Hintergrund

Welcome to the (Urban) Jungle: der Hype um Zimmerpflanzen

Sie schießen aus dem Boden – und zwar nicht nur draußen, sondern auch in Wohnungen, Büros und auf Social Media: die Philodendron, die Calathea und viele mehr. Zimmerpflanzen sind absolut im Trend. Darüber, wo die Wurzeln des Hypes liegen und warum er weiter austreibt.

Neulich habe ich meinen Efeu umgebracht. Unbeabsichtigt, dafür aber «ganz schön schnell» – so der Kommentar meiner Freundin, die ihn drei Monate zuvor frisch und grün mit mir gekauft hatte. Mittlerweile ist er zu einem braun vertrockneten Elend mutiert, das als eine Art Mahnmal mein Schlafzimmer schmückt. Und leider nicht die einzige zu betrauernde Pflanzenleiche bleibt: Erst vor ein paar Wochen war meine Aloe vera unter mysteriösen Umständen zu Boden gestürzt und hatte sich das Genick gebrochen. Der Mordfall bleibt ungeklärt, denn die mutmaßliche maunzende Unfallverursacherin schweigt eisern zu den Tatvorwürfen.

Im Laufe der Jahre sind so einige Gewächse meinem schwarzen Daumen zum Opfer gefallen. Oder meinen Katzen. Und während alle Zimmerpflanzen hinter meiner Türschwelle scheinbar dem Tod geweiht sind, boomt um mich herum der Hype. Urban Jungle nennt er sich. Und führt dazu, dass immer mehr Leute ihr Zuhause mit möglichst viel Grün ausstatten. Das Ganze für Social Media dokumentieren. Auf Tauschportalen nach Gleichgesinnten, Ratschlägen oder Ablegern suchen. Und mit Namen wie Begonie, Monstera oder Bogenhanf um sich werfen. Wie konnte das passieren? «Der Trend war bereits 2018 oder 2019 spürbar», erläutert mir Pflanzenexpertin Carla Meineke im Interview. «Aber der richtige Hype ist dadurch entstanden, dass 2020 alle in Portalen, auf Instagram, in Facebook-Gruppen nach Pflanzen gesucht haben. Gleichzeitig. Und diese Nachfrage gar nicht gedeckt werden konnte», so die Gründerin des Podcasts «Grün färbt ab».

Die Trendbeschleuniger

Wie bei vielen Dingen war also die Coronazeit mit ein Auslöser. Genauer gesagt, der Lockdown, in dem viele Menschen Langeweile und der Einzelhandel geschlossen hatte – bis auf Baumärkte und Gartenzentren. Pflanzen waren damals eine einfachere und günstigere Alternative zu einem Haustier, erklärt mir Carla. Zugleich hübschen grüne Farbtupfer die eigenen vier Wände auf. Also den Ort, an dem in der Pandemie alle zwangsläufig viel Zeit verbracht haben. Auch für Carla ein Grund für ihre Pflanzenliebe:

«Eine Pflanze bringt Ästhetik ins Zuhause. Sie verleiht ihm eine gewisse Atmosphäre und durchbricht eine minimalistische Einrichtung: Plötzlich steht da was Grünes, Wildes im Raum.»

Zusätzlich kommen – wie so oft – Influencer ins Spiel. Einige haben sich regelrecht auf Pflanzen spezialisiert: die sogenannten Plantfluencer. Beispielsweise @marienova oder @lepetitjungle. Auch der Kanal @urbanjungleblog erfreut sich wachsender Beliebtheit. Unter dem Hashtag #plantsofinstagram werden über 16 Millionen pflanzliche Beiträge der Plattform angezeigt, während sich unter #boyswithplants auf über 360 000 Fotos und Videos junge Männer mit ihren Zimmerpflanzen in Szene setzen – meist shirtless. Sex sells. Auch im Urban Jungle.

