Hintergrund

Tobi fragt, wir antworten: Was ist eigentlich ein Gimbal?

Im Newsfeed zur IFA posten wir tagsüber interessante kleine Messe-Entdeckungen bevor wir uns abends hinsetzen und die grossen Stories des Tages machen. Zu einem Video eines Gimbals hat ein User gefragt, was denn das Gerät eigentlich ist.

User TobiG3032 mochte den Feed von der IFA irgendwie nicht. Zu wenig Content, zu viele Dinge, die ihm nichts sagen. Sorry. Tagsüber fehlt Videoproducerin Stephanie Tresch und mir einfach die Zeit, um gross in die Tiefe zu gehen. Die wichtigen News des Tages folgen immer nachts, wenn die IFA in Berlin geschlossen hat. Denn dann können wir an unserem AirBNB-Esstisch, «Die Redaktion» genannt, Videos schneiden und Stories schreiben.

Ein Kommentar Tobis hat Stephanie aber nicht in Ruhe gelassen. Es ist der, in dem er nach den Steuerbefehlen für einen Gimbal fragt.

Stefanie testet Gimbals. Ich habe noch nie mit Gimbals gearbeitet. Ich sehe die Kamera teils rasch schwenken, teils langsam. Sehe keine «Steuerbefehle» von Stefanie für diese bewegung. Macht der Gimbal nun seine Arbeit oder ist das nur ein Video was lustig aussieht? Lasse mich gerne belehren. - TobiG3032

«Ein Gimbal ist eines der wertvollsten Werkzeuge einer Kamerafrau», sagt sie. Doch da gebe es nur ein Problem: Oft sind grosse Gimbals zu schwer, ausser du bist «ein 1.90m grosser Kasten». Dann ginge das. Daher empfiehlt Stephanie, Gimbals in die Hand zu nehmen. Der DJI Ronin, den die Videoproducer in Zürich benutzen ist recht schwer und trotz verstellbarer Handgriffe für eine 1.65m grosse Frau etwas breit. «Darum benutze ich den so selten», fügt sie an.

Gimbals sind an der IFA für sie von besonderem Interesse. Gibt es einen leichten Gimbal aus solidem, aber leichten Material? Kann das Gerät kompakt sein? Und wie lange halten die Batterien, wie schnell reagiert der Gimbal auf Bewegungen? Fragen über Fragen.

Was ein Gimbal tut

Ein Gimbal hat genau einen Job: Er hält die Kamera stabil. So kannst du mit automatischer Hilfe eine saubere Kamerafahrt hinkriegen. Die meisten Gimbals gleichen Bewegungen auf drei Achsen aus. Du kannst also auf der vertikalen Achse Verschiebungen machen, von links nach rechts wackeln oder von vorne nach hinten. Und andersrum.

Die drei Motoren eines Drei-Achsen-Gimbals. Bild: Hohem Tech

Drei Motoren mit Gyroskopsensoren reagieren blitzschnell und so bleibt das von der Kamera aufgenommene Bild stabil und du als Zuschauer hast kein ruckliges Bild vor dir, sondern eine sanfte Bewegung der Kamera.

TobiG3032 hat nach Steuerbefehlen gefragt. «Ein Gimbal braucht nach dem ersten Setup, nur einen Befehl», sagt Stephanie, «Ein und Aus.» Denn der Rest übernimmt das Gerät selbst. Es reagiert genauso schnell, wenn nicht schneller, als ein Mensch, ist viel präziser und am Ende macht er das Leben der Person hinter der Kamera wesentlich einfacher.

Die Grösse als entscheidender Faktor

Gimbals verlassen sich aber trotzdem auf den Menschen. Bis eine Kamera sauber in einen Gimbal eingespannt ist, das geschieht mit dem selben Schraubenloch, das auch ein Objektiv an einer Kamera befestigt, muss sie nach bestem Wissen ausbalanciert werden. Die drei Motoren haben zwar genug Kraft, um eine schwere Kamera plus Objektiv zu bewegen, aber sie werden besser als Korrekturmechanismus und nicht als Ausrichtung eingesetzt.

Daher haben Gimbals auf den Achsen Masseinheiten aufgedruckt. Wenn du vergesslich bist, kannst du dir die Messwerte notieren und so musst du nur einmal pro Kamerakonfiguration rausfinden, wie der Gimbal justiert werden muss.

Am Stand von Hohem Technology Limited, einem jungen Unternehmen aus dem Chinesischen Shenzhen, bleibt Stephanie stehen. Ein Gimbal hat es ihr angetan. «Der ist aber wesentlich kompakter als der Ronin», sagt sie. Sie wittert ihre Chance. Denn der DJI Ronin ist ihr zu schwer und zu massig. Eine schlankere Lösung käme ihr gelegen. Sie probiert das Gerät aus und lächelt. «FeiyuTech war zwar nett, aber der Hohem DG1 ist einfach wesentlich weicher in seinen Korrekturbewegungen.» Das solle aber kein absolutes Urteil über FeiyuTech oder Hohem sein, fügt sie an. «So wie jeder Kameramann und jede Kamerafrau ihre eigenen Stilelemente hat, so haben auch alle ein anderes Gefühl für Gimbals. Das ist echt so eine Sache, die du ausprobieren musst», sagt sie, vollführt eine Geste, die einem Austin-Powers-Film entsprungen sein könnte und lacht laut auf.

Das Lachen der Schweizerin macht Min Chen, CEO Hohem Techs, auf uns aufmerksam. Er ist sichtlich stolz auf das Produkt seiner vier Jahre alten Firma. Er filme in seiner Freizeit selbst und ihn beschlich das Gefühl, dass er einen Gimbal entwickeln könne, der den grossen der Branche das Wasser reichen könne oder sogar besser sei. «Ich wollte zwar nicht direkt für kleine Personen einen Gimbal entwickeln, aber kompakt sollte er schon sein», sagt er. Denn manchmal gebe es Shots, die mit einem klobigen grossen Gimbal nicht gemacht werden können. In der App, die sowohl für Android und Apple iOS erhältlich ist, kann die Geschwindigkeit eingestellt werden kann, mit der die Kamera der Bewegung folgt. «Und viele andere Funktionen haben wir da auch untergebracht», sagt Min Chen.

FeiYu Tech G4 Pro Gimbal
Gimbal
CHF159.–

FeiYu Tech G4 Pro Gimbal

Wir drehen also ein Video über Gimbals. Min Chen baut seinen Gimbal blitzschnell vom Zweihandmodus in den Einhandmodus um und freut sich über die anerkennenden Blicke der Passanten. Jetzt gleicht der Gimbal einem ausbalancierten Selfie-Stick. «Die Sony a6500 ist niemals gross und schwer genug, dass sich der zweihändige Modus anbietet», sagt er.

Die Idee, ein Video mit dem Gimbal über den Gimbal zu drehen, entsteht. Also eine Art Feuerprobe für den schlanken Gimbal aus Shenzhen. Min Chen will natürlich mithelfen, denn der Stolz an seinem Produkt ist ihm anzumerken. Er würde sich das nicht nehmen lassen.

Dreissig Minuten später posieren wir noch für ein Selfie mit den Angestellten und Min Chen, tauschen Visitenkarten aus und suchen das nächste, spannende Produkt.

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