
Hintergrund
Znünibox: Wenn aus der Zwischenverpflegung ein Stillleben wird
von Patrick Vogt
Unsere Tochter ist inzwischen im zweiten Kindergartenjahr. Noch immer bereitet meine Frau jede einzelne ihrer Znüniboxen kunst- und liebevoll zu. Geändert hat sich nur, dass ich ihr dabei immer mehr nacheifere.
In so manchem Garten scheint die Männlichkeit ein gar zartes Pflänzchen zu sein. Anders kann ich mir gewisse Social-Media-Posts manchmal nicht erklären. So meinte ein mutmasslicher Mann kürzlich auf X, dass absolut nichts Männliches dran wäre, eine Lunchbox mit zur Arbeit zu nehmen.
Die Antworten auf diese steile These liessen naturgemäss nicht lange auf sich warten. Auch ich hätte gerne einen gepfefferten Kommentar hinterlassen, wäre ich nicht damit beschäftigt gewesen, die Znünibox meiner Tochter vorzubereiten. Wie unmännlich das in der rückständigen Welt von Andrew-Tate-Fanboys wie X-User «Father» sein muss, mag ich mir gar nicht ausdenken. Muss ich auch nicht, ist es doch komplett irrelevant.
Seit Tag eins nimmt unsere Tochter Zoe nicht einfach nur ein Znüni mit in den Kindergarten, sondern vielmehr kulinarische Kunstwerke. Darüber, wie meine Frau das Befüllen der Znünibox zur Kunstform erhebt, habe ich an anderer Stelle schon mal geschrieben:
Blieb mir anfangs tatsächlich nur meine aufrichtige, aber passive Bewunderung, so bin ich inzwischen selbst recht aktiv auf dem Gebiet des Rüeblirüstens und Apfelausstechens. Heute bin ich für mindestens zwei der maximal fünf Znüniboxen pro Woche verantwortlich. Und weisst du was? Ich liebe es!
Wenn ich jeweils in der Küche stehe, mir überlege, was ich wie in Zoes Znünibox packe und dann loslege, nehme ich mir eine 10- bis 15-minütige Auszeit vom rastlosen Alltag. Ja, Obst und Gemüse schälen und schneiden ist meine Meditation, das Ausstechen eines Käsebrötchens ist mein Innehalten (oder meine Aggressionsbewältigung, je nachdem).
Zoe wartet jeweils gespannt darauf, einen Blick in die frisch zubereitete Znünibox zu werfen. Der anschliessende Blick und ihr Lächeln lassen mein Papi-Herz jedes Mal aufs Neue schmelzen. Ihr ist es egal, dass ich in diesem Leben wohl nicht mehr zum Znünibox-Picasso mutiere. Sie freut sich einfach über eine schöne und feine Zwischenverpflegung, in der ganz viel Liebe steckt. Und das kann sie jederzeit und mit Freuden von mir kriegen.
Was das Künstlerische und Kreative angeht: Ich bemühe mich redlich und rüste und schnitze, was das Zeug hält. Und weil’s für Zoe ist, mache ich das auch gerne. Für sie steche ich mir sogar das eine oder andere Herz aus.
«Dieses Kind hat ja mehr als genug zu essen in der Znünibox», höre ich dich vor dem Bildschirm sagen. Stimmt, trotzdem müssen wir fast nie etwas wegwerfen (was mir auch zuwider wäre). Einerseits tauschen und teilen die Kinder ihr Essen in der Znünipause, und wenn Zoe doch mit Resten in der Znünibox nach Hause kommt, gibt es sie einfach zum Zvieri. Souverän zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, würde ich sagen.
Als nächstes stellst du bestimmt fest, dass sich die Znüniboxen inhaltlich immer wieder ähneln. Auch das ist korrekt. So sehr wir uns um Abwechslung bemühen, müssen wir uns dabei doch auch an Zoes kulinarische Vorlieben halten. Bringt ja nix, wenn keine Znünibox aussieht wie die vorherige, sie das meiste darin aber gar nicht mag. Zack, stünde das Thema Foodwaste wieder im Vordergrund.
Vielleicht betätigst du dich selbst sowieso schon als Znünibox-Künstler oder -Künstlerin. Und womöglich fühlst du dich nach diesen Zeilen inspiriert, dieses Heft in die Hand zu nehmen. Dann frisch drauf los, lass dich von nichts und niemandem aufhalten. Nur eines: Vergiss um Himmels Willen die Liebe nicht!
Wie sehen die Znüniboxen für dein Kind aus? Schick mir doch ein Foto an patrick.vogt@digitecgalaxus.ch.
Ich bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgang mit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen.