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Hoch hinaus? Ein Ausblick auf meine Boulder-Challenge
von Patrick Bardelli
Ich bin in Schlieren und mache Sport mit Kevin Huser. Er will mir in einem Crashkurs das Bouldern beibringen. Fazit: Es könnte ja so einfach sein, wäre da nur nicht diese blöde Schwerkraft.
Seit Sir Isaac Newton seinen berühmten Apfel falls liess, haben wir sie, die Schwerkraft. Zum Glück, denn ohne sie wäre das Leben für uns Menschen auf dem Planeten Erde recht anstrengend. Wenn du jedoch mit drei Fingern kopfüber an der Wand hängst, stört sie eher. Ich treffe den Sportkletterer Kevin Huser im Kletterzentrum Schlieren zum Bouldern. Er hat da eine kleine Challenge für mich:
Der Begriff «Boulder» kommt aus dem Englischen und bedeutet: grosser Felsblock. Er beschreibt einen eigenen Kletterstil, der kürzer und intensiver ist als das Sportklettern. Deshalb wird beim Bouldern eine eigene Schwierigkeitsskala verwendet, die alle Boulders untereinander vergleichbar macht. Es gibt die Fontainbleau-Skala (Fb), benannt nach einem Bouldergebiet in der nähe von Paris und die V-Skala, benannt nach ihrem Erfinder John «Vermin» Sherman. Diese ist in Nordamerika stark verbreitet, während in Europa mit der französischen Fb-Skala verglichen wird. Um eine Verwechslung mit den Schwierigkeitsgraden beim Sportklettern zu vermeiden, gibt es für die Boulders im Kletterzentrum Schlieren eine eigene Skala. Diese ist farblich gekennzeichnet und geht von B1- bis B5+.
Kevin Huser war einige Jahre Mitglied der Schweizer Nationalmannschaft und vor allem auf nationaler Ebene sehr erfolgreich gewesen, bevor er zurücktrat. Seinen grössten internationalen Erfolg feierte er als 18-Jähriger. 2013 hatte Huser seine Gegner im Griff. An den Jugend-Weltmeisterschaften im Eisklettern holte er den Titel im Lead und gewann die Bronzemedaille in der Disziplin Speed.
Auch die Boulders hat Kevin im Griff. Grundsätzlich unterscheidet man hier zwischen Leisten, Slopers und Pinches. Für jeden dieser Boulders gibt es eine spezielle Grifftechnik. Kevin erklärt mir ausserdem, dass schwerere Kletterer in der Regel eher die Slopers bevorzugen, weil sie hier ihre Kraft besser einsetzen können. Leichte Athleten hingegen kommen mit den Leisten häufig besser zurecht.
Bevor ich mich an meine Challenge wage, übe ich. Kevin schickt mich dazu auf unterschiedliche Anfänger-Routen. Sie alle sind mit «sehr leicht» bis «leicht» markiert. Kevin gibt mir Tipps und ich schaffe sie alle, mit einer Ausnahme: B2+ grün. Was ich auch probiere, die Schwerkraft ist stärker. Hier ist mit reiner Kraft nichts zu holen, es braucht die richtige Technik. Ohne die bist du beim Bouldern aufgeschmissen, denn die Kraft geht dir ruckzuck aus und du stehst wieder auf der Matte. Apropos Kraft: Unterschätze nicht die Bedeutung deiner Beine beim Bouldern. Oder wie lautet eine alte Trainingsweisheit? «Don't skip leg day.» Und auch deine Rumpfmuskulatur solltest du nicht vernachlässigen, willst du hoch hinaus.
Nach meinem Fail bei der Ruderchallenge auf dem Zürichsee, fühle ich mich ein wenig unter Druck. Zweimal versagen liegt nicht drin. Darum bin ich froh, dass mich Kevin mit seinen Tipps die Wand hinauf lotst. Rechter Fuss hierhin, linke Hand dahin und so weiter. Und eben: Wenn du den Weg kennst, ist das Ziel schon sehr nahe. Obwohl es oben über die Kante nochmals ziemlich anstrengend wird. Egal. Challenge geschafft. Danke, Kevin Huser!
Jetzt gehts noch höher hinaus, auf rund 2200 Meter über Meer. Auf dem Crap Sogn Gion stelle ich mich beim Freeski der nächsten Challenge. Ich hoffe, sie endet nicht im Streckverband. Begleite mich hier bei meinen Herausforderungen.
Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.