Hinter den Kulissen

Monster vertreiben gehört auch zu meinem Job

Norina Brun
9.12.2020

Gion Manetsch ist Category Leader bei Digitec Galaxus, leitet ein elfköpfiges Team und ist Vater von zwei kleinen Kindern. Zuvor war er jahrelang Profi-Mountainbiker und ganz vorne mit dabei.

Gion, welchen Beruf würdest du wählen, wenn du neu beginnen könntest?
Gion Manetsch: Ich bin eigentlich ganz zufrieden damit, wo ich gelandet bin.

Nur eigentlich?
Ich habe mich in meiner Vergangenheit schon in verschiedenen Berufsgattungen mit sehr unterschiedlichen Anforderungen betätigt. Dabei gab es immer positive und negative Seiten. Meine Informatik-Lehre war zwar spannend, mir aber dann doch ein bisschen zu abstrakt. Während meinem BWL-Studium habe ich regelmässig als Velo-Mechaniker gearbeitet. Der direkte Kundenkontakt, das handwerkliche Geschick und natürlich die innovativen Produkte machten viel Spass, allerdings fehlte mir da ein schönes Büro und vor allem das strategische, analytische Arbeiten.

Dann hast du jetzt den Foifer und s’Weggli?
Kann man so sagen - meine aktuelle Stelle ist eine Kombination aus Büro, lässigem Team, spannenden Produkten, inhaltlich anspruchsvollen Aufgaben und viel Eigenverantwortung bei einem Tech-Arbeitgeber.

Du warst auch mal Bike-Profi an der Weltspitze.
Ja, diese Zeit war hinsichtlich vieler Dinge wie Reisen, Selbstständigkeit, Lifestyle und Emotionen ganz toll, allerdings nichts, was man bis ans Lebensende machen kann. Zudem macht ein 5-stündiges Training im Regen auch nicht immer gleich viel Spass und wenn man Erfolg haben will, ist es ein 24-Stunden-Job.

Was bereitet dir am meisten Freude?
Da gibt es ganz viele Sachen – sowohl beruflich als auch privat: Wenn ich mir in einem Business Case einen Plan zurechtlege, der dann perfekt aufgeht. Wenn mein Sohn Julian das erste Mal alleine die Rutschbahn runterkommt - ohne zu weinen. Wenn ich ein positives Feedback von einem Teammitglied bekomme. Wenn eine Tagesaktion um 8 Uhr ausverkauft ist. Wenn ich mich auf dem Bike-Trail endlich über den grossen Sprung getraut habe - ebenfalls ohne zu weinen. Wenn ich mit dem Team auf die tolle Arbeit anstosse. Oder wenn Julian seiner Schwester ein Küssli geben will - und sie dabei halb erdrückt.

Du leitest ein elfköpfiges Team. Wie lauten Deine Führungsgrundsätze?
Meinen Führungsstil sehe ich eher auf der kooperativen als auf der autoritären Seite. Ich versuche immer, meinem Team auf Augenhöhe zu begegnen und für die persönlichen wie beruflichen Anliegen aller stets ein offenes Ohr zu haben. Zudem ist es mir wichtig, dass Lösungen und Entscheidungen aus dem Team herausgefunden werden.

Vor 1.5 Jahren hatten wir – wenn ich mich recht erinnere – noch zwei Tage Vaterschaftsurlaub. Nun sind wir bereits bei einem Monat. Das ist toll.
Gion Manetsch

Gerade mal eine der 100 grössten Schweizer Firmen hat einen weiblichen Chef. Das ist 1 Prozent. Was braucht es aus deiner Sicht, um dieses Ungleichgewicht etwas zu glätten?
Teilzeitarbeit, flexible Arbeitszeiten und Homeoffice sollten keine Ausnahmen, sondern Standard sein. Dies bringt eine viel grössere Flexibilität, die absolut notwendig ist, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Ich finde es deswegen zum Beispiel toll, dass bei uns alle Führungspositionen im 80-100% Pensum ausgeschrieben sind.
Einen weiteren Wirkungshebel sehe ich in der Elternzeit. Während Mütter mindestens 14 Wochen (und oft länger) nach der Geburt abwesend sind, ist das gesetzliche Minimum bei den Vätern zwei Wochen. Das führt schnell dazu, dass die Frauen, die ja «eh schon zu Hause sind», dann auch viel später oder mit stärker reduziertem Pensum wiedereinsteigen. Theoretisch sollten beide Elternteile gleich lange Elternzeit erhalten.

