Meinung

Über die Anziehungskraft von Pools

Nüchtern betrachtet ist ein Pool ein mit Wasser gefülltes Becken. In den Köpfen vieler Menschen steht er aber für so viel mehr. Denn er weckt Sehnsüchte.

Die Sonne spiegelt sich im ungetrübten Wasser. Es scheint blau, so wie es auch der Himmel tut. Kleinste Wellen zeichnen beruhigende Muster auf die Oberfläche. Am Rand schaukelt eine Luftmatratze ganz leicht in den Wogen.

Schon nur der Gedanke an dieses Szenario senkt meinen Puls. Ein behagliches Gefühl stellt sich ein. Der Alltag ist ganz weit weg. Aber weshalb ist das so? Warum haben Pools so eine Anziehungskraft auf mich und viele andere Menschen? Zugegeben, ich bin voreingenommen. Wasser und ich haben eine spezielle Verbindung. Schon immer konnte ich stundenlang im See, im Meer oder auch in der Badi verweilen. Im Wasser blieb ich, bis meine Finger schrumpelig und meine Lippen blau waren. Auch heute bin ich eher im Wasser als beim Bräunen anzutreffen.

Der Inbegriff von Sommer

Auch Freundinnen, die gerade einmal ihren grossen Zeh in natürliches Gewässer stecken und bei einer Wassertemperatur von unter 35 Grad Celsius um eine Unterkühlung fürchten, fühlen sich vom mit Wasser befüllten Loch magisch angezogen. Im Mädelsurlaub muss ein Haus mit Pool her, auch wenn das Meer einen Steinwurf entfernt ist. Den ganzen Tag wird am Beckenrand gefaulenzt und ab und zu eine Bahn gezogen. Alles andere rutscht in der Prioritätenliste nach unten.

Ist es die Sauberkeit, die dem Pool seinen Glanz verleiht? Du siehst bis zum Boden. Überraschungen gibt es keine. Fische und Algen haben keinen Platz im gechlorten Wasser. Oder gelten Pools als Inbegriff von Sommer und sind deshalb so beliebt? Im Sommer ist alles unbeschwerter. Keine dicke Jacke, die du mit dir rumschleppst. Laue Nächte, die du dir mit deinen Freunden um die Ohren schlägst. Und natürlich Grillieren à gogo. Was ist daran nicht zu lieben?

Warum nicht in die Badi?

Auch du und der Rest der Community tippt gerade wieder sehr oft das kleine Wort in die Suchspalte. Vielleicht wegen des Wetters? Schliesslich ist es endlich richtig heiss. Nach getaner Arbeit muss zwingend Abkühlung her. Dafür braucht’s aber keinen Pool, auch die Badi erfüllt diesen Zweck. Dort aber spielst du eine untergeordnete Rolle. Du platzierst dein Handtuch dort, wo noch niemand ist. Im Wasser musst du dich stets auf Gekreische und Gespritze von Kindern gefasst machen. Die Badi steht für Kollektivismus, der Pool dagegen für Individualismus.

Die Badi als Gegenbegriff zum Pool.
Die Badi als Gegenbegriff zum Pool.

Ist es also ein gewisser Wohlstand, der mit Pools in Verbindung gebracht wird? Als Kind war ich enorm eifersüchtig auf die ein, zwei Schulkameraden, die ein eigenes Schwimmbad hatten. Bin ich eigentlich heute noch. Poolbesitzer können ins Wasser springen, wann immer sie wollen und niemand stört sie dabei.

Der Film macht’s vor

Zu diesem Ruf als Statussymbol haben sicher auch zig Hollywood-Filme beigetragen. Am Beckenrand werden wilde Partys der wohlhabenden Jugend gefeiert. Schöne, junge Menschen, die sich um nichts scheren (müssen). Oft überlappt im Film Wohlstand mit Erotik. Die Menschen sind leicht bekleidet, vielleicht etwas angeheitert, das Wasser lässt sie sich leicht fühlen. Und schon ist es passiert. Ob solche Szenen Teil der Anziehung für uns Normalos ausmachen?

Dem gegenüber steht auch immer wieder der cineastische Tod. Menschen treiben regungslos an der Wasseroberfläche. Entweder durch eigene Hand oder Zutun Dritter. Der Ort von Unbeschwertheit wird verunglimpft und damit die gesamte heile Welt des Protagonisten.

Ich schweife ab. Todesszenen werden kaum einen Einfluss auf die Attraktivität von Swimming-Pools haben. Woher die Anziehungskraft tatsächlich kommt, finde ich schwierig zu beantworten. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus vielem. Oder das veränderte Zeitgefühl. Sobald ich einen Pool sehe, gehe ich mit meiner Zeit ganz anders um. Auf einmal habe ich kein Problem mehr damit, sie zu «verschwenden». Und liegt darin nicht der wahre Luxus von heute?

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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