

Wohntrend: Polstermöbel ohne Ecken und Kanten
Vergiss kantige, an der Wand klebende Sofas. Jetzt ziehen Polstermöbel ein, die Skulpturen gleichen und uns anspornen, unsere Inneneinrichtung umzudenken.
Obwohl sie alle anders aussehen, haben sie etwas gemeinsam: Die Sessel und Sofas, die ich zurzeit bei Bohinc, Atelier L'inconnu, Sancal, Khaled El Mays oder in unserem Sortiment sehe, haben kaum bis keine rechten Winkel. Stattdessen schlagen sie Wellen, krümmen sich oder plustern ihre Polster auf. Die Designstücke sind auf ihre Art und Weise von unterschiedlichen Elementen der Natur inspiriert. Vielleicht wollen sie sich deshalb keiner künstlich errichteten, statischen Wand unterordnen, sondern ihre eigene Wohnlandschaft bilden.
Möbel zum Sitzen und Umarmen von Bohinc
Für gewöhnlich ist dein Hintern im Sessel versteckt, sobald du dich hinsetzt. Nicht so beim Design «Derriere» von Bohinc. Hier hat Lara Bohinc eine Öffnung geschaffen, wo für gewöhnlich keine ist, und einen zweiten Hintern ergänzt: Die Rückenlehne des Sitzmöbels gleicht einem Po. Der Sessel gehört zur Sitzkollektion «Peaches». Jedes Stück der Kollektion stellt für die Designerin eine «umarmbare feminine Figur» dar. Deshalb hat sie sich für Kurven, statt gerade Linien entschieden. Aus den sonst so rechteckigen Rückenlehnen hat sie aufgebauschte Polster gemacht, die optisch an Busen und Pos erinnern. Die Rillen stellen Körperfalten dar.


Quelle: Alcova, 2022. Fotos: Pia Seidel
Kakteen zum Ankuscheln
Ein Kaktus lädt nicht gerade zum Sitzen ein. Die einzige Ausnahme bildet «Cacti» von Atelier L'inconnu. Seine Stacheln und bauchigen Blumen piksen nicht, weil sie gut gepolstert sind. Der Sessel stammt von Designer und Architekt Fadi Yachoui, der Kakteen bewundert. Für ihn symbolisieren die stacheligen Pflanzen Ausdauer, da sie jeder Witterung standhalten. Selbst die Blumen gedeihen unter rauen Bedingungen. Ihre Mittel, sich zu verteidigen, wirken ummantelt von einem Bouclé-Stoff anziehend.



Quelle: Salone Satellite, 2022. Fotos: Pia Seidel
Sessel zum Festketten
Schluss mit den Geraden macht auch der Sessel «Link & Loop». Er besteht aus zwei Ringen, die ineinandergehakt sind und wurde von Studiopepe für Sancal designt. Um das konventionelle Sitzen zu überarbeiten, hat das Designduo die geschwungenen Glieder einer Kette ins Möbeldesign übertragen. Das Ergebnis kann beliebig verlängert werden. Es gleicht in meinen Augen aber mehr einer Schlangenskulptur.


Quelle: Salone del Mobile, 2022. Fotos: Pia Seidel
Modulare Sitzgelegenheiten zum Abschweifen
Ebenso lebendig sehen die modularen Sitzgelegenheiten von Khaled El Mays aus. Sie werden durch ungewöhnlich kurvige Formen geprägt. Das liegt daran, dass der multidisziplinäre Designer sich von der Flora inspirieren liess. Nur stellt er die Proportionen der Pflanzenwelt deformiert dar, sodass die Sessel und Hocker auch aus einem surrealistischen Gemälde stammen könnten.



Quelle: Nilufar Gallery, 2022. Fotos: Pia Seidel
Wovon auch immer die Sitzmöbel mit sanfter Silhouette inspiriert sind – sie versprechen jedes Schuhkartonzimmer aufzulockern und bieten neue Wege zu sitzen. Weil es keine lange Kante gibt, die meist für die Wand gedacht ist, geben sie dir nicht vor, wo sie sein sollen. Sie können mitten im Raum stehen und eine Polsterlandschaft bilden, ohne dass du dich im Vorbeigehen daran stösst und schmiegen sich dank wohlgeformter Kurven an ihre Umgebung.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.