Produkttest

Mein Wani: 3D-Drucker fürs kleine Portemonnaie und starke Nerven

Kevin Hofer
13.12.2018

3D-Drucker werden immer günstiger. Den Duplicator i3 Mini von Wanhao gibt’s bereits für unter 250 Franken. Er eignet sich daher super für Einsteiger, kann aber für Frust sorgen.

Ich liebe Wani. So nenne ich den 3D-Drucker im Verlauf unserer Beziehung. Genervt, frustriert sowie ratlos sind Adjektive, die meine anfängliche Beziehung zum Drucker am besten beschreiben. Über Wochen versuche ich Drucke zustande zu bringen. Immer erfolglos. Meine Prints wollen einfach nicht auf der Bauplatte haften. Sind weniger als 250 Franken doch zu günstig für einen 3D-Drucker?

Das kann der Drucker

Der Fused-Filament-Fabrication-Drucker kommt mit folgenden Specs:

  • 3D Druck Methode: Fused Filament Fabrication
  • 3D Druck Auflösung: 100 microns (0.1 mm)
  • Durchmesser Heizfaden: 1.75 mm
  • Durchmesser Düsenöffnung: 0.40 mm
  • Max. Druckgrösse (LxBxH): 120 x 135 x 100 mm
  • Geschwindigkeit: 70 mm/s
  • Unterstütztes Druckmaterial: Metall, Nylon, Carbon, ABS, Holz, PLA, NinjaFlex, PVA, PET-G, HIPS

Aller Anfang ist schwer

Bauplatte leveln? Check! Skirt, Brim oder Raft drucken? Check! Geschwindigkeit bei den ersten Schichten reduzieren? Check! Haften die Prints? Nein und nochmal nein. Genervt verfluche ich den Wanhao i3 Mini. Was für ein sperriger %”#eiss Name. Und als wäre es nicht genug, dass die ver*°+/ten Prints nicht haften wollen, schmiert der Extruder bei Druckbeginn eine Schicht PLA quer über die Bauplatte.

Was soll ich nur tun? Ich schaue mir Videos zum chinesischen Billigprinter an. Andere scheinen keine Probleme mit der Haftung auf der Bauplatte zu haben. Im Gegenteil, die meisten können die Prints fast nicht entfernen. Frustriert suche ich immer wieder nach neuen Tricks. Abhilfe schaffen dann Hausmittel: Malerband auf die Platte kleben und Leimstift auftragen. Siehe da, meine Prints haften. Endlich. Jetzt kann ich das Teil auch vernünftig testen.

Falls deine PLA-Prints ebenfalls nicht haften, habe ich dir Tipps und Tricks im untenstehenden Artikel zusammengefasst.

  • Ratgeber

    Einsteiger-Tipps für den 3D-Drucker: So haften deine PLA-Prints

    von Kevin Hofer

Das Problem mit dem zu früh kommen – hihi – besteht zwar weiterhin. Aber das kann ich beheben, indem ich einen Brim drucke und das unsauber Aufgetragene vor dem eigentlichen Druck entferne. Endlich funktioniert das Drucken. Ich habe den Eindruck, dass mich der Duplicator i3 Mini ins «richtige» 3D-Drucken eingeführt hat. Mit allem Experimentieren und Scheitern, aber auch mit dem unbeschreiblich schönen Gefühl, wenn es endlich mit dem Print klappt. Und wie es klappt.

Das hässliche Entlein

3D-Drucker müssen nicht schön sein, sie müssen sauber drucken. Dennoch ist der massive, sieben Kilo schwere Drucker keine Schönheit. Verglichen mit teureren 3D-Druckern sieht er etwas schäbig aus. Ich mag das. Der i3 Mini ist sowas wie der liebenswerte Underdog.

