

Quetschies: Süsser Inhalt, bitterer Nachgeschmack
Sie sind inzwischen überall: Kinder die genüsslich an ihren Quetschies nuckeln. Die kleinen Plastikbeutel mit Fruchtmus sind handlich und stillen den kleinen Hunger zwischendurch. Das Beste: dabei werden nicht mal Münder, Hände oder Kleider verschmiert. Doch aufgepasst, Quetschies bergen auch Risiken.
Quetschies erfreuen sich sowohl bei Kindern wie auch bei Eltern grosser Beliebtheit. Das Fruchtmus im Beutel ist lecker, schnell zur Hand und verursacht in der Regel keine Kleckereien. Als meine Kinder noch kleiner waren, habe auch ich gerne auf diesen Snack «für schnell unterwegs» zurückgegriffen. Und auch ich gehörte zu denen, die damals dachten, ich würde meinen Kindern dabei sogar noch etwas Gutes tun, weil Frucht.
Doch so gross die Freude auf der einen Seite ist, so kritisch beobachten Fachleute diese Art der Nahrungszufuhr. «Wir Zahnärzte erachten Quetschies als ähnlich schädlich wie Süssgetränke», sagte Hubertus van Waes, Leiter des Schulzahnärztlichen Dienstes der Stadt Zürich, kürzlich gegenüber dem «Blick». Der Grund: Die Kombination von hohem Zucker- und Säuregehalt fördert das Kariesrisiko bei Kindern, weil die enthaltene oder durch Bakterien aus dem Zucker produzierte Säure den Zahnschmelz angreift. Zu diesem Schluss kam übrigens auch ein Test der Sendung Kassensturz.
Doch zum Glück gilt auch bei den Quetschies: Es ist alles eine Frage des Masses. Sprich, entscheidend sind Zeitpunkt und Häufigkeit des Verzehrs. Wenn Kinder häufig am klebrigen Fruchtbrei nuckeln und er immer wieder und über längere Zeit eingesaugt wird, wird der Zahnschmelz viel mehr angegriffen. Nicht von ungefähr heisst es im Volksmund: «Ruhe im Mund hält Zähne gesund.»
Kinder werden wegen Karies in Vollnarkose behandelt
Du denkst jetzt: Das ist wieder eines dieser Probleme, das eigentlich gar keines ist. Dem widerspricht Raoul Furlano, Leitender Arzt der Pädiatrischen Gastroenterologie und Ernährung am Universitäts-Kinderspital Basel gegenüber «Blick». «Wir behandeln im Kinderspital pro Woche im Schnitt sechs Kinder wegen Karies in Vollnarkose. Dabei ist nicht jede Karies genetisch bedingt, sondern auf mangelnde Zahnhygiene zurückzuführen und darauf, dass die Zähne stetig Säure und Zucker ausgesetzt werden.»
Besonders perfid: Quetschies schädigen nicht nur Kinderzähne. Vielmehr können die Fruchtpürees wegen der hohen Zuckerkonzentration auch für die Leber schädlich sein – bei häufigem und lang anhaltendem Konsum. Alles halb so wild, weil du beim Einkaufen darauf achtest, möglichst Produkte mit dem Hinweis «ohne zusätzlichen Zucker» zu kaufen? Auch das ist ein Trugschluss: Denn der in Quetschies enthaltene Fruchtzucker hat die gleiche Wirkung wie raffinierter Zucker. Weil die Leber nicht nachkommt, den Fruchtzucker zu verarbeiten, kann das zu Fettleber und später zu einer Zirrhose führen. Zudem können als Folge eines Überkonsums Fettleibigkeit, Ungleichgewicht beim Fettstoffwechsel und Diabetes resultieren.
Jedes sechste Kinder in der Schweiz ist übergewichtig
Dass dies nicht einfach ein Schreckensgespenst ist, um Eltern zur richtigen Ernährung zu bewegen, zeigt folgender Fakt: 15 Prozent unserer Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig. Ein Drittel davon leidet gar an Adipositas. Schuld daran sind vor allem kalorienreiche Nahrungsmittel, zu denen eben auch Quetschies gehören. Doch die Liste ungesunder Nahrungsmittel ist noch länger. So ist auch bei «zuckerhaltigen Frühstückscerealien, süssen Schokolade-/Nuss-Aufstrichen sowie gesüssten Milch- oder Getreideprodukten als Pausenverpflegung Vorsicht geboten.

Dies vor allem, weil sich viele Eltern des Problems gar nicht bewusst sind. Denn die Produkte werden in der Werbung attraktiv, ja fast schon irreführend beworben. So werden nicht wenige Snacks als gesund angepriesen, obwohl es sich um Kalorienbomben handelt. Beispiel Milchschnitte: Diese wird mit der gesundheitsfördernden Wirkung von Milch beworben. Auch Knoppers gelten als kinderfreundliche Zwischenmahlzeit. Und was ist mit den «gesunden» Fruchtsäften? Würde man sich die Mühe machen, die Inhaltsstoffe genau zu studieren, würde man mit Schrecken feststellen, dass Fruchtsäfte oft so viel Zucker wie ein Coca-Cola enthalten.
Expertin: «Wo lernen Kinder heute überhaupt noch, was gesunde Ernährung ist?»
Bettina Isenschmid, Chefärztin des Kompetenzzentrums für Essverhalten, Adipositas und Psyche am Spital in Zofingen AG, betont, dass sich Übergewicht nicht nur körperlich negativ bemerkbar mache: «Weil übergewichtige Jugendliche oft stigmatisiert werden, können daraus psychische Probleme wie Minderwertigkeitsgefühle oder schlimmstenfalls Depressionen entstehen.» Hinzu kommen Schwierigkeiten bei der Partner- und Lehrstellensuche. Isenschmid fragt sich, «wo Kinder heute überhaupt noch lernen, was gesunde Ernährung ist und wie man selber gesunde Gerichte zubereitet». In Japan etwa steht gesunde Ernährung schon auf dem Stundenplan von Primarschüler:innen. In der Schweiz hat man vielerorts den Hauswirtschaftsunterricht gekürzt.
Letztlich hast du als es Elternteil in der Hand, wie du deine Kinder ernährst. Und nicht vergessen: Selbstgemachtes ist in der Regel viel gesünder (und schmeckt auch noch besser) als Fertigprodukte aus dem Regal. Abfüllen kannst Du deine selber gemachten Früchte- oder Gemüsebreis in diese kleinen Silikonbeutel.

Du hast keine Ahnung, wie du selber und bequem selber einen Früchtebrei zubereitest? Viellicht kann dir dieses Video zur Inspiration dienen.
Zweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.