
Produkttest
10 Wochen bis zum Start: Werde ich den Halbmarathon in Nnormal-Schuhen laufen?
von Siri Schubert
Raus aus der Routine: Laufen in den Bergen bringt Spass und Abwechslung. Deshalb habe ich meine Trainingsroutine in Vorbereitung auf einen Halbmarathon mit einem Trailrunning Workshop unterbrochen. Und gelernt, dass es richtig gute Ausrüstung dafür gibt.
Seit einigen Wochen bereite ich mich auf den Hallwilersee Halbmarathon Mitte Oktober vor. Das Laufen um den See gefällt mir, doch noch schöner wird es, wenn es in die Berge geht. Das Naturerlebnis, die Aussichten, die technischen und konditionellen Herausforderungen – all das fasziniert mich. Und wenn ich dann noch mit Coaches von Up2Peak und einer motivierten Gruppe unterwegs sein darf, ist der Lauftag eigentlich schon perfekt.
Knapp 18 Kilometer und 1360 Höhenmeter galt es zurückzulegen. Und das bei sommerlichen Temperaturen. Dabei waren wir auf sehr unterschiedlichen Pfaden unterwegs: von federnd-weichen Waldwegen über Trails mit Wurzeln bis hin zu steinigen Wegen mit Geröll, auf denen das Trailrunning zum Trailhiking wurde. Auf der abwechslungsreichen und anspruchsvollen Strecke konnte ich Laufbekleidung testen – von Schuhen bis Shirt. Denn Schwächen in der Verarbeitung und Funktion würden bei diesem Lauf sicher zum Vorschein kommen.
Das Trailrunning-Training war die perfekte Gelegenheit, den «Kjerag», einen Schuh der norwegischen Marke Nnormal auf die Probe zu stellen, den ich auf Feld- und Waldwegen bereits getestet hatte. Nun ging es in anspruchsvolleres Gelände.
Etwas Bedenken hatte ich schon, ob die Profiltiefe der Aussensohle von 3,5 Millimetern ausreichen würde, um ohne Rutschen auf unbefestigten Wegen zu laufen. Gespannt war ich auch, wie sich die Zwischensohle mit 23,5 Millimetern an der Ferse und 17,5 Millimetern am Vorfuss machen würde. Denn im Vergleich zu anderen Trailrunningschuhen bietet sie relativ wenig Dämpfung. Ich mag es, beim Laufen den Boden unter meinen Füssen zu spüren, aber wenn die Sohle zu dünn und die Steine zu spitz sind, kann es unangenehm werden.
Meine Zweifel waren unbegründet. Der «Kjerag» bot hervorragenden Halt auf jedem Untergrund und das Laufen fühlte sich von Anfang bis Ende gut an. Der Schuh sass während des Laufens sowohl bergauf als auch bergab perfekt und die breite Zehenbox verhinderte, dass ich Blasen oder Druckstellen bekam. Da wir an einem warmen, trockenen Sommertag unterwegs waren, konnte ich nicht testen, wie sich der Schuh auf nassem Untergrund schlägt. Deshalb bin ich zusätzlich am Hallwilersee zu Testzwecken über nasse Steine gelaufen. Die Vibram-Megagrip-Sohle hält auch da gut und wird ihrem Namen gerecht. Der «Kjerag» hat das Potential, mein Schuh für alle Fälle zu werden, ob auf den Wegen rund um den See oder in bergigem Gelände.
Laufsocken? Was sollen die schon mehr können, als normale Socken, dachte ich noch vor wenigen Monaten. Beim Joggen habe ich bisher einfach etwas ältere Alltagssocken gewählt. Doch nachdem ich immer wieder hörte, dass gute Socken Scheuerstellen und Blasen verhindern, die Füsse angenehm trocken halten und den Fuss unterstützen, habe ich echte Laufsocken ausprobiert.
Die «Compressport Pro Racing V3.0 Trail» – was für ein Name! – reizten mich, weil sie die Füsse nicht nur trocken halten sollen. Zusätzlich sollen ein Kompressionsband und weitere Kompressionselemente den venösen Rückfluss verbessern. Sie haben zudem keine Nähte oder Gummis, die reiben können. Wenn schon, denn schon, dachte ich, als ich mir dieses Luxusmodell bestellte.
Direkt vergleichen mit anderen Laufsocken kann ich sie mangels Erfahrung nicht. Was ich aber sagen kann, ist, dass meine Füsse auch bei heissen Temperaturen während des 18 Kilometer Laufs trocken und relativ kühl blieben. Ob das venöse Blut bei so kurzen Socken tatsächlich besser zurückfliesst, kann ich nicht beurteilen. Aber der enge Sitz um den Knöchel fühlte sich auf jeden Fall sehr angenehm an und die Socken rutschten kein bisschen.