Per 1. Januar 2021 verlängert Digitec Galaxus den Vater- und den Mutterschaftsurlaub um je zwei Wochen. Ein Tropfen auf den heissen Stein?
Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Vor 1.5 Jahren hatten wir – wenn ich mich recht erinnere – noch zwei Tage Vaterschaftsurlaub. Nun sind wir bereits bei einem Monat. Das ist toll. Auch die 16 Wochen Mutterschaftsurlaub sind definitiv ein sehr positives Signal und eine Erleichterung für künftige Mütter in unserem Unternehmen. Dennoch sind 16 Wochen halt auch nur vier Monate und somit schon etwas knapp bemessen. Aus eigener Erfahrung fände ich es schwierig, ein Baby mit vier Monaten schon zum Grossteil fremdbetreuen zu lassen. In dieser Phase können die Eltern die Bedürfnisse ihres Babys am besten befriedigen. Weshalb man wohl auch mit 16 Wochen Mutterschaftsurlaub in den meisten Fällen nicht darum herumkommen wird, sich durch unbezahlten Urlaub oder die Verwendung von Ferientagen etwas mehr Elternzeit zu verschaffen.

Deine Partnerin wird nach ihrer Mutterschaftspause auch als Teamleiterin arbeiten.
Ja und dabei unterstütze ich sie voll und ganz. Teilweise braucht es aber ein Umdenken in der Gesellschaft und mehr Akzeptanz für Frauen, die «trotz Kinder» viel arbeiten. Mein Eindruck ist, dass einerseits schon gewünscht wird, dass Frauen mit Kindern arbeiten, sie aber andererseits dennoch häufig dafür kritisiert werden, dass sie ihre Kinder fremdbetreuen lassen. Ich glaube, dass dies schon die eine oder andere Frau verunsichert und das diesbezüglich ein Umdenken stattfinden muss, wie die Familie funktionieren soll.

Teilzeitarbeit, flexible Arbeitszeiten und Homeoffice sollten keine Ausnahmen, sondern Standard sein.
Gion Manetsch

War für dich von Anfang an klar, dass du, nachdem du Vater geworden bist, wieder zurück in den Beruf willst?
Ja, eigentlich schon. Ich gehe gerne arbeiten und kann in der aktuellen Position noch sehr viel lernen und mich weiterentwickeln. Zudem möchte ich auch weiter ein Bein im Berufsleben behalten und mir tut die Abwechslung zwischen Arbeit und Familie sehr gut.

Teilt ihr euch in der Partnerschaft die Care Arbeit auf?
Ja, wir versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen und uns bei anstrengenderen Arbeiten abzuwechseln. Das Ins-Bett-Bringen der Kinder, das nächtliche Aufstehen oder im Moment z.B. das Zähneputzen bei Julian - leider helfen meine Geschichten von den bösen Monstern, welche die Zähne kaputt machen wollen, mittlerweile nicht mehr. Dennoch hat jeder so seine Ämtli. Ich bin meistens für Kochen und Einkauf verantwortlich, meine Partnerin kümmert sich dafür um fast alle organisatorischen Dinge. Mit der Geburt unseres zweiten Kindes vor ein paar Monaten haben wir auch die Betreuung der Kleinen etwas aufgeteilt. Ich kümmere mich etwas mehr um meinen 2-jährigen Sohn, meine Partnerin mehr um unsere Kleine.

Vielleicht hast du noch einen Tipp für Leute in der gleichen Situation oder gar etwas, was du beim nächsten Mal anders machen würdest?
Gerade was Beruf und Familie bzw. deren Vereinbarkeit anbelangt, bin ich immer sehr vorsichtig mit Tipps. Ich denke jede und jeder bzw. jedes Paar muss da seinen eigenen Weg finden, der am besten zu den Bedürfnissen und Erwartungen aller Familienmitglieder passt. Von Ratschlägen und Erfahrungen anderer würde ich mich gar nicht gross beeinflussen oder verunsichern lassen.

Danke Gion, für das offene Gespräch.

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Norina Brun
Senior Communications Manager
norina.brun@digitecgalaxus.ch

Mit Nachrichten finde ich mich nicht ab – mich interessieren die Geschichten dahinter. Die Neugierde ist meine ständige Wegbegleiterin: Dank ihr verbringe ich den Samstagnachmittag in meinem Lieblingskafi, lausche Stadtgeschichten, plane gleichzeitig meine Reiseabenteuer und kreiere neue Eventideen. Die Zen-Meditation muss warten. 

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