
Wiko am MWC: Ein bisschen Essential, ein bisschen grossartig

Wiko. Keiner beachtet die Marke, doch das kleine Unternehmen aus Frankreich wirft Wellen. Daher ist der Stand am Mobile World Congress in Barcelona fix auf der Liste. Denn Wiko zeigt das Wiko View 2, ihr neues Fast-schon-Flaggschiff.
Am Mobile World Congress MWC in Barcelona macht Samsung alle flach. Die neuen Galaxy S9 stellen so ziemlich alles in den Schatten, was andere Marken auf den Markt werfen. Alles? Nicht ganz. Eine kleine Marke aus Frankreich lässt sich weder beeindrucken noch unterbuttern. Wiko zeigt an ihrem Stand stolz das Wiko View 2.
Genau darum ist der Stand von Wiko einer der Pflichttermine an jeder Messe. Klar, die Marke wird nie den Ruf eines gewissen südkoreanischen Grosskonzerns haben, der kurzerhand den Markt einstampft. Klar, die Phones sind nicht so edel wie die eines nicht minder grossen Grosskonzerns aus Cupertino. Aber Wiko räumt das Feld von hinten auf.
Das View 2 ist der jüngste Beweis, dass das Unternehmen mit rund 500 Mitarbeitern weder aufgibt, noch sich mit der aktuellen Marktposition zufrieden gibt.
Mit dem Notch oben
Am auffälligsten am Wiko View 2 ist das grosse Display und die Kerbe mit der Kamera am oberen Rand, in der Fachsprache «Notch» genannt. Weniger auffällig ist die Tatsache, dass das View 2 in zwei Ausführungen erscheint. Das View 2 und das View 2 Pro machen es den grossen Playern auf dem Markt gleich – namentlich Samsung – und bieten für einen Aufpreis ein Dual Cam Setup hinten. Dazu mehr Speicher.
Wiko View 2 | Wiko View 2 Pro | |
---|---|---|
System-on-a-Chip | Qualcomm Snapdragon 435 Octa-Core 1.4GHz | Qualcomm Snapdragon 450, Octa-Core 1.8 GHz |
Grafikprozessor | Adreno 505 | Adreno 506 |
Interner Speicher | 32 GB | 64 GB |
RAM | 3 GB | 4 GB |
Erweiterbarer Speicher | bis zu 128 GB | bis zu 256 GB |
Hauptkamera | 13 Megapixel Single Camera | 16 Megapixel Dual Camera |
F-Stop Hauptkamera | f/2.0 | f/1.75 |
Frontkamera | 16 Megapixel | 16 Megapixel |
F-Stop Frontkamera | f/2.0 | f/2.0 |
Beim Seitenverhältnis geht Wiko mit der Zeit und so liegt das Verhältnis nahe bei 18:9, wenn nicht gar 19:9.
Da Videoproduzentin Stephanie Tresch und ich das Phone bereits in Zürich antesten durften, bevor es im Schoss der Haupttesterin Livia Gamper gelandet ist, können wir einen ersten Eindruck nicht aus Pressemitteilung sondern aus eigener Erfahrung geben.
Die goldene Farbe hinten mit dem auffälligen schimmernden Effekt auf der Rückseite wird die Geister scheiden. Doch eines ist dem Wiko gewiss: Aufmerksamkeit. Kein anderes gängiges Smartphone hat diese Rückseite aus Plastik. Das Display vorne löst zwar nicht besonders hoch auf, doch macht es ein schönes, helles Bild.
Auf dem Wiko View 2 läuft eine Android-Version, die nahe der von Google veröffentlichten reinen Version der Plattform ist, sprich Stock Android. Hat Wiko im vergangenen Jahr noch auf eigene grafische Elemente gesetzt, ist dieser Gedanke nun offensichtlich verworfen worden. Einziger auffälliger Unterschied: Wenn du die Notification Bar oben links vom Notch runterziehst, öffnet sich nicht die Notification Area, sondern ein Zeichenpad. Auf diesem kannst du eine Geste malen, die du vorhin konfiguriert und dir so eine Abkürzung zu einer App oder einer Funktion geschaffen hast.
Eine Marke, die der Editor feiert
Wiko ist so eine Marke, die ich als Smartphone-Enthusiast einfach gern haben muss. Denn einfach nur billige Dinge zu produzieren, liegt dem Kleinkonzern nicht. Wiko versucht immer wieder etwas Neues, bleibt überraschend und zeigt vor allem, dass es nicht 1000 Stutz sein müssen, die einem mittlerweile recht zynischen Journalisten ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.
Daher gebe ich offen zu, dass Wiko bei mir Sympathien geniesst und ich daher tendenziell pro Wiko bin. Denn es sind Marken wie Wiko, die nach unten buckeln und nach oben treten, die den Markt in seiner Gesamtheit interessant halten. Denn der wahre Kampf um das grosse Geld im Smartphone-Markt – vor allem international und in Richtung Afrika und Südostasien – wird nicht bei den iPhones und Galaxies geführt. Der wird hart in der Billigphone-Kategorie geführt.
Denn die grummelnden Kommentare in unserer Kommentarspalte haben schon recht: Nicht jeder kann und will sich ein Flaggschiff pro Jahr leisten. Dann müssen Phones in einem anderen Preissegment her. Meist aus dem Preissegment, in dem sich Wiko als Pionier und Flaggschiffchen-Marke behaupten will.
Wiko spart, Wiko klotzt
Da Wiko nicht nur auf die Kamera, sondern auch auf ihre Preispolitik – je günstig, desto gut – stolz ist, kommt das View 2 mit einem recht kleinen Preis daher. Wo also spart der Hersteller?
Das Wiko View 2 ist zweifelsohne ein bisschen grossartig, aber halt eben nur ein bisschen. Das Display löst nur mit HD+, also 1528 x 720 Pixeln, auf. Die RAM sind mit 3 und 4 GB auch am unteren Rand des Felds angesiedelt, das derzeit 6GB zum Standard erklärt. Für ein neues fancy Gerät ist das definitiv zu wenig.
Das ist das Geheimnis hinter dem Preis Wikos. Es gibt nicht das eine Ding, an dem die Marke spart, sondern überall ein bisschen. Dann packt der Hersteller all die Teile in ein schickes Gehäuse und voilà, fertig ist das gut aussehende Phone im Mittelfeld. So kann der Hersteller laut eigenen Angaben ein ordentliches Phone zu einem ordentlichen Preis anbieten.
Kurz: Mit dem View 2 kann Wiko nicht nur im Mittelfeld mithalten, sondern legt in seinem Marktsegment zünftig vor.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.