In ihren Reels gibt Marie Nova Tipps rund ums Thema.
In ihren Reels gibt Marie Nova Tipps rund ums Thema.
Quelle: @Marienova/Instagram

It’s Not All About The Style

Neben dem ästhetischen Upgrade für die Wohnung wird aber auch ein moderner, naturverbundener Lifestyle vermittelt. Im Gegensatz zu anderen Interieur-Trends wie dem Knotenkissen oder Pampasgras sind Zimmerpflanzen schließlich keine reine Deko, sondern – Überraschung – Lebewesen.

Sie bieten Menschen, die sehr urban wohnen, die Möglichkeit auf etwas Natur in ihrem Heim. Ein eigenes Stück Grün, das sie auch im 5. Stock mitten im Stadtzentrum mit dem Draußen verbindet. Vielleicht ein Grund, warum insbesondere bei den jüngeren Menschen der Hype kickt. Die sind schließlich am engsten mit Social Media verbunden und am weitesten von einem Hauskauf entfernt. Denn der Traum vom Eigenheim – mit Garten – wird zunehmend unbezahlbar. Auch für Carla:

«Ich kann mir wie viele andere kein Haus mit Garten leisten. Mit Zimmerpflanzen kann man sich aber einen kleinen Garten zu Hause anlegen, wachsen und gedeihen lassen.»

Darüber hinaus gehen viele darin auf, sich um etwas zu kümmern, das Zuwendung und Pflege benötigt. Dieses Wesen sprießen zu sehen, kann Freude bereiten. Einige Pflanzenbesitzerinnen und -besitzer beschreiben eine stimmungsaufhellende Wirkung durch ihren Urban Jungle. Dass der grüne Farbstoff Chlorophyll tatsächlich eine positive Auswirkung auf das Gemüt hat, konnte bisher nicht eindeutig in wissenschaftlichen Studien erwiesen werden. Doch zumindest hat ein Leipziger Forscherteam belegt, dass Stadtmenschen weniger mit Depressionen zu kämpfen haben, wenn sie von vielen Bäumen umgeben sind. Einige wissenschaftliche Umfrage der Universität Genua ergab außerdem, dass sich Leute mit vielen Zimmerpflanzen im Frühjahr 2020 von den Einschränkungen der Coronapandemie weniger belastet fühlten als solche ohne.

Wenn das mal kein Grund ist, die eigene Wohnung aufzugrünen! Inspiration gefällig?

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Pflanzen
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Fresca-Plant Monstera Deliciosa Mix (24 cm)
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CHF61.90

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24 cm

Carlas Pflanzentipps

Übrigens: Es muss natürlich kein perfekter, atemberaubender Urban Jungle bei dir zu Hause sein. Auch kleine, einzelne Pflanzen können für eine schönere Atmosphäre sorgen. Falls du Neuling im Plant-Game bist oder bisher kein Händchen für Pflanzen hattest: Hier folgen Carlas Top-3-Tipps für den eigenen Urban Jungle.

  • Falls möglich, neue Pflanzen vor Kauf gründlich angucken: Wie sehen die Wurzeln aus? Hat sie Schädlingsbefall? Sonstige Auffälligkeiten?
  • Pflanzen je nach Stellplatz auswählen: Für ein Nordfenster etwa eignen sich andere Arten als für die Südseite.
  • Staunässe vermeiden: Pflanzen nicht übergießen, sodass das Wasser nicht tagelang Zentimeter hoch im Topf steht.

Du hast einen eigenen Urban Jungle zu Hause oder empfindest deine Pflanzen als stimmungsaufhellend? Erzähl es mir in den Kommentaren!

Titelbild: Beazy G/Unsplash

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Katzenlady und Kaffeeliebhaberin aus Kiel, die das Hamburger Redaktionsteam unterstützt. Immer auf der Suche nach «News und Trends» in den Bereichen Sport und Health Care, DIY & Basteln, Interior, Deko, Geschirr, Sex & Erotik.


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