Screenshot: Total Recall (2012)
Hintergrund

Segen oder Fluch? Sci-Fi-Gadgets die ich mir nicht wünsche

Kevin Hofer
14.8.2018

In Science-Fiction gibt's allerlei coole Gadgets. Einige davon kannst du bereits heute kaufen. Aber willst du die wirklich? Drei Gadgets, die bei näherer Betrachtung alles andere als cool sind.

Science-Fiction regt nicht nur unsere Fantasie an, sondern bringt uns auch zum Nachdenken – mal über gesellschaftliche Zustände oder einfach über ausgefallene futuristische Gadgets. Davon gibt es in Literatur, Film oder sonstigen Werken mehr als genug. Es muss ja nicht gleich der Neuralisator aus «Men in Black» oder die kleinste Atombombe der Welt aus «MDK» sein. Dass diese Gadgets in den falschen Händen verheerend sein können, liegt auf der Hand.

Cool in die Zukunft?

Der Neuralisator und die kleinste Atombombe der Welt sind Zukunftsmusik und offen gesagt, wünsche ich mir, dass sie nie das Licht der Welt erblicken. Andere Geräte, die häufig nur eine Statistenrolle spielen, haben den Sprung in unseren Alltag bereits geschafft oder befinden sich auf dem besten Weg dazu. Zum Beispiel intelligente Kühlschränke.

Zu sehen gibt es sie in einigen Sci-Fi-Werken. Spontan kommen mir «The 6th Day» oder das «Total Recall»-Remake in den Sinn. In den wenigen Sekunden, in denen die Geräte zu sehen sind, konnte ich gar nicht so vertieft über deren Bedeutung nachdenken. Mein Gedanke war immer nur: coole Sache.

So cool finde ich die Dinger bei längerem Nachdenken nicht mehr. Smarte Kühlschränke werden immer populärer. Auch auf Galaxus findest du sie. Samsung und LG sind die grossen Player, die die coolen Gadgets pushen (das war jetzt das letzte schlechte Wortspiel, versprochen). Nebst Touchscreen, mit den Möglichkeiten eines Smartphones inklusive Sprachassistenten, sind auch Kameras im Inneren verbaut. Die geben jederzeit Auskunft über den Inhalt des Kühlschranks. Meine Skepsis gegenüber den Geräten hat drei Gründe.

Erstens sind da diejenigen, die die Geräte pushen. Deren Strategie ist klar: Möglichst viele Geräte entwickeln und ins Smart Home integrieren. Und damit alles kompatibel ist, müssen alle Geräte vom selben Hersteller sein. Das war bei meinem Test des Samsung-Flipcharts beispielsweise der Fall. Volle Funktionalität erhältst du nur mit entsprechender Hardware. So steuern wir definitiv in eine Zukunft, die von wenigen Megakonzernen beherrscht wird.

Zweitens bin ich skeptisch, was die Geräte für unseren Alltag bedeuten. Klar, sie sollen uns diesen erleichtern. Aber brauchen wir sie wirklich? News, Einkaufsliste, Bilder, Nachrichten und was die Leute sich sonst auf den Touchscreen kleistern, kann ich auch auf meinem Smartphone haben. Ganz zu schweigen davon, dass die meisten herkömmlichen Kühlschränke die Möglichkeit bieten, herkömmliches Papier mit Magneten zu befestigen.

Ganz ehrlich: Ich bin sehr abhängig von meinem Smartphone. Glücklicherweise ist die digitale Amnesie, wie das Phänomen für die Abhängigkeit von Smartphone und Co. von Kaspersky-Forschern gennant wird, bei mir noch nicht so weit fortgeschritten. Das habe ich übrigens durch einen (Sarkasmus an) sicher äusserst akuraten Test auf derselben Homepage (Sarkasmus aus) herausgefunden. Was ich eigentlich sagen will, ist, dass ich dem Phänomen nicht durch noch mehr Geräte unter die Arme greifen möchte.

