
Kritik
«Indiana Jones and the Great Circle» übertrifft all meine Erwartungen
von Philipp Rüegg
Die Welt hat langsam wirklich genug Superhelden. Das denkt sich inzwischen auch Billy Batson als Shazam! in seinem zweiten Film. Wer sich den ersten Teil gegeben hat, wird mit dem gleichen Witz und Charme belohnt – und mächtigen Göttinnen.
«Shazam!» war als Superheld im goldenen Comiczeitalter rund um die 1940er Jahre in den USA sogar erfolgreicher als Superman. Bis heute hat er einige Wandlungen durchgemacht. Selbst seinen ursprünglichen Titel als Captain Marvel musste er einem anderen Comic-Universum abdrücken. Mit seinen Höhen und Tiefen hat Shazam! es nun zu einer Fortsetzung in die Kinos geschafft – und das zurecht.
Vorneweg: Wenn ich sage, ich spoilere nicht, weil ich nur Informationen aus den Trailern nehme, stimmt das nicht ganz. Der zweite offizielle Trailer hat leider eine grosse Überraschung zu viel verraten. Das findet sogar der Regisseur des Films, David F. Sandberg. Diese Info lasse ich deshalb lieber weg und fokussiere mich auf Inhalte des ersten Trailers.
Im ersten Teil hat Teenager Billy Batson (Asher Angel) als Pflegekind endlich eine Familie gefunden, von der er nicht wegläuft. Mit dem Wort «SHAZAM» aktiviert Billy seine Superkräfte, die er vom gleichnamigen Zauberer erhalten hat. So verwandelt er sich in einen erwachsenen Superhelden. In seinen Pflege-Geschwistern hat Billy Mitstreiter gefunden, um mit ihren neuen Kräften gemeinsam die ganze Welt zu retten. Oder zumindest seine eigene. Der Bösewicht der Geschichte, Dr. Thaddeus Sivana (Mark Strong), wurde zuletzt hinter Gitter gebracht und wartet dort auf seine Befreiung.
Billy Batson (erneut von Asher Angel gespielt) und seine Adoptivgeschwister versuchen, Schulalltag und Superhelden-Dasein unter einen Hut zu bekommen. Billy
glaubt inzwischen, seine Kräfte gar nicht verdient zu haben. Trotzdem, oder gerade deshalb, versucht er, möglichst mit der ganzen Sippschaft gegen das nächste Unheil anzutreten. Auch wenn sein Bruder Freddy Freeman (Jack Dylan Grazer) das teilweise anders sieht. Doch ihre neusten Gegner sind übernatürlicher Herkunft und machen die junge Familie ratlos. Es sind die Töchter von Atlas, die ihre göttliche Macht zurück wollen. Das Genre passt, schliesslich setzt sich der Name Shazam! als Akronym zumindest teilweise aus den Namen griechischer Götter und Helden zusammen. Die Köpfe dahinter sind Salomon, Herkules, Atlas, Zeus, Achilles und Merkur.
Billy und seine Geschwister bangen um ihr Leben und sind verzweifelt: Wie kommen sie bloss gegen solch uralten Kräfte an? Billys Idee ist Diplomatie: Er will es in seiner erwachsener Heldenkluft (von Zachary Levi gespielt) mit Reden versuchen. Wie aus dem Trailer hervorgeht, ist sein politischer Schachzug nicht wirklich zielführend – und das Chaos vorprogrammiert.
Man nehme: Eine Portion griechischer Mythologie mit einem Haufen Einhörner, ein bisschen Quidditch, ganz viel kindliche Superhelden-Power und Horrorpuppe Annabelle. Annabelle? Die Puppe findet sich ungeachtet im Hintergrund bereits bei Aquaman und in Shazams erstem Teil. Nun hat sie es auch in den zweiten Teil geschafft. Das aber eher am Rande erwähnt.
Den Zorn und die uralten Kräfte der Göttinnen kriegt der Superheldentrupp bei «Shazam! Fury Of The Gods» kräftig zu spüren. Gleich zu Beginn haben die beiden Gottheiten Hespera (Helen Mirren) und Calypso (Lucy Liu) einen starken Auftritt. Mit ihnen wird die griechische Mythologie in den Mittelpunkt gerückt.
Generell ist es erfrischend, welche Aspekte ins Zentrum gerückt werden. Zum einen steht da eine Machtpositionierung, die hier berechtigterweise von weiblichen Rollen dominiert wird – sonst sind Superhelden und Bösewichte überprozentual männlich.
