

Von Neinhorn bis Schlinkepütz: 6 grossartige Kinderbücher

Hier kommen meine Empfehlungen für Bücher, die du Kindern im Alter zwischen 5 und 7 Jahren vorlesen kannst. Es sind fantasievolle Geschichten mit sprechenden Tieren oder lustigen Monstern, Abenteuern und unglaublichen Naturphänomenen.
«Papa, liest Du mir noch eine Geschichte vor? Biiiiitte!» Zack, klar, die Sechsjährige hat mich mal wieder um den Finger gewickelt. Ich lese ihr vor. Mal wieder.
Aber ich sollte nicht jammern. Kinder, die mit Büchern aufwachsen, sollen es gemäss Studien ja einmal weiter bringen im Leben. Zumindest weiter als diejenigen, die nur vor der Glotze oder an den diversen Spielkonsolen hocken. Und mir persönlich ist ein Bücherwurm in der Familie auch lieber als ein TV-Junkie.
Seit dem Alter, ab dem unsere Tochter Bücher nicht mehr für Nahrungsmittel hielt oder sie hauptsächlich am liebsten greifen und auf den Boden werfen wollte, lesen meine Frau und ich ihr vor. Ich glaube behaupten zu dürfen, die Bandbreite des literarischen Angebots ganz gut überblicken zu können – von den ersten Fühlbüchern über die mit harten Pappkarton-Seiten und den ersten Bildergeschichten mit wenig Text bis hin zu den klassischen Vorlesebüchern.
Neulich hatten wir wieder einmal ein Buch in den Händen, das beim Vorlesen fast schon Schmerzen verursachte. Irgendwas mit einem Pony, einem Mädchen in einer neuen Stadt, die eine Freundin sucht, die erst ganz doof ist, dann «vom hohen Ross fällt» und dadurch doch noch nett wird. Da reihten sich Fachbegriffe des Reitsports an plumpe Sprachmetaphern rund ums Reiten an seltsame Vergleiche, die man als Kind nicht versteht, sondern nur im gesegneten Alter der Autorin. Welche Sechsjährige kennt denn schon Dick und Doof?
Über dieses Buch habe ich mich so aufgeregt, dass ich für dich sechs der Bücher aus dem Regal geholt habe, die ich uneingeschränkt gerne vorlese und deshalb empfehlen kann, wenn du auch als Erwachsener Freude haben willst beim Vorlesen.
«Wenn Riesen reisen» von Ralph Caspers
Darum geht’s: Wie entstehen Wolken? Was sind schwarze Löcher? Wie schnell wachsen Haare? Kinder haben tausend Fragen. Manches wissen selbst Mamis und Papis nicht. Und wer mag schon die trockenen Weisheiten aus Wikipedia: «Wolkenbildung bezeichnet den Prozess der Entstehung von Wolken durch Kondensation oder auch Resublimation von Wasserdampf an Kondensationskernen in der Troposphäre und teilweise auch Stratosphäre.» Besser also in 33 Geschichten zum Vorlesen etwas über die Natur und Gesellschaft erfahren. Die Familie Sonnenberg und die Kinder aus der Nachbarschaft in der Erikaweg erleben allerlei fantastische und unglaubliche Abenteuer. Neben «Wenn Riesen reisen» gibt es auch noch den ersten Band «Wenn Glühwürmchen morsen».
Darum lese ich es gerne: Ralph Caspers kennst du vielleicht aus der «Sendung mit der Maus» oder aus «Wissen macht Ah!». Aber er ist auch Autor – und zwar ein ziemlich guter. In 33 Geschichten verpackt er jeweils eine der typischen Warum-Fragen von Kindern in ein Abenteuer. Das erleben dann Greta, ihr Bruder Paul und ihre Eltern. Hier wird nicht mit dem pädagogisch erhobenen Zeigefinger gewedelt. Caspers vermeidet es auch, in eine infantile vermeintlich kindgerechte Sprache zu verfallen. Er erzählt einfach gut und niveauvoll, ohne zu überfordern. Kinder können sich mit Paul und Greta toll identifizieren und du als Vater oder Mutter wirst dich sicher auch wiedererkennen beim Vorlesen.

