

Zur Street Parade: Vier DJ-Kits für DJ-Kids
Am Wochenende pilgern wieder hunderttausende Menschen ans Zürcher Seebecken und tanzen an der Street Parade zu elektronischer Musik. Wie Prediger stehen DJs und Liveacts auf der Bühne und bewegen die Massen. Ich verrate dir, wie du selbst zur House-Hohepriesterin oder zum Techno-Papst wirst.
Die Street Parade ist ein Relikt der 90er-Jahre, von dem Zürich nie richtig loslassen konnte. Gehören in Deutschland sämtliche Technoparaden längst der Vergangenheit an, konnten selbst zwei Jahre Pandemie der Street Parade keinen Abbruch tun. 26 Lovemobiles fahren dieses Wochenende wieder um den See und beschallen das Publikum mit elektronischer Musik aller Sparten.
Musstest du vor 30 Jahren noch im Besitz einer tonnenschweren Vinylsammlung sein, um aufzulegen, reicht heute ein Memorystick. Musik lässt sich mit einem Laptop und Gratisprogrammen ganz einfach zusammenstiefeln. Heute trifft zu, was DJ Pippo meinem Teenager-Ich im legendären Monorecords in Zürich vor 23 Jahren sagt: «So än Housetrack hesch schnell anebrunzed.»
Damit es bei der nächsten Street Parade klappt mit dem Gig auf einem Lovemobile, stelle ich dir vier Anfängersets zusammen. Vom einfachen DJ Set-up bis zum voll ausgebauten Studio.
Das Promi-DJ-Kit
Die klassische Karriere-Sackgasse für C-Prominenz; DJ werden. Fernsehshow-Gewinner, Ex-Mister und -Missen oder Influencerinnen und Influencer aufgepasst: Mit diesem Equipment könnt ihr eurer Karriere noch für ein halbes Jahr Aufschwung geben, bevor ihr definitiv in Vergessenheit geratet und euch einen Job im Büro oder beim Regionalfernseher suchen müsst. Diese Geräte sind nicht zu teuer, nicht zu komplex und falls ihr wider Erwartens doch Erfolg und Spass am Beruf des DJs haben solltet, dann ist das Aufrüsten auf professionelles Equipment kein Problem.
Beispiele: Paris Hilton, Nadine Vinzens, Oli P, Dani Gygax
Schwierigkeitsgrad: Nach drei Youtube-Tutorials oder einem überteuerten Abendkurs bei einem zugekifften Studienabbrecher kannst du die Grundlagen.
Einstieg: Das könnte sogar deine Grossmutter.
Das Digital-Native-Kit
CD ist für dich kein Datenträger, sondern eine Hanfsorte ohne B und MP3 kennst du nur noch als «das, was es mal vor den Streamingdiensten gab»? Dann legst du dir eines dieser digitalen DJ-Controller mit Mischpult zu. Direkt über TIDAL oder Beatport streamst du auf deinen Controller. Während der Computer das Tempo der Songs automatisch anpasst, kümmerst du dich um Effekte und Übergänge und machst dabei ein Gesicht, als hättest du in eine Zitrone gebissen.
Beispiele: Alle Künstler*innen, die durch Soundcloud bekannt geworden sind
Schwierigkeitsgrad: Beliebig, da du zwischen ein paar Effekten zuschalten und einem halben Liveact alles sein kannst, was du willst.
Einstieg: Als Digital-Native ist das voll easy, als Boomer ist es einfacher, den Mount Everest zu besteigen.
Das Nur-Vinyl-Kit
Eigentlich nur etwas für audiophile Menschen (also Boomer mit Kohle). Wenn du nur mit Vinyl auflegst, reibst du das bei jedem Gespräch unter die Nase und schwafelst irgendetwas von «wärmerem Sound», den «digital einfach nicht bringen kann». Mehr Effekte als ein Mischpult mit normalem Equalizer und maximal einem Filter verteufelst du als Vinyl-DJ. Du gibst Unmengen an Geld für Erstpressungen, vergoldete Kabel und Tonabnehmer aus und meckerst beim Auflegen im Club jedes Mal, wenn du einen Mix verkackst, dass der Plattenspieler dringend eine Wartung braucht, weil er nicht «gleichläuft».
Beispiele: Jeff Mills, Antal, Hunee
Schwierigkeitsgrad: Es braucht verdammt viel Übung, die Geschwindigkeit von zwei Tracks anzugleichen, ist aber wie Velofahren. Das verlernst du nie.
Einstieg: normalerweise teuer oder zeitintensiv. Entweder du kaufst dir dein Vinyl überteuert oder du suchst (im Fachjargon «diggst») jahrelang nach längst vergessenen georgischen Fusion-Jazz-Platten, die du in Timbuktu auf dem Markt findest.
Das Live-Act-Kit
Falls es damals in der Schülerband nicht geklappt hat, ist der Liveact dein Ding. Du nennst deine Auftritte «Performances», auch wenn du eigentlich nur eine vorprogrammierte Sequenz nach der anderen abspielst. Dabei kaufst du dir dauernd neue Gadgets, die bei dir im Zimmer verstauben, weil du doch lieber bei deinem MPC Set-up bleibst. Der absolute Gold-Standard ist ein gigantischer Modular-Synthesizer, bei dem du auf Module mit Namen wie «Pamelas new Workout» oder «Make Noize Math» schwörst.
Beispiele: Jean Michel Jarre, Chemical Brothers, Colin Benders
Schwierigkeitsgrad: Ein gescheitertes Musik- oder Elektrotechnik-Studium ist schon fast Pflicht, sonst kommt nur Müll raus.
Einstieg: Kauf zunächst mal eine Groovebox, bevor du in etwas Grösseres investierst. Die wird sowieso nach einem Monat in der Ecke verstauben. Sollte es dich aber packen, dann sind wir die falsche Adresse. Ganz ähnlich wie die Vinyl-Liebhaber stöberst du dann nämlich auf Flohmärkten und in Brockis nach längst vergessenen, italienischen Synthis und erklärst dann, dass «die Oszillatoren zwar nicht mehr ganz gestimmt sind, aber wenn er mal warm läuft, dann ist der Klang fetter als beim Juno 60!».
Damit dich die Inspiration packt, habe ich dir hier eine Spotify-Playlist mit ein paar meiner liebsten elektronischen Tracks. Ein wilder Stilmix von A wie «Amapiano» bis Z wie «David Zowie». Hast du noch andere Kits, die ich vergessen habe? Dann gerne in die Kommentare damit.
Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell.