Hintergrund

Show mit 1300 Drohnen: Darum solltest du jetzt nach Genf reisen

Lorenz Keller
18.5.2023
Bilder: Manuel Wenk

Am Auffahrtswochenende kannst du an drei Abenden ein gigantisches Lichtspektakel geniessen – gratis direkt am Genfersee. Wir haben vorab einen Blick hinter die Kulissen gewagt.

Cédric Schaller ist im Stress. Der Directeur Générale des französischen Unternehmens Groupe F ist verantwortlich für die grösste Drohnenshow in Europa. Und am Tag vor der Premiere am Auffahrtsdonnerstag zeigt sich das Wetter von seiner drohnenfeindlichen Seite.

Der Wind peitscht mit 50 Kilometern pro Stunde über den Lac Léman. Und das ist ein Problem, denn Schallers 1300 Drohnen können nur bis rund 30 Kilometer pro Stunde sicher navigieren. Zum Glück ist für die drei Shows vom 18. bis am 20. Mai deutlich besseres Wetter angesagt.

Die Angst vor der Drohnen-Konkurrenz

«Wir sind nun schon seit fast einer Woche am Aufbauen und Testen», erzählt Schaller. Doch das schlechte Wetter mit Regen und Wind hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Darum hat der Directeur Générale einen Tag vor der Premiere eigentlich auch nicht wirklich Musse für Journalisten.

Die Nervosität im kleinen Camp am künstlichen Strand «Plage des Eaux-Vives» mit Blick auf Genfs Stadtzentrum ist spürbar. Damit der Zeitplan eingehalten werden kann, wird fieberhaft gearbeitet. 30 Minuten nimmt sich Schaller dann doch Zeit, um uns einen kurzen Einblick zu geben.

Viele Details sind top secret. Zu gross ist die Angst des französischen Unternehmens, dass die Konkurrenz die Drohnen und Pyrotechnik-Tricks kopiert.

Cédric Schaller und die Groupe F sind sich ja eigentlich Grossereignisse gewohnt. Sie haben beispielsweise das Feuerwerk an den Olympischen Spielen in Rio 2016 ausgerichtet. Der Event in Genf unter dem Titel «Feu Ô Lac» ist ebenfalls eine richtig grosse Kiste.

Cédric Schaller ist als Directeur Générale für die Drohnenshow in Genf verantwortlich.
Cédric Schaller ist als Directeur Générale für die Drohnenshow in Genf verantwortlich.
Quelle: Manuel Wenk

Dank der 1300 fliegenden Maschinen ist sie die grösste Drohnenshow, die es je in Europa gab. «Wir bereiten uns seit drei Monaten darauf vor», sagt Schaller. «Schwierig ist, dass wir hier recht wenig Platz haben.»

Das erstaunt, ist das Seebecken immerhin fast einen Kilometer breit. «Die Drohnen haben aber jeweils mindestens einen Meter Abstand voneinander», erklärt Schaller und holt eines der Flugmodelle aus dem grossen Zelt. Der Rest der Drohnen ist windgeschützt verpackt auf den Ladestationen. Alles total geheim, weil selber entwickelt. «Vor allem in die grossen Drohnen, die Pyrotechnik und Lichteffekte haben wir viel investiert.»

Drohnen kennen Standort auf einen Zentimeter genau

Das kleine Modell, das zu Hunderten zum Einsatz kommt, können wir anschauen. Unten ist ein grosses LED-Licht montiert, oben ein RTK-Modul. Die Drohne beherrscht damit Echtzeitkinematik: Die genaue Position wird nicht nur mit einem normalen GPS gemessen, sondern mit mehreren Satellitensystemen gleichzeitig berechnet. Bis auf einen Zentimeter genau weiss die Einsatzzentrale jederzeit, wo sich die Drohne befindet.

Eine der vielen kleinen Drohnen: unten mit LED-Licht, oben mit Navigations-Modul.
Eine der vielen kleinen Drohnen: unten mit LED-Licht, oben mit Navigations-Modul.
Quelle: Manuel Wenk

Gesteuert wird die Show aus einem mit Technik vollgestopften Lastwagen-Trailer. Ausnahmsweise dürfen wir schnell reinschauen, als die Techniker ein paar Minuten Pause machen. Auf den grossen Flachbildschirmen sehen wir 3D-Animationen, aber auch die aktuellen Windmessungen und Videobilder vom Flugbereich. Über einen speziellen Funkbereich sind die Operatoren mit den Drohnen verbunden.

«Bei den Shows selber sind dann rund 100 Angestellte im Einsatz», sagt Cédric Schaller. Sie überwachen jede Bewegung der Flugobjekte. Tanzt eine Drohne aus der Reihe oder werden andere Unregelmässigkeiten festgestellt, fliegt sie nach unten weg und kann landen.

Aus dieser Schaltzentrale in einem Lastwagenanhänger werden die 1300 Drohnen gesteuert.
Aus dieser Schaltzentrale in einem Lastwagenanhänger werden die 1300 Drohnen gesteuert.
Quelle: Manuel Wenk

Zum Sicherheitskonzept gehört auch, dass die Polizei das Seebecken für Boote sperrt. Und was ist mit den Tieren? «Der grosse Vorteil ist, dass die Show trotz Pyrotechnik viel leiser ist als ein richtiges Feuerwerk», sagt Schaller. Das wird Hunde und Katzen freuen. Mit Vögeln habe man noch nie Probleme gehabt, da sie im Umfeld von Stadt und Flughafen Lärm gewohnt und in der Nacht auch weniger aktiv seien.

20 Minuten Show an drei Abenden

Trotzdem glaubt der Directeur Générale nicht daran, dass Drohnenshows die Feuerwerke komplett ablösen. «Drohnen sind momentan im Trend, vor ein paar Jahren waren es gigantische Video- oder Laserprojektionen. Mittelfristig wird es eine Kombination aller Technologien sein», mutmasst er. Der grosse Vorteil sei, dass mit diesem Mix ganze Storys am Himmel erzählt werden können.

So ist «Feu Ô Lac» auch nicht einfach ein Lichtspektakel, sondern eine von Musik untermalte Geschichte. Genfer Wahrzeichen wie der See oder die 140 Meter hohe Wasserfontäne Jet d’Eau werden miteinbezogen. Details will der Drohnen-Chef vorab aber noch nicht verraten.

Ein letztes Foto, dann muss Drohnen-Chef Cédric Schaller schnell wieder weiter.
Ein letztes Foto, dann muss Drohnen-Chef Cédric Schaller schnell wieder weiter.
Quelle: Manuel Wenk

Rund 20 Minuten dauert das Spektakel, das am Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils um 22 Uhr startet. Der passende Sound wird an zentralen Orten über Lautsprecher und in der gesamten Stadt über einen Radiosender abgespielt. Rund um das Seebecken gibt’s zudem das ganze Wochenende Konzerte, Streetfood und spezielle Aktionen.

Nicht nur für Technikfans könnte es also an Auffahrt durchaus attraktiv sein, nach Genf statt ins Tessin zu fahren. Ein paar erschwingliche Hotelbetten sind auch noch frei. Alle Infos zu «Feu Ô Lac» gibts auf einer speziellen Webseite.

Nun muss Cédric Schaller aber wirklich weiter. Er erzählt noch schnell, dass das Unternehmen rund zehn richtig grosse Shows pro Jahr plant. Dann verschwindet er mit der Drohne in der Hand im geheimen Zelt.

Titelfoto: Groupe F, Show in Versailles 2021

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Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.


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