«Das Neinhorn» von Marc-Uwe Kling
Darum geht’s: Ich wage es gar nicht erst, die Geschichte in eigenen Worten zusammenzufassen. Der Verlag hat das zusammen mit Autor Marc-Uwe Kling in unnachahmlicher Weise bereits getan. Et voilà: «Im Herzwald kommt ein schnickeldischnuckeliges Einhorn zur Welt. Alle sind ganz lilalieb zu ihm und füttern es ständig mit gezuckertem Glücksklee, aber das Tierchen benimmt sich trotzdem ganz und gar nicht einhornmässig! Es sagt einfach immer Nein, sodass seine Familie es bald nur noch Neinhorn nennt. Eines Tages bricht das Neinhorn aus seiner Zuckerwattewelt aus.» Das Abenteuer beginnt.
Darum lese ich es gerne: Es hätte mich nicht überrascht, wäre das Neinhorn von einem Spielzeugdesigner erfunden worden, der genug von seinem eigenen rosa glitzernden Figuren hatte. Nun war es aber Marc-Uwe Kling, Liedermacher, Kabarettist, Erfinder der Känguru-Chroniken, der sich dieses bockige und doch zutiefst sympathische Wesen ausgedacht hat. Die Begegnungen und Dialoge des Neinhorns mit dem schrulligen «Nahund» und dem schwerhörigen «Wasbären» und einer Prinzessinnen vorzulesen, macht riesigen Spass. Die grösste Herausforderung ist es, nicht selbst lachen zu müssen dabei. Ein grosser Spass für Vorleser und Zuhörer ist’s in jedem Fall.
«Schlinkepütz, das Monster mit Verspätung» von Susan Kreller
Darum geht’s: Schlinkepütz hat ein blaues Fell und die schlechte Angewohnheit, immer zu spät zu kommen. Und er ist ein Monster. Aber ein sehr liebenswertes und hilfsbereites. In den sechs Geschichten hilft er als Briefträger aus, versucht sich als Pizzabäcker oder Babysitter, oder er muss seine Wohnung beim Frühjahrsputz auf Vordermann bringen. Du ahnst es schon – es gelingt ihm nicht immer. Trotzdem geht jede Geschichte gut aus.
Darum lese ich es gerne: Susan Kreller als Autorin und Sabine Büchner als Illustratorin haben ein kleines Kunstwerk geschaffen. Die kurzen Geschichten sind kreativ geschrieben und mit liebevollen und detailreichen Bildern versehen. Die Pizza-Erfindungen zu Schlinkepütz’ Geburtstag haben in unserer Familie sogar Eingang in den alltäglichen Sprachgebrauch gefunden. Statt Steinofen-Pizza gibt es auch bei uns Steinhaufen-Pizza. Oder eben Pizza mit Hai oder Pizza mit Klinken und Lampions. Schlinkeütz’ Methode, einen Ohrwurm loszuwerden, haben wir auch schon ausprobiert. Sieht aber so aus, als würde das Erschrecken des eigenen Spiegelbilds nur in der Fantasie den Ohrwurm vertreiben können.
«Tilda Apfelkern» von Andreas H. Schmachtl
Darum geht’s: Tilda ist eine Kirchenmaus, keine arme, dafür eine «holunderblütenweisse». Sie lebt in einem kleinen Dorf und ist sozial gut vernetzt. Ihre Freunde sind ein älterer Igel namens Rupert, Robin, das Rotkehlchen, die Postmaus Molly und das Eichhörnchen Edna mit ihren zwei Söhnen Billy und Benny. Und dann gibt es noch Schnecki, wenig überraschend eine Schnecke. Tilda Apfelkern liebt es, ihre Freunde zu Kaffee und Kuchen einzuladen. Das alleine ist weder sonderlich aufregend noch abwechslungsreich. Gut, dass sich der Erfinder von Tilda Apfelkern auch einige abenteuerliche Geschichten ausgedacht hat.
Darum lese ich es gerne: Diese Gemeinschaft aus Nagern, Vögeln und Kriechtieren muss man einfach gernhaben. Sie leben in Harmonie, sind jederzeit hilfsbereit und abenteuerlustig. Jedes der Tiere hat seinen ganz eigenen Charakter; so meistern sie auch die kleinen Herausforderungen auf ihren Abenteuern im Team. Die charmant erzählten Geschichten begeistern Kinder zwischen vier und sechs Jahren. Ältere könnten die Ausflüge mit einem Hausboot oder die Kakao- und Kuchen-Sessions im Haus der Maus schon zu langweilig finden. Ein Lob verdienen die Illustrationen, die Autor Andreas H. Schmachtl selbst gemacht hat.

