Hintergrund

Mode-Wörter: Was hat es auf sich mit «Quiet Luxury»?

Laura Scholz
1.6.2023

In der Modewelt kursieren ja so einige Begriffe, deren Bedeutung alles andere als offensichtlich ist. Aktuell hört und liest man zum Beispiel überall von «Quiet Luxury». Eine TV-Serie ist schuld.

Plötzlich sprechen alle von «Quiet Luxury». Wer in den letzten Jahren sein Geld in plakative Logos und protzige Statussymbole investiert hat, guckt jetzt doof aus der reisserisch gebrandeten Wäsche. Verantwortlich für die neue optische Bescheidenheit soll unter anderem die HBO-Serie «Succession» sein. Aber von vorn.

Luxus ja, prahlen nein

Je offensichtlicher auf den ersten Blick zu erkennen war, von welchem (teuren) Brand du dir dein Kleidungsstück geleistet hast, umso grösser die Welle des Ansehens, die dir entgegen schwappte. Diese Faustregel galt noch bis Anfang des Jahres. Dann ist etwas passiert. Ein sogenannter Vibe Shift. Heisst: Die Stimmung ist umgeschlagen, auf einmal kam in grossen, bestimmten Schritten ein komplett gegensätzlicher Trend auf uns zu. Statt sich weiter in der Logo-Mania zu suhlen, wusste, wer cool ist, dass «Quiet Luxury» nun den modischen Ton angibt. Leiser, unauffälliger Luxus, der es nicht nötig hat, dir lautstark seinen Preis ins Gesicht zu brüllen.

So jedenfalls handhabt es die Familie Roy aus der HBO-Serie «Succession», die Ende März in ihre vierte und letzte Staffel startete. Der fiktive, superreiche Medien-Clan hat so viel Geld, dass Privatjets zu ihrem Alltag gehören wie für dich und mich das Tramticket. Logos oder trendspezifische Kleidungsstücke suchst du bei ihnen trotzdem vergeblich. Zeitlos soll alles sein, qualitativ so hochwertig wie möglich und bloss nicht grell oder aufdringlich. Wer Geld hat wie Heu, hat das plumpe Protzen nicht nötig. Das kennen wir auch aus dem nicht gescripteten Leben von Persönlichkeiten wie Bill Gates, Mark Zuckerberg und Françoise Bettencourt Meyers. Understatement ist das Zauberwort.

Facebook-/Meta-Gründer Mark Zuckerberg und Microsoft-Gründer Bill Gates.
Facebook-/Meta-Gründer Mark Zuckerberg und Microsoft-Gründer Bill Gates.
Quelle: Twitter

Für den leisen Luxus steht also Qualität über Quantität, Minimalismus über Exzentrik, stilles Geniessen über peinlichem Prahlen. Eine Philosophie, die du zum Beispiel bei Labels wie Bottega Veneta, The Row, Totême und Khaite wiederfindest – und das übrigens schon lange vor «Succession».

Khaite Frühjahr/Sommer 23
Khaite Frühjahr/Sommer 23
Quelle: Spotlight
Bottega Veneta Frühjahr/Sommer 23
Bottega Veneta Frühjahr/Sommer 23
Quelle: Spotlight

In der Serie «Mode-Wörter» versuche ich regelmässig Licht ins Kommunikations-Dunkel zu bringen. Falls auch du manchmal lost in translation bist, kann ich bestimmt weiterhelfen – einfach mit deinem Input in die Kommentare sliden.

Titelfoto: Cottonbro Studio via Pexels

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