Da die Druckgrösse auf 120 x 135 x 100 mm limitiert ist, muss ich mich beim Testdrucken auf kleine Projekte begrenzen. Weil ich ein neues Keyboard habe, drucke ich für einige meiner Kollegen und mich Keycaps aus. Schon immer – also etwa seit ich die Idee zum Drucken von Keycaps hatte – wollte ich Legotasten.

Auf Thingiverse finde ich zunächst keine Vorlage, die mir gefällt. Ich will richtige Legosteine auf meiner Tastatur und keine Imitate. Über Reddit stosse ich auf einen Adapter, mit dem sich Legosteine einfach auf die Tastatur setzen lassen. Die sind sehr klein. Perfekt um zu testen, wie Wani mit kleinen Drucken umgeht.

Nach wenigen Minuten ist der erste Adapter fertig. Er passt perfekt auf meine Switches und auch der Legostein hält bombenfest. Ich drucke vier Adapter für die Pfeiltasten. Die Legosteine haben selbstverständlich nicht dieselbe Höhe wie die anderen Keycaps, weshalb die Pfeiltasten der perfekte Ort für sie sind. So stört es mich beim Schreiben nicht. Cool, Wani, wie ich ihn jetzt nenne, hat mir eine erste Freude bereitet.

Ruckelige Steuerung

Druckbefehle nimmt Wani über eine microSD-Karte entgegen. Deine Modelle planst du am Computer mit einem Druckprogramm und lädst die GCODE-Dateien dann auf die Karte, welche du vorne am Gerät einstecken kannst.

Wani selbst steuerst du über ein Bedienungsrad. Rechts davon befindet sich ein Display. Ins Menü kommst du mit einem Druck aufs Rad, so wählst du übrigens auch aus. Im Menü stehen dir die Optionen Print File, Level bed, Quick Settings und Advanced zur Verfügung. Im Untermenü von Quick Settings kannst du Filament Hinzufügen oder Entfernen, den Extruder vorheizen oder abkühlen. Unter Advanced Settings kannst du die Temperatur einstellen, deine Einstellungen speichern oder auf Standard-Einstellungen zurücksetzen.

Die Bedienung ist einfach und das Menü übersichtlich. Das Bedienungsrad ist aber nicht wirklich zuverlässig. Ich habe beim Auswählen einer Datei versehentlich am Rad gedreht und dadurch den Druck einer falschen Datei gestartet. Manchmal reagiert das Rad auch gar nicht auf eine Drehung und ich muss es dann nochmal versuchen.

Ein hässliches, aber präzises Entlein

Mir gefällt der neue Look meiner Tastatur. Jetzt will ich unbedingt noch weitere Keycaps. Ich entscheide mich für einen mit Benderkopf. Der passt perfekt zu meiner Bessi, die ich fürs letzte 3D-Drucker-Review gemacht habe.

  • Produkttest

    S5: Ein Erfahrungsbericht mit dem neuen 3D-Drucker aus dem Hause Ultimaker

    von Kevin Hofer

Da mich interessiert, wie detailliert Wani drucken kann, stelle ich die Schichtdicke auf 0.1 mm. Weil der Drucker nur über einen Extruder verfügt, kann ich keine Supportstrukturen drucken. Da wird Bendercap, wie ich meine künftige Escape-Taste nenne, eine echte Herausforderung. Vor allem die Antenne ist eine Knacknuss.

Das Resultat überzeugt mich. Bendercap ist sauber gedruckt und auch die überhängenden Teile sehen toll aus. Die Antenne hat Wani aber nicht ganz sauber hingekriegt. Für die Grösse des Drucks bin ich dennoch positiv überrascht. Bei diesem Print habe ich durchgehend auf 100 Prozent der Geschwindigkeit gedruckt. Es könnte also sein, dass er mit weniger Tempo sauberer gekommen wäre. Wani gefällt mir immer besser.

