

«Ein Konfibrot ist kein Problem»

Der Zahnmediziner Adrian Lussi erklärt, wie oft man Kleinkindern die Zähne putzen muss, und warum nächtliche Milchschoppen viel mehr Schaden anrichten als Desserts nach dem Znacht.
Herr Lussi, ab wann muss man seinem Kind die Zähne putzen?
Sobald der erste Zahn kommt. Normalerweise ist das in einem Alter von etwa sechs Monaten.
Worauf sollte man beim Kauf von Zahnbürste und Zahnpasta achten?
Es sollte eine kleine Zahnbürste mit weichen Borsten und Kinderzahnpasta mit Fluorid sein. Der Unterschied zu Produkten für Erwachsene ist, dass Zahnpasten für Kinder weniger Fluorid enthalten; Babys und Kleinkinder können Zahnpasta noch nicht ausspucken und schlucken sie. Schädlich ist Fluorid zwar auch in etwas höherer Dosis nicht, aber es kann zu weissen Flecken auf den Zähnen führen.
Wie oft muss man Babys und Kleinkindern die Zähne putzen?
Bis die Kinder vier oder fünf Jahre alt sind, reicht einmal Zähneputzen pro Tag aus – auch wenn zwei Mal natürlich besser wäre. Jeder, der Zuhause mehr als ein Kind hat, weiss aber, dass es ziemlich aufreibend sein kann, mehrmals pro Tag allen die Zähne zu putzen. Sind die Kinder etwas grösser, können sie natürlich auch selbst Zähne putzen - allerdings sollte ein Erwachsener immer nachreinigen.
Sie haben es bereits angesprochen: Zähneputzen mit kleinen Kindern ist manchmal eine anstrengende Angelegenheit. Haben Sie einen Tipp für leidgeprüfte Eltern?
Wir haben gemerkt, dass Kinderzahnbürsten oft zu hart sind, deshalb sollte man unbedingt weiche Borsten verwenden. Diese reinigen genauso gut wie harte. Aber natürlich haben Kinder selbst dann nicht immer Lust, ihre Zähne zu putzen. Es kann helfen, wenn man ein spielerisches Ritual daraus macht: Als meine eigenen Kinder klein waren, haben wir ihnen oft etwas erzählt oder vorgesungen, während sie bei uns auf dem Schoss sassen. Das klappte ganz gut.
Darf man Kindern überhaupt Süsses geben, wenn man ihre Zähne gesund halten will?
Ein Konfibrot am Morgen und auch das Dessert nach dem Abendessen sind kein Problem, wenn man danach die Zähne putzt. Zum Znüni isst man aber besser einen Apfel oder ein Rüebli. Sowohl Kinder als auch Erwachsene sollten nicht mehr als vier oder fünf Mal pro Tag zuckerhaltige Speisen und Getränke zu sich nehmen, zu diesen zählen auch Bananen oder Ketchup. Besonders grossen Schaden richtet Süsses aber in der Nacht an: Schoppen mit gezuckertem Tee oder Fruchtsaft, an dem das Baby immer wieder nuckelt, sind heute die häufigste Ursache für Karies bei Kleinkindern.
In der Nacht sollte man selbst auf Milchschoppen verzichten. Warum?
Der Mensch produziert im Schlaf kaum Speichel. Dieser hat in der Kariesprophylaxe aber eine wichtige Funktion: Er verdünnt und neutralisiert die Säuren im Mund und umgibt die Zähne mit einem Schutzfilm.
Die Nachlässigkeit mancher Eltern bei der Kinderzahnhygiene ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass Milchzähne irgendwann ausfallen. Zu Recht?
Milchzähne sind Platzhalter. Wo sie fehlen, nehmen andere ihren Raum ein, und es kommt zu Fehlstellungen bei den dauerhaften Zähnen, die dann mühevoll korrigiert werden müssen. Zudem gelangt Karies bei Milchzähnen viel rascher an die Zahnwurzel und führt zu grossen Schmerzen, die wohl jeder seinem Kind ersparen will.
Wann sollte man mit einem Kleinkind zum ersten Mal zum Zahnarzt?
Ich halte hier wenig von fixen Regeln. Viel wichtiger ist: Der Besuch beim Zahnarzt soll für das Kind eine positive Erfahrung sein. Am besten geht es mit der Mutter oder dem Vater einfach einmal mit, und beim Abschied blickt der Zahnarzt en passant dem Kind rasch in den Mund - ohne grosses Aufheben. Anders ist es bei Anzeichen auf Karies: Weist ein Kind längliche weisse Flecken am Zahnfleischrand auf, sollte man sofort einen Termin ausmachen.
Adrian Lussi ist Professor und Direktor der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin an der Universität Bern.
Die Broschüre Gesunde Milchzähne der Schweizerischen Vereinigung für Kinderzahnmedizin SVK.
Produkte für die Zahnpflege deines Sonnenscheins
Hinweis: Bei diesen Produkten handelt es sich nicht um Empfehlungen der Autorin, sondern um passende Produkte aus unserem Sortiment.
Mehr von Ümit Yoker


Journalistin und Mutter von zwei Söhnen, beides furchtbar gerne. Mit Mann und Kindern 2014 von Zürich nach Lissabon gezogen. Schreibt ihre Texte im Café und findet auch sonst, dass es das Leben ziemlich gut mit ihr meint.<br><a href="http://uemityoker.wordpress.com/" target="_blank">uemityoker.wordpress.com</a>