Zum anderen wird – neben amüsanten Anspielungen auf andere Superhelden – auch das Familienleben zu einem zentralen Punkt. In Superheldenstreifen kämpfen die Hauptcharaktere oft allein, um die Welt zu retten. Bereits im ersten Teil war das bei «Shazam» etwas anders. Nun wird das gemeinsame Kämpfen noch stärker und absolut herzzerreissend hervorgehoben. Schliesslich rettet die Superhelden-Familie zwar die Welt, aber opfert dabei ihre Kindheit. Ein wichtiges Thema im Film. Und neben dem ganzen Superhelden-Doppelleben ist eines noch viel wichtiger: Die wahren Helden sind jene ohne übernatürliche Superkräfte.
Ein weiterer erfrischender Punkt ist die Vermischung griechischer Mythologie mit Superhelden-Power. Das kommt nicht von irgendwoher. Neben Shazams Akronym haben wir auch Wonder Woman im DC-Universum, die eine Mischung aus Gottheit und Superheldin darstellt. Ihre Herkunft und Kindheit kenne ich aus den beiden «Wonder Woman»-Filmen genauer. Die Figuren der griechischen Mythologie in «Shazam» hingegen lassen mich darüber nachdenken, in welchen ursprünglichen Geschichten sie zuhause sind. Manchmal wird darauf eingegangen, manchmal nicht. Beispielsweise erfahre ich, dass die Göttinnen Töchter von Atlas sind und mit ihrem Vater etwas schiefgelaufen sein muss. Was genau das war, wird weggelassen.
Neben der griechischen Mythologie und dem Superhelden-Genre kommt mit einem Drachen auch die nordische Mythologie hinzu und Magie ist mit dem Zauberer und anderen Dingen ebenfalls mit an Bord. Das Zusammenfügen so vieler Genres wirkt, als hätte man sich nicht auf etwas einigen können und möglichst alles Fantastische in einen Topf geworfen. In der Hitze des Gefechts, also während den rasanten Szenen, wirkt es trotzdem nicht überladen oder künstlich, weil jeweils nicht alles in eine Szene gepackt wird.
Im ersten Film wurde fast zu oft auf die Kindlichkeit von Billy und Freddy referiert. Hier driftet es nicht ins Nervige ab. Aber wie im ersten Teil spielen auch hier die beiden Jungs die Hauptrollen der sechs Geschwister. Natürlich würde es völlig den Rahmen sprengen, wenn alle Kinder so viel Raum einnehmen würden. Die Lösung im Film: Jede Figur hat seinen glorreichen Moment. So zeigt sich die Wichtigkeit eines Teams sogar, wenn es aus einem Haufen desorganisierter Kinder besteht.
«Shazam! Fury of the Gods» spielt die Trümpfe aus dem ersten Teil aus: spritziger Humor und Charaktere, die bereits den Weg in unsere Herzen gefunden haben. Vieles funktioniert in der Folgegeschichte umso besser. Beispielsweise leide ich noch etwas mehr mit Freddy, wenn er geärgert wird. Und die Tatsache, dass immer noch alle dazulernen müssen, macht die Figuren noch etwas sympathischer. Auch der familiäre Zusammenhalt, der im ersten Teil eher angedeutet wurde, wird hier voll auf die Probe gestellt.
Frauen spielen in diesem Superhelden-Streifen eine gekonnt gleichrangige Rolle. Die Geschichte von Atlas’ Töchtern wird aber eher oberflächlich behandelt. Bösewichte in DC-Streifen haben das Oberflächlichkeits-Problem des Öfteren (siehe Dr. Sivana aus dem ersten Teil). Hier drücken immerhin einige Charaktereigenschaften durch. Schliesslich hat die griechische Mythologie Vieles zu bieten. Ich hätte persönlich sogar gerne noch mehr von der Mythologie hinter dem Götter-Pantheon gesehen.
Wem Teil Eins gefallen hat, wird Teil Zwei noch viel besser finden. Auf den ersten Blick Popcorn-Kino mit vielen, sympathischen Figuren, auf den zweiten eine tiefere Message, über den Wert des Einzelnen – auch ohne Cape und hautengem Anzug. Ein Superheldenfilm, der sich traut, auch kurz in eine andere Richtung auszuschlagen – mit ganz viel Blitz und Donner.
«Shazam! Fury Of The Gods» läuft ab dem 15. März im Kino. Laufzeit: 130 Minuten. Freigegeben ab zwölf Jahren.
Titelfoto: Warner Bros.Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los.