Jetzt will ich wissen, wie die Qualität beim selben Print mit 0.2 mm Schichtdicke aussieht. Da mir das gelbe PLA ausgegangen ist – ich musste zwischenzeitlich noch Keycaps für meine Kollegen drucken – kann ich Bendercap nur noch in Schwarz drucken. Trotzdem erkennst du auf dem Vergleichsbild den Unterschied zwischen den beiden Schichtdicken. Bei so kleinen Modellen empfiehlt sich definitiv eine Schichtdicke von 0.1 mm, wenn sich der Print sehen lassen soll.

Von den anderen Keycaps, die ich gedruckt habe, bin ich vor allem vom Voxel Cat überwältigt. Die Qualität des Drucks ist in meinen Augen schlicht genial, für einen nicht mal 250 Franken teuren 3D-Drucker. Wani ist echt toll.

Wie soll ich ABS ohne beheiztes Bett drucken?

Wani unterstützt viele verschiedene Filamente. Darunter auch solche, die eine beheizte Bauplatte zur Haftung erfordern. ABS zählt zu diesen Materialien. Ich verwende den Trick mit Malerband und Leimstift für bessere Haftung. ABS verzieht sich beim Kühlen stark. Deshalb sind stabile erste Schichten noch wichtiger als bei PLA.

Ich hätte es mir denken können. Das ABS-Filament kommt zwar sauber aus dem Extruder, es verzieht sich aber derart stark, dass ein sauberer Druck nicht möglich ist. Ich habe zwar schon von Personen gehört, die ihre Bauplatte angeschliffen haben, damit ABS haftet. Da ich aber nur ein Testgerät zur Verfügung habe, will ich dieses nicht ruinieren. Eventuell lässt sich mit etwas selbst Hand anlegen, ein beheiztes Bett bauen.

Dancing Groot und Guetzliformen

Jetzt will ich noch grössere Modelle drucken. Obwohl, gross ist bei Wani relativ. Kollege Luca Fontana ist Groot. Also drucke ich ihm einen tanzenden Baby Groot fürs Pult. Ich mache den Druck so hoch wie möglich. Auch hier überzeugt mich Wani. Vor allem die «Haare» sind sehr sauber gedruckt. Für diese habe ich die Geschwindigkeit während dem Druck auf 50 Prozent heruntergesetzt.

Da bald Weihnachten ist und Weihnachtsguetzli jetzt voll in sind, drucke ich Nerd-Guetzliformen. Für diese stelle ich die Schichtdicke auf 0.2 Millimeter, so sind die Formen schneller fertig. Auch hier überzeugt mich die Qualität und Wani kommt sehr gut mit den schmalen Rändern zurecht. Das Teil ist echt geil.

  • News & Trends

    Werde ich mit selbstgedruckten Nerd-Guetzliformen zum Fan von Weihnachtsguetzli?

    von Kevin Hofer

Geiles Teil mit Macken

Ich habe Wani in den letzten Wochen lieben gelernt, obwohl er etwas schäbig ist. Das Druckrad ist aus der Hölle und der Extruder kommt häufig zu früh – nochmal: hihi. Das sind aber Dinge, die mich bei einem nicht mal 250 Franken teuren Drucker nicht stören. Mittlerweile finde ich diese Eigenschaften sogar sympathisch. Mein Wani hat halt seine Macken.

Sobald ein Druck aber läuft, funktioniert alles reibungslos. Toll finde ich auch, dass ich die Temperatur und Geschwindigkeit hardwareseitig noch während des Drucks ändern kann. Ich habe Freude daran, selbst etwas Hand anzulegen – und noch ein letztes Mal: hihi –, und die Bauplatte mit Malerband und Leimstift zu bearbeiten.

Schade finde ich, dass Wani zwar ABS und andere Materialien die ein beheiztes Bett benötigen, drucken kann, diese aber mangels Heizbett nicht haften. Dennoch, für den Preis findest du nicht so schnell einen so tollen 3D-Drucker. Jetzt ist 3D-Druck tatsächlich für beinahe alle zugänglich, und das ist der grosse Verdienst von Wani.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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