Produkttest

Von Tick Tack zu Klick Klick. 10 Tage mit einer Fitness-Uhr

Eine Hobbysportlerin probiert erstmals eine Smartwatch aus und schildert ihre Eindrücke in einem Tagebuch.

Sind Smart Watches nur etwas für Nerds? Die Hersteller meinen natürlich: nein. Die Suunto Fitness 3 richtet sich an bewegungsfreudige Menschen, die ihre Fitness optimieren möchten, aber nicht gerade olympische Top-Sportler sind. Das tönt ganz nach mir! Drum teste ich hier als Normalo ohne Vorkenntnisse die Smart Watch des finnischen Herstellers.

Ich bin 24 Jahre alt, weiblich, ein kleiner Mensch, spiele Fussball (zwei- bis dreimal pro Woche auf nicht sehr anspruchsvollem Niveau) und nehme für drei bis vier Kilometer auch mal das Velo anstatt den Bus. Nach einer langen Tanznacht kann das Sofa samt Netflix für viele Stunden mein bester Freund sein.

Da sich hier alles um eine Uhr dreht, liegt es nahe, meine Erfahrungen chronologisch wiederzugeben.

1. Tag: Erster Eindruck

Die Zeit ist gekommen: Ich lege meine treue Analog-Uhr nieder und binde mir das erste Mal eine schlaue Uhr ums Handgelenk. Der Puls steigt – das merkt die Uhr sofort – und meine Neugier hält sich nicht mehr in Grenzen.

Ausgepackt, Folie entfernt (das beste am Ganzen) und gleich in Betrieb genommen – ich möchte keine Zeit verlieren. Natürlich ohne die Bedienungsanleitung zu studieren, die Uhr soll ja schlau genug sein. Die Suunto 3 Fitness beeindruckt mit einem stil- und bruchsicheren Gehäuse und ihrem Leichtgewicht (meine IKEA-Küchenwaage sagt tatsächlich nur 36 Gramm). Aber bekanntlich zählen ja die inneren Werte. Nachdem ich zehn Mal mit meinen Wurstfingern über den Bildschirm streife, realisiere ich: Touch-Screen gibt’s hier nicht. Mit ein paar wenigen Klicks kann ich die Grundeinstellungen wie Datum, Zeit, gewünschte Stunden Schlaf oder mein Tagesziel an Schritten einstellen. Der Aufbau des Menüs (das es irgendwie gar nicht gibt) ist so unübersichtlich, dass ich dann trotzdem das kleine Büchlein zu meiner Nachtlektüre küre. Diese zum Glück nur gefühlte drei Sätze lange Anleitung erklärt mir zumindest den Sinn der vier Knöpfe bildlich und klärt mich darüber auf, wie ich die Uhr mit Saft versorgen muss. Und wie es sich bei einem smarten Gadget gehört, müssen weitere Informationen im Internet nachgelesen werden, wofür ich nicht zu faul war.

Ich habe 748 Meter zurückgelegt in 10 Minuten und 50 Sekunden. Klingt nicht nach einer reifen Leistung, aber die Uhr hat hier Aufwärmübungen gemessen.
Ich habe 748 Meter zurückgelegt in 10 Minuten und 50 Sekunden. Klingt nicht nach einer reifen Leistung, aber die Uhr hat hier Aufwärmübungen gemessen.

3. Tag: Was die alles kann

Ich habe zwar immer noch ein wenig Mühe damit, die richtigen Knöpfe zu drücken, fühle mich zeitweise leicht unfähig, bin aber immer wieder erstaunt, was diese Suunto alles auf dem Kasten hat. Ich habe mittlerweile mein siebentägiges Fitnessprogramm von ihr erhalten (hier trifft erste Euphorie auf meinen inneren Schweinehund), meine ersten Schlaf-Aufzeichnungen studieren können und checke ständig meine Herzfrequenz. Den Fitnessplan erstellt die Uhr anhand meiner Vitalitätsdaten, die sie direkt selber misst. Ich befinde das vorgegebene Sportpensum für ziemlich realistisch und bin überzeugt, dies in einer Woche meistern zu können. Gnadenlos sind die Daten und ich muss einsehen, dass bereits eine belanglose Treppe mein Herz höher schlagen lässt. Wie romantisch...

