

Von Turnschuhen kriege ich nie genug

Zwei Dingen kann ich nicht widerstehen: teuren Parfüms und Sneakers. Verantwortlich für meinen verschwenderischen Umgang mit Turnschuhen sind Adidas und Run-DMC.
Ich bin polytox. So nennt man das wohl in Fachkreisen. Süchtig nach diversen Substanzen oder in meinem Fall Produkten. Neben Sneakers haben es mir teure Parfüms angetan. Wie es soweit kommen konnte? An meiner Sucht nach edlen Düften ist kurz gesagt Calvin Klein schuld. An der nach Sneakers ein Familienunternehmen aus Herzogenaurach, ein Hip-Hop-Trio aus Queens und ein Musikvideo.
Das war Mitte der 80er. Auf MTV, der Kurzform für Music Television, lief damals tatsächlich Musik. Kein Reality-TV-Schrott wie heute. Dann kam Yo! MTV Rap mit dem legendären Host Fab 5 Freddy. Und ich kaufte meine ersten Superstar von Adidas. Ein wenig Street Credibility für 100 Stutz. Oder wie viel die Schuhe damals kosteten. So fing alles an. Weiter ging es mit dem Nike Cortez und schliesslich war Converse mit dem Chuck an der Reihe. Drei Schuhe, drei Stilikonen. Verglichen mit Laufschuhen war eigentlich keiner wirklich bequem. Egal. Hauptsache stylisch. Und was Run-DMC recht war, konnte mir nur billig sein.
Apropos Laufschuhe: Während vieler Jahre rümpfte ich darüber schnöde die Nase. Erstens fand ich ihr Design hässlich, zweitens trug keines meiner Vorbilder solche Dinger und drittens joggte ich nicht. Jedoch war ich nie ein Purist, der seine Schuhe in der Originalverpackung als Sammlerobjekt im Schuhgestell inszenierte. Ich trug meine Sneakers stets.

Von Asics bis On: das A und O der Laufschuhe
Im neuen Millennium beendete ich eine andere Sucht: das Rauchen. Und begann eine neue: Süssigkeiten. Schwups hatte ich zehn Kilo mehr auf den Rippen. Ein Problem. Die Lösung? Jogging. Und im Nu war meine Sammlung an Turnschuhen um die ersten, einst verschmähten, Laufschuhe erweitert. Erst Asics, dann Mizuno und schliesslich verfiel ich dem Schweizer Brand On. Auf On quasi.
Und so stappeln sich heute in meiner Wohnung dutzende Sneakers und Laufschuhe bunt gemischt, und kein Ende in Sicht. Inzwischen fühle ich mich in Joggingschuhen dermassen wohl, dass ich fast ausschliesslich darin unterwegs bin.
Dutzende Schuhe und ein schlechtes Gewissen
Brauche ich all diese Turnschuhe? Natürlich nicht. Ein Paar für den Sommer, ein Paar für den Winter würden reichen. Habe ich Spass an all diesen Turnschuhen? Hell yes! Und was ist mit dem schlechten Gewissen von wegen miesen Arbeitsbedingungen in asiatischen Sweatshops und Plastikmüll in den Weltmeeren? Ja, das habe ich. Und versuche, meine Sucht nach Sneakers damit zu rechtfertigen, dass ich zum Beispiel nicht Auto fahre. Oder in den letzten zwölf Jahren genau dreimal ein Flugzeug bestiegen habe. CO2-Kompensation à la Bardelli sozusagen.
Und dann stolperte ich kürzlich über die vegane, laut Adidas mit recyceltem Material nachhaltig produzierte Variante des Superstar. Und wurde schwach. Das Verlangen nach Turnschuh war einmal mehr stärker als die Vernunft.



Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.