

Crocs: Was den Erfolg der Plastiklatschen ausmacht

Crocs sind gekommen, um zu bleiben – leider. Warum der hässlichste Schuh der Welt auch einer der umsatzreichsten ist.
Sie sind einfach nicht totzukriegen. Seit ihrer Lancierung vor knapp 20 Jahren werden die klassischen Clocs der Marke Crocs regelmässig als Trendschuh betitelt. So mal wieder in diesem Jahr. Eine Tatsache, für die viele Menschen nur ein müdes Lächeln übrighaben. Denn so richtig gefallen tun sie niemandem. Oder doch? Zumindest im stillen Kämmerlein scheint dies der Fall zu sein. Obwohl die löchrigen Plastiklatschen von vielen verschmäht werden, rollt der Rubel. Das amerikanische Unternehmen hat gerade verkündet, dass es trotz der Corona-Krise seinen Jahresumsatz mit 1,39 Milliarden US-Dollar um fast 13 Prozent gesteigert hat. Eine Verkaufszahl von der viele Schuhmarken nur träumen können. Zum Vergleich: Dr. Martens erwirtschaftete 835 Millionen Franken.

Vom Bootsschuh zum Trendfinken
Die Idee zu den Clocs kam 2002 auf einem Segeltrip durch die Karibik auf. Drei Amerikaner wollten einen wasserresistenten und antibakteriellen Bootsschuh entwickeln, der rutschfest ist. Aus dieser Idee entstanden «Crocs», deren Form der Schnauze eines Krokodils nachempfunden ist. Die bunten Clogs sind aus einem Schaumharzgemisch gefertigt, das den Fuss polstert und Feuchtigkeit absorbiert. Für eine optimale Belüftung sollen die Löcher auf dem Obermaterial sorgen.
Die Plastiklatschen werden sofort zum Renner – nicht nur auf Booten, sondern auch als Freizeit-, Arbeits- oder Gartenschuh. Dabei machen die Gründer einen entscheidenden Fehler: Statt die Marke weiterzuentwickeln, ruhen sie sich auf ihren Lorbeeren aus. Die Verkaufszahlen stagnieren. Wer bis dato auf Crocs schwört, besitzt bereits ein Paar. Alle anderen finden die Dinger einfach nur grässlich. Der Absturz der Marke ist vorprogrammiert.
Ein Rettungsplan soll die Marke 2014 vor dem Bankrott retten. Läden und Produktionsstätten werden geschlossen. Der Fokus soll künftig auf dem Online-Handel liegen. 2018 werden schliesslich die letzten beiden Crocs-Fabriken in Italien und Mexiko geschlossen. Die Firma will ihre Schuhe nicht mehr in hauseigenen Fabriken produzieren. Stattdessen lagert sie die Produktion an Drittstellen in China, Vietnam, Mexiko, Bosnien und Italien aus. Ihr Plan geht auf. Die Schuhmarke schreibt erneut grüne Zahlen. Ob ihr dabei auch Kooperationen mit Modehäusern wie Balenciaga oder Christopher Kane und Promis wie Justin Bieber geholfen haben? Die aktuellen Umsatzzahlen sprechen Bände.

Der Pandemie-Schuh
Crocs polarisieren. Sie werden gleichermassen von Fashionistas und Leuten, die sich kein bisschen für Mode interessieren, getragen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum sie sich so hartnäckig halten. Weil ihnen jedoch ihr Ruf vorauseilt und sie viele Menschen als hässlich abstempeln, haben sie einen schweren Stand. Stattdessen werden sie heimlich zu Hause getragen. Nur so kann ich mir erklären, dass der Verkauf von Crocs zwar boomt, ich jedoch selten welche auf der Strasse sehe.
In Zeiten des Teil-Lockdowns haben viele Menschen bequeme Mode schätzen und lieben gelernt. Darum verwundert es nicht, dass die Crocs nebst Trainerhosen zum umstrittenen Star der Corona-Krise wurden. Momentan brezelt sich kaum jemand auf. Stattdessen stehen bequeme und funktionale Klamotten an der Tagesordnung. Diese neu gewonnene Bewegungsfreiheit will kaum jemand missen – auch abseits vom Sofa nicht.


Ob die Corona-Krise den Crocs zu ihrem endgültigen Durchbruch verholfen hat und sich ihre neu dazu gewonnen Anhänger damit künftig auch auf die Strasse trauen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Der Musiker Khalib Thompson alias «Questlove» geht bereits mit gutem Beispiel voran. In einem Insta-Post hat sich der Produzent als Crocs-Fan geoutet. Während des Lockdowns hat er die Plastikpantoffeln lieben gelernt. Auch künftig will er diese Bequemlichkeit nicht mehr missen. Gesagt getan: An der diesjährigen Oscar-Verleihung trug der Künstler zu seinem Anzug goldgefärbte Crocs. Mit diesem Look setzte Questlove ein Statement: Die Pandemie hat ihn gelehrt, dass es nicht darauf ankommt, was andere von seinem Outfit halten, sondern dass er sich darin wohlfühlt.
Wer Crocs trägt, entscheidet sich bewusst für Tragekomfort und pfeift auf die Meinung anderer. Das macht wohl den Erfolg dieser Plastiklatschen aus. Die stetig wachsende Trägerschaft spricht für sich. Ich bin gespannt, ob mich die Treter eines Tages doch noch von ihren Qualitäten überzeugen können. Bis dahin schliesse ich mich der Meinung von Victoria Beckham an. Erst kürzlich hat die Designerin von Justin Bieber ein Paar seiner lilafarbene Crocs (siehe oben) zugeschickt bekommen. Ihre Antwort auf die nette Geste ging viral: «Ich würde eher sterben, als Crocs zu tragen, aber trotzdem danke.»


Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt.