gut sind und zweitens, weil der Brand zu meinem Namen passt. Für die Winteredition des Ratgebers habe ich mich dieses Mal für Assos entschieden. Erstens weil die Produkte gut sind und zweitens, weil der Brand aus der Schweiz kommt. Der Hauptsitz von Assos befindet sich im Tessin, womit wir auch hier einen lateinischen Bezug haben.
Wichtig bei der Jacke: Sie sollte aus wind- und wasserabweisendem Material bestehen. Ein Velotrikot ist kein Ersatz für die Winterjacke. Das «Mille GT Winter Jacket EVO» von Assos wurde entsprechend speziell für alle Fahrerinnen und Fahrer entwickelt, die das ganze Jahr über draussen fahren und deshalb auf kombinierte Textilien vertrauen, die nicht nur Schutz und Komfort bieten, sondern auch die vorgebeugte Position auf dem Rennrad berücksichtigen. Ein ebenfalls wichtiger Aspekt, damit der untere Rücken auch auf dem Rad geschützt bleibt.
Das «Mille GT C2» ist atmungsaktiv, hat eine mittlere Isolierung und trocknet schnell. So bleibt auch bei kaltem Wetter das Mikroklima angenehm, ohne sich stickig anzufühlen, sollte der Tag wärmer werden. Die Ärmel haben Abschlüsse mit verringertem Volumen, sodass du Handschuhe darüber tragen kannst. Für Fahrten bei schlechten Lichtverhältnissen ist der hintere Saum mit reflektierenden Details ausgestattet. Eine integrierte Brillenhalterung am rechten Ärmel bietet Platz für die Sonnenbrille.
Die Temperaturregulierung ist das ausschlaggebende Qualitätsmerkmal von Baselayers, vor allem bei Modellen für den Winter. Assos hat dazu ein neues «Winter LS Skin Layer» entwickelt. Es wird aus einem dickeren Stoff gefertigt, hat einen höheren Kragen und ist dehnbarer als das Frühlings-/Herbstmodell. So entsteht eine Schicht unter den anderen Kleidungsstücken, die noch besser isoliert. Passt jetzt im Herbst.
Als Fortsetzung des «Winter LS Skin Layers» speichert die Ultraz-Kollektion durch das Woll-Mischgewebe noch mehr Wärme und bildet ein noch effektiveres Schutzschild vor Wind. Die gemäss Hersteller ultimative erste Schicht gegen harte Winterbedingungen. Perfekt im Winter, wenn es kälter wird.
Auch kalte Beine auf dem Velo sind doof. Im Frühling und Herbst kannst du Shorts und dazu zur Not Beinlinge tragen. Spätestens im Winter sind jedoch lange Velohosen angesagt. Das Material der Hose von Assos sorgt für eine gute Atmungsaktivität, um untenrum ein trockenes, warmes Mikroklima zu erhalten.
Und ganz wichtig: Beim Velofahren wirken so genannte Scherkräfte. Diese entstehen durch die wechselseitige Belastung der Tretbewegung. Die leichte, aber ständige Bewegung des Beckens auf dem Sattel sorgt für schmerzhafte Scherkräfte an der Knochenhaut. Darum ist einerseits der richtige Sattel von grosser Bedeutung und andererseits die richtige Velohose. Dies ist eine Wissenschaft für sich. Nur soviel: Wenn du schon länger mit dem Rad unterwegs bist, wirst du die richtige Fahrradhose für dich gefunden haben. Wenn du erst damit anfängst, bleibt dir nichts anderes übrig, als im Ausschlussverfahren so lange zu pröbeln, bis du die richtige Hose für deinen Po gefunden hast. Denn nur dein Po ist wie dein Po. Und ganz wichtig: Unter der Velohose trägt man KEINE Unterhose. Auch nicht im Winter.
Die Doppelstrick-Layers von Assos bieten atmungsaktive Isolierung und schützen Stirn und Ohren gegen die eisigen Temperaturen im Winter. Mit der verbesserten Passform soll das Cap auch bei langem Haar top sitzen. Kann ich leider nicht beurteilen 😉. Die Atmungsaktivität verhindert jedoch, dass es unter dem Helm zu heiss wird oder sich innen Feuchtigkeit ansammelt.
Statt der Handfläche aus Microfaser bestehen diese Handschuhe aus einem neuen atmungsaktiven, wasserabweisenden Thermotextil, das guten Grip am Lenker, Beweglichkeit der Finger sowie ein angenehmes Griffgefühl bietet. Microfasern neigen dazu, Feuchtigkeit wie Schweiss oder kaltes Spritzwasser aufzunehmen – das ist hier dank des neuen Textils nicht der Fall. Ich bin Fan dieser Handschuhe.
Assos hat die Wintersocken mit einer Zehenpartie aus Frottee optimiert, die die Thermoregulation verbessert. Dadurch sollen die Socken lange halten. Der verlängerte Schaft – von 15 cm auf 17 cm – verstärkt die Isolierung und reduziert das Risiko, dass Lücken zwischen Socken und den langen Velohosen entstehen.
Die «GT Winter Booties» werden aus dem gleichen, mit einer Membran unterlegten Material hergestellt wie die winterfesten Jacken von Assos, sodass die Füsse und Knöchel bei kaltem Winterwetter vollkommen geschützt sind. Nachteil: Es ist recht mühsam, die Dinger über die Schuhe und wieder von ihnen runterzuziehen. Ein Klettverschluss an der Sohle, wie das Modelle anderer Hersteller haben, würde das An- und Ausziehen erleichtern.
Nie ohne Brille aufs Bike. Eine einfache Regel, die speziell im Herbst und Winter ihre Richtigkeit hat. Denn sie schützt nicht nur die Augen vor lästigen Insekten und Steinchen, sondern hält in der kalten Jahreszeit den zuweilen eisigen Fahrtwind ab. So tränen die Augen nicht und du musst dir auch keine Gedanken über allfällige Augenentzündungen machen.
Und wer mich kennt, weiss: In Sachen Velobrille kann es nur eine geben ...
Ich versuche im Winter Strecken mit allzu vielen Höhenmetern zu meiden. Denn rauf kommst du in den Winterklamotten ins Schwitzen, runter kühlt dich der Fahrtwind wieder ab und du beginnst zu frieren. Das ist in meiner Region einerseits einfach, denn es hat hier keine hohen Berge. Andererseits geht es stetig rauf und runter. Flach ist es eigentlich nie. Ich habe mir aber so meine unterschiedlichen Routen für warm und kalt, mit mehr oder weniger Höhenmeter, zurechtgelegt. Fazit für den Winter: Wenn möglich, Touren auf flachem Terrain.
Du möchtest mit Velobekleidung eines anderen Brands durch Herbst und Winter radeln? Alle Produkte dazu findest du hier.
Titelfoto: Daniela RohrVom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.