Hintergrund

Warum Karten grossartig sind

Landkarten, Seekarten, geologische Karten, politische Karten, Klimakarten: Auf einen Blick machen sie komplexe Themen deutlich. Gerade habe ich mir zwei Sachbücher gekauft, die mir Schweizer- und Weltgeschichte anhand von Karten aufzeigen.

Ich liebe Kartographinnen und Kartographen. Denn sie erklären mir die Welt. Alle abstrakten Primärdaten, auf denen die Karten basieren, würde ich niemals verstehen, wenn sie nicht jemand visuell ansprechend darstellen würde. Und ehrlich gesagt würden sie mich auch nicht interessieren, Zahlen waren noch nie meine Leidenschaft.

Neben meinem Schreibtisch hängt eine alte Post-Karte von 1820.
Neben meinem Schreibtisch hängt eine alte Post-Karte von 1820.
Quelle: Carolin Teufelberger

Schon immer hatten Menschen das Bedürfnis, ihre Umgebung visuell darzustellen. In der heutigen Ukraine wurde ein Stück gravierter Mammut-Stosszahn gefunden, auf dem die Anordnung von Hütten dargestellt sein könnte. Der Fund wird auf 13 000 v. Chr. datiert. Auch aus Mesopotamien gibt es erhaltene Karten. Die älteste davon ist eine Tontafel, auf der Flüsse, Berge und Städte eingezeichnet sind. Aus der griechischen Antike ist dann einiges überliefert. Der Geschichtsschreiber Herodot gab gar schon klare Anweisungen, wie Weltkarten (also alles zwischen Nordeuropa, dem Kaspischen Meer, Westindien und der Sahelzone) seines Erachtens gezeichnet werden sollten.

Eurozentrismus wird durch Mercator gestärkt

Im europäischen Mittelalter ging dann ganz viel Wissen wieder verloren, erst ab dem 16. Jahrhundert machen sich die Fortschritte in der Kartographie deutlich bemerkbar. 1569 brachte Gerhard Mercator die erste winkeltreue Weltkarte heraus. Noch heute ist die sogenannte Mercator-Projektion – winkel-, aber nicht flächentreu – die meistgenutzte Darstellungsform bei Weltkarten.

So auch im Diercke-Weltatlas, den ich damals aus der Schule mitgehen liess, um darin zu blättern und mich an andere Orte zu träumen. In Länder, die mit zunehmendem Abstand zum Äquator eigentlich viel kleiner sind, als sie dargestellt werden. Vor allem Europa – das noch immer häufig im Zentrum der Welt dargestellt wird – profitiert von dieser Verzerrung. Das kritisierte unter anderem Arno Peters, der deshalb 1974 einen Entwurf zur flächentreuen Darstellung veröffentlichte.

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Noch heute bereise ich die Welt von zu Hause aus, im Satellitenmodus von Google Maps. Oft auch, um zuvor Gelesenes geographisch zu verorten oder zu verstehen. Wo liegt schon wieder der Golf von Guinea, wo sich gerade die meisten Piraten tummeln? Und warum gab’s internationale Konflikte auf der Sinai-Halbinsel? Aha, dort sind der Sueskanal und die Strasse von Tiran, die Zugang zum Indischen Ozean bieten.

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    von Carolin Teufelberger

Visuelles Lernen mit Karten

Momentan haben es mir aber vor allem Geschichtskarten angetan. Mich interessieren vergangene Ereignisse der Menschheitsgeschichte sehr, aber ich bringe viele davon nur noch sehr oberflächlich zusammen. Das muss ich immer wieder schmerzlich feststellen, wenn meine jüngeren Brüder auf Prüfungen lernen und ich mir ihre Arbeitsblätter durchschaue. Vor allem in Schweizer Geschichte bin ich eine Null. Irgendwas mit Habsburgern, Dreistaatenbund, Rütlischwur und so.

Deshalb habe ich mir den Historischen Atlas der Schweiz gekauft. Darin ist der Schwabenkrieg von 1499 dargestellt, wie sich Basel im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat oder auch welche Verkehrsverbindungen es um 1860 gab. Das Buch ist in verschiedene Zeiträume von Frühgeschichte bis Beginn des 21. Jahrhunderts gegliedert. Am Anfang jedes Kapitels steht ein kurzer Erklärtext, um den nachfolgenden Karten mehr Kontext zu geben. Bei meinem fehlenden Wissen bin ich froh um etwas Einordnung und nicht nur eine kurze Legende zu haben.

Historischer Atlas der Schweiz
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CHF60.90

Historischer Atlas der Schweiz

Das zweite Buch «Die Geschichte der Welt» ist vom Verlag CH. Beck und funktioniert mehr oder weniger nach dem gleichen Schema wie der Historische Atlas der Schweiz, nimmt sich aber die ganze Welt vor. Auf 600 Seiten kann ich nachschlagen, wie das Osmanische Reich im 16. Jahrhundert aussah, wie die mexikanische Revolution zwischen 1910 und 1917 ablief oder wie sich der Arabische Frühling ausbreitete. Kleiner Wermutstropfen: Ich finde die Karten nicht wahnsinnig schön illustriert.

Was hat es mit der Shang-Dynastie auf sich? Auf Seite 63 erfährst du es.
Was hat es mit der Shang-Dynastie auf sich? Auf Seite 63 erfährst du es.
Quelle: Carolin Teufelberger

Ah, und das Buch gibt’s bisher noch nicht bei Galaxus, sonst aber in fast allen Online-Buchhandlungen.

Falls du meinen Enthusiasmus für Karten nicht eh schon geteilt hast, hoffe ich, dass du es jetzt tust. So viel Wissen, so viel Geschichte, so viel Weltansichten finden sich in den zweidimensionalen Zeichnungen. Und sie sind einfach auch oft sehr schön anzusehen, vor allem historische Exemplare. Apropos: Wer gar nicht blättern will, dem sei das TV-Format «Mit offenen Karten» auf Arte empfohlen. Geopolitische und gesellschaftliche Sachverhalte werden dort in wenigen Minuten mithilfe von Karten erklärt.

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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