Nichtsdestotrotz, die Stunde hat geschlagen: Angespornt lege ich meine erste Joggingstrecke zurück. Zwar habe ich vergessen, meiner Uhr explizit zu sagen, dass ich jetzt «laufen gehe», aber mache mir keinen grossen Kopf darüber, die ist ja schliesslich smart. Schliesslich kannst du Abertausende von Sportarten von Segeln über Rollschuhlaufen bis hin zu Racquettball oder Telemarken (was ist das?!) einstellen. Doch trotz meines hohen Herzschlages über längere Zeit hat die Uhr meine erste Trainingseinheit nicht bemerkt und sie nicht berücksichtigt, geschweige denn gewürdigt. Enttäuschung pur. Ich erkläre es mir damit, dass die Uhr selber keinen GPS-Tracker hat. Den könntest du aber via Smartphone koppeln, was ich nicht getan habe. Immerhin konnte ich meine ersten Schweissperlen in der dazugehörigen App nachtragen, aber diese Info wurde nicht an die Uhr weitergeleitet und Kalorienverbrauch, Strecke etc. wurden nicht ausgerechnet.

Das bedeutet: ich habe auf der Uhr einen anderen Trainingsstand als auf der App – bravo. Ansonsten finde ich das ganze Handling ziemlich unkompliziert. Die Uhr hat auch nicht zu viele Programme, die mich verwirren könnten (und ich vergesse auch nie mehr, den Startknopf zu drücken).

5. Tag: Aufladen

Halbzeit! Die Batterien meiner Uhr als auch meine körperlichen Ressourcen sind am Ende – was die Suunto 3 Fitness auch wunderbar anzeigt. Anhand meiner Aktivitäten und der Herzfrequenz-Aufzeichnung wird mir verdeutlicht, ob und wie lange ich aktiv oder gestresst bin und wie meine aktuellen Ressourcen (in Prozent) aussehen. Halleluja, heute ist Ruhetag und Trainingspause, sagt mir die Smartwatch. Das heisst: früh ins Bett und relaxen. Doch die Uhr am Handgelenk geht mir in der Nacht so auf die Nerven, dass ich sie ziemlich hässig ausziehe. Und eventuell sogar herumschmeisse – was ich da im Halbschlaf genau gemacht habe, weiss ich nicht mehr. Jedenfalls liegt das nicht am Modell, sondern an der Tatsache, dass mir Schmuck in der Nacht generell unbequem ist. Tagsüber habe ich nie das Bedürfnis, mich von der Uhr zu trennen. Dank ihrer Wasserfestigkeit springt sie mit mir auch unter die Dusche. Und ins Schwimmbad.

7. Tag: Ein Teil von mir

Wie die Zeit vergeht! An die Uhr habe ich mich gewöhnt und freue mich immer noch wie ein Kind, wenn sie piepst, um mir mitzuteilen, dass ich mein Tagesziel an 10 000 Schritten (als waschechter Bürogummi) erreicht habe. Heute steht ein Fussballmatch auf meiner Agenda. Die Uhr begleitet mich bis aufs Spielfeld, muss mich aber vor Anpfiff verlassen, da laut Reglement kein Schmuck getragen werden darf. Mist, schon wieder eine Sporteinheit, die nicht gezählt wird. Doch halb so wild, denn beim halbstündigen Einlaufen habe ich mein Tagesziel bereits erreicht.

Die Uhr sagt dir exakt, mit welchem Tempo, welcher Intensität und in welchem Bereich deiner Herzfrequenz du dein Training absolvieren solltet, um längerfristig deine Fitness zu steigern. Da aber ein Aufwärmen (trotz Fussball-Einstellung) geprägt ist von kurzen, intensiven als auch längeren, lockeren Übungen, war meine Suunto sehr unzufrieden. Gefühlt im Minutentakt piepste sie mit Hinweisen wie «du bist zu schnell – langsamer!» oder «zu langsam – leg einen Zahn zu!» um die Wette. Ich quittiere das mit einem wütenden Lätsch-Emoticon, denn nach jeder Sporteinheit fragt sie mich nach meiner Gefühlslage und ich kann etwas zwischen ausgezeichnetem Kneifaugen-Smile und einem knallroten Hitzkopf wählen.

10. Tag: Fazit

Mit der Zeit verstehe ich die Uhr immer besser, habe mich mit ihr auch wieder versöhnt, möchte sie aber noch über eine längere Zeit auf Herz und Nieren prüfen. Der Eindruck ist überwiegend positiv. Nicht gefallen hat mir das etwas unlogische Menü, der Unterschied von der Suunto App zur Uhr, der fehlenden GPS-Tracker sowie die etwas ungenaue oder völlig fehlende Messung meiner schweisstreibenden Aktivitäten. Positiv finde ich das Aussehen und die Tatsache, dass sie nicht zu professionell ist – und mir dennoch die nötigen Informationen liefert, um meine Fitness zu verbessern.

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Begeisterte Fussballerin – samt Flasche Bier nach einem Sieg, gemütliche Velofahrerin und ein treuer Hunde-Fan. Direktes Mundwerk, kommunikationsfreudig und eine gehörige Portion Neugier. Ich bin Feuer und Flamme wenn’s ums Reisen geht und kämpfe mit vielen Hummeln im Hintern. 


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