Hintergrund

Nass, kalt und ziemlich geil

Heute mache ich Sport mit Kite-Lehrerin Andrea Gaffuri und stürze mich in den Silvaplanersee. Der ist sehr nass, sehr kalt und Kitesurfen kann sehr bös in die Windel gehen. Also einmal tief durchatmen und los geht's.

Es ist Mitte Juni, als ich Andrea in Silvaplana treffe – die Bullenhitze dieses Sommers noch in weiter Ferne, der See kalt. Sehr schnell wird mir klar, dass Kitesurfen a) eine Materialschlacht und b) sehr komplex ist. Das macht die ganze Sache für mich auch nicht gerade leichter. Schliesslich habe ich nicht einfach zwei linke Hände, ich habe vier Füsse. Und ausserdem erfordert dieser Sport von einem blutigen Anfänger wie mir eine gehörige Portion Überwindung.

Materialschlacht #1

Schon beim Anziehen des «Gschtältli» brauche ich Andreas Hilfe. Von wegen vier Füssen und so. Dann müssen diverse Leinen am Kite angebracht werden. Die «Bar» (nein, hat nichts mit Drinks zu tun) wird am Gschtältli, oder der «Waist» wie die Profis diese Windel wohl nennen, befestigt. Das sieht dann in etwa so aus:

Nach den Trockenübungen, noch an Land mit dem Übungskite, bauen Andrea und ich einen «Tubekite» auf. Das Teil hat eine Fläche von 14m², wird aufgepumpt und hängt schliesslich in rund 25 Metern Höhe über unseren Köpfen. Dieser Tubekite entwickelt wesentlich mehr Energie, als der kleine Übungskite. Je nach Windböe muss ich schon einige Kraft aufwenden, um das Ding zu bändigen. Und Andrea? Die steht daneben und sagt in einer Seelenruhe: «Heute haben wir fast keinen Wind.» Na dann ... geht’s ab ins Wasser.

Materialschlacht #2

Moment. Zuerst umziehen. Ich zwänge mich in einen Neoprenanzug und stosse dabei diverse Flüche aus, die ich aus rechtlichen Gründen hier nicht veröffentlichen darf. Kurz gesagt: Neopren anziehen sucks. Hinzu kommen noch die Schwimmweste, darüber eine Art Signalweste, die Schuhe und der Helm. Und dann, komplett durchgeschwitzt, bin ich endlich bereit für den arschkalten Silvaplanersee. Halleluja!

Nicht irgendwann, sofort

«Links, rechts, links, rechts.» Andrea hängt hinter mir an meiner Waist-Windel und gibt mir Anweisungen, wie ich den Kite steuern soll. Und das tut sie sehr resolut. Als ich einmal die Bar nicht sofort loslasse, wie sie es mir zuruft, wird sie laut: «Wenn ich loslassen sage, dann lässt du die Bar los und zwar nicht erst nach zwei Sekunden, sondern sofort! Sonst kann es nämlich sehr schnell, sehr gefährlich werden. Hast du das verstanden?» Ja, habe ich und wer's nicht glaubt, bitte sehr. Hier eine kleine Auswahl an Kitesurf-Fails:

Ansonsten ist Andrea eine liebenswerte, fröhliche Frau. Wir lachen auf jeden Fall an diesem Nachmittag viel miteinander.

4 Stunden vs 1.5 Tage

Ein Anfängerkurs dauert gemäss Andrea Gaffuri eine Woche. Danach sollte man in der Lage sein, ohne sich und andere zu gefährden, auf dem Board ein wenig über den See zu fahren. Ich hatte vier Stunden. Kein Wunder, habe ich es nicht aufs Brett geschafft. Aber immerhin: Sich durch den See schleppen zu lassen, steht normalerweise am zweiten Kurstag nachmittags auf dem Programm. Ich bin also mit meiner Lehrerin und mir ganz zufrieden.

Als ich aus dem Wasser komme, überwältigen mich für einen kurzen Moment die Emotionen. Wahrscheinlich bin ich mit Hormonen vollgepumpt. Darum beginne ich vermutlich auch erst jetzt zu frieren, im See habe ich absolut nichts von der Kälte gespürt. Apropos: Neopren anziehen sucks, Neopren tragen ist super!!!

Kitesurfen und Skifahren

Kitesurfen erinnert mich ans Skifahren. Also genauer gesagt daran, wie unendlich mühsam der Anfang ist. Die klobigen Ski-Schuhe, die Skis und Stöcke, die du dir ständig selbst um die Ohren haust. Zu meiner Zeit gab es noch diese unsäglichen Schlepplifte. Von denen bin ich in der Skischule immer runtergefallen. Dann im Stemmbogen über die Piste schleichen usw. Kurz: Skifahren ist grosses Kino, wenn du es beherrscht, der Anfang ist Sch*****. Mit dem Kitesurfen verhält es sich ähnlich. Nach den ersten Erfolgserlebnissen lässt dich der Spass nicht mehr so schnell los. Der Appetit kommt eben mit dem Essen.

Zum gesamten Kitesurf-Sortiment bei Galaxus

Und das nächste Mal bei «Patrick macht Sport mit ...»

Von Silvaplana geht es nach Laax, vom See in die Urban Surfwave. Der Kite bleibt im Oberengadin, ich schnappe mir ein Skateboard und probiere die junge Sportart «Surf-Skateboarden» aus. Ganz ohne Wasser. Halleluja. Schwing dich mit mir aufs Skateboard und verpasse mit meinem Autorenprofil keine meiner Geschichten.

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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