Bisher waren Laufshorts bei mir kurz und luftig. Doch bei längeren Läufen kam es vor, dass sie scheuerten und dann nicht mehr ganz so angenehm waren. Also nahm ich für diesen Lauf die «Craft Pro Control Compression Tight Shorts» – schon wieder so ein Name, der nach purem Hightech klingt.
Ein bisschen sieht‘s schon aus, als ob ich bei der Tour de France mitfahren wollte, fand ich beim ersten Anprobieren. Denn mich erinnern sie eindeutig und unverkennbar an Bikeshorts. Fast hätte ich sie deswegen nicht angezogen, denn ich fürchtete, dass sie zu warm und fürs Laufen nicht gut geeignet wären. Am Ende des Laufs war ich vom Gegenteil überzeugt. Die Shorts sassen gut und transportierten Wärme und Feuchtigkeit vom Körper weg. Und das ohne zu scheuern, denn störende Nähte haben auch sie nicht. Tatsächlich habe ich sie während des ganzen Trailruns gar nicht gespürt und erst als wir zum Abschluss in einer Beiz eine Apfelschorle tranken, fiel mir auf, dass sie noch ganz trocken und zudem bequem waren.
Von der «Compression» habe ich ebenfalls nicht viel gemerkt, ausser, dass die Shorts eng anlagen. Aber das ist vielleicht auch ein gutes Zeichen, denn zu hohen Druck auf die Oberschenkel hätte ich wahrscheinlich nicht als angenehm empfunden. So fühlten sie sich einfach natürlich an. Also werde ich auch hier meine Einstellung ändern: Laufshorts dürfen bei mir von jetzt an wie Bikeshorts aussehen, wenn sie so angenehm zu tragen sind wie die Craft Shorts.
Mit Funktionsshirts aus Polyester habe ich in der Vergangenheit nicht die besten Erfahrungen gemacht. Oft war ihre einzige Funktion, bei der geringsten Anstrengung unglaublich zu stinken. Deshalb greife ich beim Sport oft zu Shirts aus Merinowolle. Für einen Lauf im Sommer war mir das aber zu warm.
Das «Alpine Shirt» von Dynafit reizte mich, weil es mit 77 Gramm extrem leicht ist und es sich luftig anfühlt. Dass es zu 100 Prozent aus recycelten PET-Flaschen hergestellt ist, gefällt mir. Aber dass ein Plastikshirt nicht stinkt, konnte ich nicht glauben. Aber es stimmt. Echt! Es hat den Härtetest überstanden. Nach dem anstrengenden Lauf in den Bergen habe ich es ausgezogen und – verschwitzt wie es war – in den Rucksack gesteckt. Gruusig, ich weiss. Als ich es zuhause wieder herausnahm, roch es kein bisschen. Das ist nicht nur mein Eindruck: Ich habe es gleich von der geruchsempfindlichen Nase meines Mannes überprüfen lassen. Also habe ich das Shirt inzwischen noch einmal zum Laufen und einmal zum Velofahren angezogen, ohne es zwischendurch zu waschen. Für mich ist das ein sinnvoller Beitrag zur Nachhaltigkeit. Denn weniger waschen heisst weniger Wasser- und Waschmittelverbrauch und meist auch weniger Verschleiss des Gewebes und damit weniger Mikroplastik im Wasser.
Der Grund, warum das Shirt nicht müffelt, ist die so genannte Polygiene-Behandlung, die durch Silbersalze das Bakterienwachstum in der Kleidung und so Gerüche hemmt.
Bis auf die Schuhe hätte ich den Lauf sicher auch in meiner sonst üblichen Laufkleidung gemeistert. Aber es macht schon einen Unterschied, wenn ich mich während des gesamten Trailrunning-Workshops wohlfühle und es mir weder zu heiss noch zu kalt ist. Auch ohne Scheuerstellen und Blasen zurückzukommen, verstärkt die positive Erfahrung. Nicht zuletzt finde ich es cool, wenn ich mein Shirt nicht wie eine Stinkbombe aus dem Rucksack direkt in die Waschmaschine befördern muss. Geruchstechnisch hätte ich es sogar in der Beiz bei der Post-Run-Schorle anlassen können, ohne andere Gäste mit unangenehmen Duftschwaden zu belästigen.
Titelfoto: Up2PeakForschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.