Tilda Apfelkern. Die schönsten Geschichten aus dem Heckenrosenweg
Deutsch, Andreas H. Schmachtl, 2017
«Warum ist die Banane krumm?» von Petra Maria Schmitt und Christian Dreller
Darum geht’s: Kurz gesagtgeht es ums Lernen und Verstehen. In 19 Geschichten liefern die beiden Autoren Antworten auf die Fragen neugieriger Kinder. Solche zum Beispiel: Warum ist der Himmel blau? Wie kommt der Strom in die Steckdose? Oder: Warum bekommt der Specht beim Klopfen keine Kopfschmerzen? Das liesse sich natürlich sehr trocken beantworten. Schmitt und Dreller tun es mit Geschichten, bei denen Kinder des Rätsels Lösung im Alltag selbst herausfinden.
Darum lese ich es gerne: Beim Vorlesen der Geschichten wirst du vermutlich herausfinden, dass du vieles auch noch nicht wusstest. Und was gibt es Schöneres, als etwas dazuzulernen – auch wenn man schon erwachsen ist. Die Erklärungen auf die Alltagsfragen kratzen nicht nur an der Oberfläche, sondern sind teils ziemlich detailliert. Auch wenn die Altersempfehlung für das Buch «ab 5 Jahren» lautet, würde ich es eher für Sechs- oder Siebenjährige empfehlen, auch weil die einzelnen Geschichten teils recht lang sind.

Warum ist die Banane krumm? Vorlesegeschichten für neugierige Kinder
Deutsch, Christian Dreller, Petra Maria Schmitt, 2017
Die Kinder aus Bullerbü» von Astrid Lindgren
Darum geht’s: Bilderbuch-Schweden: rote Häuser mit weissen Türen und Fensterrahmen, grüne Wiesen, sanfte Hügel und Seen. Dort irgendwo liegt Bullerbü, ein Dorf, das nur aus drei Höfen besteht. Es ist das Paradies für Lisa, Bosse, Lasse, Inga, Britta, Ole und die kleine Kerstin. Es gibt 42 Geschichten auf knapp 300 Seiten. Es geht einmal durchs Jahr – von Abenteuern im Schnee bis zu Ausflügen zum Badesee.
Darum lese ich es gerne: Für die sechs Kinder sieht der Alltag, wie ihn Astrid Lindgren aufgeschrieben hat, so aus, wie ihn von Helikopter-Eltern umsorgte Stadtkinder sich vielleicht heimlich wünschen würden. Ob sie zum Einkaufen geschickt werden, mit dem Schlitten zum Familienfest reisen oder Krebse im See mit ihren Vätern fangen – alles ist ein Abenteuer. Die Horde Kinder verbringt den ganzen Tag am See und spielt, dabei haben sie kein Handy dabei, die Eltern müssen dem Nachwuchs zwangsläufig vertrauen. Es ist eine heile Welt in Schweden um das Jahr 1950, die aus Sicht einer Siebenjährigen beschrieben wird. Buben und Mädchen spielen sich gegenseitig Streiche, die Mädchen schmieden Heiratspläne, die die Buben dann – natürlich – doof finden. Am Ende eines jeden Streichs vertragen sich aber alle immer wieder.
Übrigens gibt es dieses Bullerbü auch «in echt». Nur für den Fall, dass dich dein Kind fragt, wenn du die Geschichten vorliest. In Sevedstorp, so heisst das Dorf, ist Astrid Lindgrens Vater Samuel August aufgewachsen. Und der Ort diente auch als Kulisse für die späteren Verfilmungen.
Vorlesetipps von dir?
So, das war meine kleine Auswahl. Hast du auch Lieblingsbücher, die du gerne vorliest und die in dieser Liste fehlen? Dann gerne ab damit in die Kommentare. Nur eines will ich nicht lesen müssen: den nervigen Nager Leo Lausemaus oder die neunmalkluge Conni und Bobo Siebenschläfer, die alte Heulsuse.


Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.