Hinzu kommen bei mir Sicherheitsbedenken. Es gibt sicher Schlimmeres, als wenn sich jemand Zugriff auf das Innere meines Kühlschranks verschafft. Dennoch möchte ich den nicht teilen. Vor allem, wenn ich ihn länger nicht mehr geputzt habe. Ich finde den Kühlschrank etwas sehr intimes. Und auch wenn es heisst, dass die Kameras beim Öffnen abgeschaltet werden, können die von jemandem mit ausreichend Kenntnissen sicherlich auch dann aktiviert werden. Vorbei sind die Zeiten, in denen ich ungeniert Nackt ein Getränk aus dem Kühler holen kann.

Aber vielleicht bin ich etwas zu skeptisch. Und zu den Technikverweigerern zähle ich mich bestimmt nicht. Die Smarten-Kühlschränke werden unsere Heime unweigerlich erobern. Dann hefte vielleicht auch ich das Bild meines Sohnes auf den Homescreen unseres Familyhubs.

Selbstantriebslos in die Zukunft?

Trotz einigen vielversprechenden Produkten hat es das Hoverboard aus «Back to the Future 2» noch nicht in die Serienproduktion geschafft. Schade eigentlich, trotz Fisher-Price-Design für Mädchen sieht das Ding auch aus heutiger Perspektive toll aus. Zudem musste Marty McFly noch selbst Fuss anlegen, damit das Ding sich in Bewegung setzt.

Und heute? Heute siehst du sogenannte Hoverboards auf der Strasse. Die sehen folgendermassen aus.

Die Dinger schweben nicht und Fuss anlegen musst du auch nicht. Für mich als Freund der Bewegung im Alltag ein Alptraum.

Wieso finde ich das beängstigend? Die kurze Antwort:

Jedes Mal wenn ich so ein elektrisches Gefährt sehe, denke ich unweigerlich an «Wall-E». Wenn Smartphones zu digitaler Amnesie führen, führen solche Geräte zur Bewegungsamnesie. In unserer westlichen Gesellschaft bewegen wir uns sowieso schon zu wenig, dann sollten wir die letzten paar Meter zumindest aus eigenem Antrieb zurücklegen.

Sollte es das Hoverboard aus «Back to the Future 2» doch noch in die Serienproduktion schaffen, dann hoffentlich ohne elektrischen Antrieb. Bewegung macht Spass, tut gut und fördert unseren Selbstantrieb im doppelten Sinne.

Das stille Örtchen der Zukunft

In «The Hitchhiker's Guide to the Galaxy» wird der Unrat auf dem Raumschiff Bistr-O-Math einfach weggebeamt. So weit sind wir heute noch nicht, aber unsere Toiletten werden immer «smarter».

Da wäre die Numi von Kohler. Die Toilette registriert wenn du näher kommst und öffnet automatisch den Deckel. Du kannst das Klo auch mit Touchscreen-Fernbedienung steuern. Dort aktivierst du unter anderem die Sitzheizung und stellst die gewünschte Temperatur ein. Selbstverständlich ist auch ein regulierbares Bidet integriert.

Brauchst du alles nicht? Stimmt. Immerhin geht es hier nur um Komfort. Das kann sich aber ändern. Google hat ein Patent auf diverse Sensoren im Bad. Damit wäre es theoretisch möglich, deine Ausscheidungen zu analysieren. Was sich zunächst positiv anhört – Krankheiten könnten so frühzeitig erkannt werden – ist ein riesiger Eingriff in die Privatsphäre. Was passiert mit den gesammelten Daten? Was bedeutet das für unser Gesundheitswesen?

Denke ich an die explodierenden Gesundheitskosten und dass darunter vor allem die leiden, die es sich nicht leisten können, wird mir Angst und Bange. Was, wenn das Klo unsere Gesundheitsdaten automatisch an die Krankenkasse schickt und durch personalisierte Prämien diese urplötzlich explodieren? Kaum vorzustellen.

Welches Gerät, dass sich in unseren Alltag integriert, bereitet dir Sorgen? Beteilige dich an der Diskussion und schreib’s in die Kommentarspalte.

Titelbild: Screenshot: Total Recall (2012)

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