
Ratgeber
Tier im Recht: Echtpelz, Kunstpelz oder Secondhand – was ist okay?
von Darina Schweizer
Wenn du in den Sommerferien mitleidige Blicke auf magere Strassentiere wirfst, dann spitz die Ohren. Caroline Mulle von der Stiftung für das Tier im Recht verrät, wie du den Vierbeinern helfen kannst – und warum Adoptieren nicht immer die beste Lösung ist.
Spürst du schon das prickelnde Salz auf der Haut? Die Sommerferien nahen, und für ein Hardcore-Sommerkind wie mich ist das der Höhepunkt des Jahres. Doch eines betrübt mich im Süden jedes Mal: die Tiere auf den Strassen.
Spindeldürr und zerzaust würde ich ihnen am liebsten ein neues Zuhause schenken. Doch wäre das eine gute Idee? Ich habe bei Caroline Mulle, rechtswissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung für das Tier im Recht, nachgefragt.
Caroline Mulle, bald ist Ferienzeit. Einige Leute bringen aus dem Süden nicht nur Souvenirs, sondern auch Haustiere zurück. Ist das zu empfehlen?
Nein. Obwohl oft gut gemeint, löst das Mitnehmen von Tieren die Probleme in den jeweiligen Ländern nicht. Oftmals wären die Tiere bei richtiger Betreuung an ihrem Herkunftsort glücklicher. Viele Leute unterschätzen den Aufwand und die Herausforderungen zu Hause.
Was meinen Sie damit?
Ehemalige Strassentiere brauchen oftmals viel Geduld und Einfühlungsvermögen und haben allenfalls ihr ganzes Leben Mühe mit bestimmten Situationen. Obwohl es tolle Tiere sind, muss man die Bereitschaft haben, sein Leben auf ihre Bedürfnisse auszurichten. Viele Leute bedenken das nicht und sind mit der Eingewöhnung und Erziehung überfordert …
… und dann landen die Vierbeiner in unseren bereits überfüllten Schweizer Tierheimen?
Das ist leider oft der Fall, ja.
Also würden Sie allgemein sagen: Die magere Strassenkatze aus den Ferien nicht mitnehmen?
Ja. Natürlich darf man die Katzen und Hunde mit unschädlichem Futter füttern. Möchte man sich nachhaltig im Ausland für Tiere einsetzen, unterstützt man vorzugsweise eine lokale Tierschutzorganisation, die auch Kastrationsaktionen durchführt.
Wenn ich mich nun aber doch in einen Strassenhund verliebt habe und den Aufwand und die Risiken auf mich nehmen will: Wann darf ich ihn importieren und wann nicht?
Grundsätzlich ist die Einfuhr von Hunden mit coupierten Ohren und/oder Ruten verboten. Generell beträgt das Mindestalter 56 Tage. Jüngere Tiere müssen von einem erwachsenen Tier begleitet werden, das es säugen kann. Bei Tollwut-Risikoländern wie Serbien, Indonesien, Albanien, Costa Rica, China etc. ist besondere Vorsicht geboten.
Weshalb?
Dort sind umfassendere Importvoraussetzungen zu erfüllen: Impfung, Wartefrist, ein positiver Antikörpertest – und bei der Einfuhr auf direktem Luftweg eine Bewilligung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Zudem müssen die Tiere grundsätzlich mindestens sieben Monate alt sein, da ansonsten die Wartefristen gar nicht eingehalten werden können.
Worauf gilt es bei der Einfuhr weiter zu achten?
Damit ein Grenzübertritt in die Schweiz als privater Import gilt, dürfen nicht mehr als fünf Tiere mitgeführt werden, sie müssen beim Grenzübertritt von ihrer Halterin oder ihrem Halter begleitet werden und sie dürfen in der Schweiz danach nicht verkauft oder verschenkt werden. Ausserdem benötigt man einen Heimtierpass vom behandelnden Tierarzt.
Womit muss man rechnen, wenn man nicht alle Bestimmungen einhält?
Dann droht die Beschlagnahmung der Tiere an der Grenze und leider oft auch die Einschläferung. Zudem macht man sich strafbar. Es ist also wichtig, sich vorab ausreichend zu erkundigen. Das BLV bietet ein hilfreiches Online-Tool an.
Wenn ich die ganze Bürokratie nicht will, kann ich dann nicht ausländische Tiere online beziehen, die direkt in die Schweiz vermittelt werden?
Ich rate davon ab. Auch eine Organisation ist nicht zwingend ein Garant für eine seriöse Vermittlung. Auch sollte man das Tier immer sehen, bevor man es kauft.
Weshalb?
Es ist wichtig, abschätzen zu können, wie das Tier bis anhin gehalten wurde. Auch kann man sich so gegenseitig kennenlernen und abschätzen, ob man zusammenpasst. Deshalb sollten Tiere nicht im Internet «bestellt» werden. Dabei handelt es sich bei an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Tierhandel.
Wie erkennt man seriöse Anbieter?
Das ist sehr schwierig. Der Verkäufer sollte mindestens Angaben zum Tier – wie zum Beispiel über die Rasse, die Herkunft, das Zuchtland, die Impfung und die Entwurmung – machen. Auch Angaben zu sich selbst und die Möglichkeit zu einer Besichtigung, allenfalls bei einer Pflegestelle, sind ein gutes Zeichen. Seriöse Verkäufer möchten die neuen Halterinnen und Halter kennenlernen und stehen normalerweise auch für Fragen nach dem Kauf zur Verfügung. Doch ganz sicher kann man sich nie sein.
Meine Meinung nach dem Gespräch mit Caroline Mulle steht fest. Ich werde kein Tier aus dem Ausland importieren, so leid mir die Streuner auch tun. Letztlich mache ich mehr für das Tierwohl, wenn ich einen Vierbeiner in den Schweizer Tierheimen adoptiere.
Hast du schon einmal ein Tier aus dem Ausland adoptiert oder darüber nachgedacht? Schreibe es in die Kommentare.
Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.