Ratgeber

Spiele nicht mit den Gefühlen eines Bookaholics

Es gibt sieben Dinge, die du einem Buch nie antun darfst. Niemals.

Während meiner Kanti-Zeit besserte ich mein Taschengeld in der örtlichen Bibliothek auf, indem ich neue Bücher mit selbstklebender Schutzfolie einfasste. Rückblickend entwickelte ich dort wohl meinen exzentrisch liebevollen Umgang mit Druckwerken. Seither sind mir Bücher heilig und auch dementsprechend zu behandeln.

Das sind die sieben Todsünden, die du als Buchbesitzer nicht begehen darfst:

1. Hüllenloses Frevel

Weisst du eigentlich, was deinem Buch in den unendlichen Weiten deines Rucksacks – oder schlimmer: in der Enge deiner Handtasche – alles zustossen kann? Kratzer, eingedrückte Blattränder, ausgelaufene Desinfektionsmittel und, ich wage es kaum auszusprechen, eingerissene Einbänder. Da kannst du deine Lektüre gleich durch den Reisswolf jagen. Deshalb werden ausserhalb meiner vier Wände Bücher lediglich gehört, nicht gelesen. Sollte ich doch mal den abenteuerlichen Wunsch verspüren, mich von meinen physischen Büchern auf einer Zugfahrt begleiten zu lassen, dann nur unter einer Bedingung: Sie werden ordentlich eingepackt. In eine spezielle Hülle aus Stoff.

Ja, so was gibt's.

Nimm von mir aus einen Jutebeutel oder sonst etwas, aber schütz deine Bücher auf Reisen.
Nimm von mir aus einen Jutebeutel oder sonst etwas, aber schütz deine Bücher auf Reisen.

2. Geborgt. Gebraucht. Geschichte.

Nenn es egoistisch, aber ich leihe meine Bücher niemandem aus. Dafür habe ich drei Gründe:

a) Wer gerne die Verantwortung für fremdes Eigentum übernimmt, geht zu sorglos durchs Leben. Das ist nicht der Umgang, den ich mir für meine Bücher wünsche.

b) Das Buch kommt immer in einer schlechteren Verfassung zurück, als es gegangen ist.

c) Vergiss b), du siehst das Buch ohnehin nie wieder.

3. Eselsohren gehören auf eine griechische Farm – nicht in dein Buch

Ein Knick in einer Seite ist nur ein Zeichen für mangelnde Disziplin und dein Einweg-Ticket in die Hölle. Du hast grad kein Lesezeichen zur Hand? Verwende ein anderes Werkzeug. Darf ich vorstellen? Das Gedächtnis.

4. Runter vom Couchtisch

Dein Couchtisch, pardon Coffeetable, ist eine lebensfeindliche Umgebung für Bücher. Hier vier sehr plausible Szenarien, die dagegen sprechen, deine Bücher offen auf einem Tisch herumliegen zu lassen:

Szenario 1: Du verschüttest deinen überteuerten Pumpkin Spice Latte. Dein Buch, saugfähig und etwas scharf auf Kürbis, fällt dem Trendgesöff zum Opfer.

Szenario 2: Deinen Pumpkin Spice Latte überlebt das Buch und du stellst die leere Tasse zufrieden auf deinem Couchtisch ab. Dann der Schock: Deine Bücher sind total ausgebleicht. Die unerbittlichen Sonnenstrahlen haben dem aufwendig illustrierten Cover, welches übrigens der einzige Grund für den Kauf war, das farbenfrohe Leben ausgehaucht.

Szenario 3: Dein Freund missbraucht deine Bücher als Untersetzer und platziert sein Jumbo-Glas Himbeersirup darauf. Eine Narbe für die Ewigkeit.

Szenario 4: Eine Taube quetscht sich durch das schräg gestellte Fenster und scheisst deine Bude voll. Auch deine Bücher. Dieses Szenario wurde mit dem «Based-on-a-true-Story»-Gütesiegel ausgezeichnet.

Deshalb: Pack deine Bücher in ein Regal und nenn es Nächstenliebe.

Im Regal mit Türen sind deine Bücher vor Licht und kriminellen Tauben geschützt.
Im Regal mit Türen sind deine Bücher vor Licht und kriminellen Tauben geschützt.

5. Überdehnen

Ein Taschenbuch ist die kostengünstige Variante zur gebundenen Ausgabe. Kein Grund, das gute Stück mit weniger Respekt zu behandeln. Zum Beispiel, indem du die Frechheit besitzt, dein Buch in den Spagat zu zwingen, nur um alles gut lesen zu können. Oder indem du es gar wagst, eine Buchhälfte so zu halten, wie es im Titelbild zu sehen ist. Erspar deinem Buch die Falten, die sich dadurch auf seinem Rücken bilden und wechsle zum gepflegten 90-Grad-Winkel. Dein Lesefeld wird hier zwar deutlich eingeschränkt und das Leseerlebnis ist alles andere als entspannt, dafür kannst du abends ohne schlechtes Gewissen ins Bett fallen.

6. Tattoos

Notizen, Leuchtstiftspuren und «Karin» in krakeliger Blockschrift als Antwort auf ein «Dieses Buch gehört:» zeichnen dein Buch fürs Leben. Widerstehe deshalb dem narzisstischen Drang, dich überall verewigen zu wollen. Eines Tages – und der Tag wird kommen – wirst du das Buch in die tröstenden Arme einer Brockenstube geben, wo es sich von seiner besten Seite zeigen muss, um neue, potenzielle Besitzer zu bezirzen. Da kommen die Spuren der Vergangenheit einem Liebes-Tattoo zu Ehren des Ex-Freundes gleich. Total der Abturner. Noch erniedrigender ist nur Eines: Der «Mängel-Exemplar»-Stempel, den Buchhandlungen ihren Büchern aufdrücken, bevor sie sie auf den Grabbeltisch werfen, wo sie den gierigen Fingern übereifriger Schnäppchenjägern schutzlos ausgeliefert sind.

7. Kavaliersdelikte

Die grössten Verbrechen an literarischen Werken haben wir durch. Es folgen zum Schluss kleinere Vergehen:

  • Fingerabdrücke auf matten Einbänden, die aussehen, als hättest du nach dem Big Mac umgehend zum Schmöker gegriffen statt zur Serviette.
  • Preisaufkleber und «Bestseller»-Sticker, die du nicht innerhalb einer 24-Stunden-Frist nach dem Kauf entfernst. Und zwar sorgfältig, ohne Rückstände zu hinterlassen.
  • Einbände, die du abnimmst, nur um «praktischer» lesen zu können.
An diesem Buch darfst du dich austoben.
An diesem Buch darfst du dich austoben.

Sei ein guter Mensch. Nimm Rücksicht und spiele nicht mit den Gefühlen eines Buchliebhabers. Und solltest du jetzt immer noch oder erst recht den Wunsch verspüren, ein Buch zu schänden, dann leb dich an diesem selbstzerstörerisch veranlagten Exemplar aus:

Mach dieses Buch fertig (Deutsch, Keri Smith, 2013)
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CHF13.70

Mach dieses Buch fertig

Deutsch, Keri Smith, 2013

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 


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