

Samsung Q900R: Kommt das 8K-Wunder zu früh?

Der erste 8K-Fernseher auf dem Markt heisst Q900R und kommt von Samsung. Über 33 Millionen Pixel sollen für das beste Bild sorgen, das du für Geld kaufen kannst. Und das, obwohl es kaum 8K-Inhalte gibt. Ob die Erwartungen erfüllt werden?
Das ist er also. Der erste marktfähige 8K-Fernseher der Geschichte, mit Produktbezeichnung Q900R. Gebaut hat ihn Samsung, und der südkoreanische Hersteller verspricht nichts Geringeres als «echte 8K-Auflösung für ultrarealistische Bildqualität». Eine Kampfansage, die es in sich hat.
Wer den Mund so voll nimmt, muss sich auf den Zahn fühlen lassen. Das tue ich auch, in diesem Test. Ich will herausfinden, was Samsungs neues Schlachtross drauf hat und ob er seine Konkurrenz hinter sich lässt. Aber vor allem will ich wissen: Was bringt mir 8K, wenn es noch gar keine 8K-Inhalte gibt?
Kein Wunder: Das 8K-Bild ist der Hammer, aber...
Im Artikel verwende ich «8K» als Synonym für UHD-2, der eigentlich korrekten Bezeichnung für die TV-Auflösung, die 7680 × 4320 Pixel zählt. Das sind über 33 Millionen Pixel. Also viermal mehr Pixel als bei Ultra HD (UHD) und sechzehnmal mehr als bei Full HD (FHD). Getestet habe ich das Modell mit einer Bilddiagonalen von 75 Zoll.
Klingt beeindruckend. Das Problem ist: Der Markt für Blu-rays steckt noch bei maximal UHD, und Streaming-Anbieter wie Netflix oder Prime bieten auch nichts in 8K an. Erst auf Youtube werde ich fündig. Dort sind’s hauptsächlich kurze Clips von schönen Plätzen der Welt – wie etwa diese Marokko-Montage –, die in 8K und mit 60 Bildern pro Sekunde (FPS) gefilmt worden sind.
Ich drücke auf «Play».
Die Detailwiedergabe ist schlichtweg fantastisch. Das Bild wirkt durch die hohe Auflösung derart plastisch, dass ich am liebsten reinlaufen möchte. Besonders bei der Szene vom Mann im braunen Gewand, etwa ab Minute 0:19, als er durch die Sandwüste stapft. Kein Rauschen, kein Bildkorn, kein Garnichts da, was den Bildeindruck trüben würde. Ich bin baff.
Das wollte ich unbedingt auf Video bannen. Aber eine 8K-Videokamera habe ich nicht auftreiben können. Darum siehst du unten auch kein echtes 8K-Bild, sondern nur ein in FHD abgefilmtes 8K-Video. Du wirst mir wohl einfach glauben müssen, dass das, was du da unten siehst, absolut sensationell ist.
Eigentlich vertrete ich ja die Meinung, dass sich 8K fürs Heimkino nicht lohne. Ein wenig bin ich versucht, meine Meinung zu überdenken. Als ich aber vom gleichen Kanal einen in UHD und mit 60 FPS gefilmten Mitschnitt des Karnevals in Venedig schaue, wird mir klar: Grosse Unterschiede zum 8K-Clip gibt’s nicht wirklich. Vielleicht im Detail, wenn ich ganz genau hinsehe.
Auch hier: Das ist kein echtes UHD, sondern ein in FHD abgefilmtes UHD-Video auf dem Q900R.
Das sieht alles wunderschön aus. Die roten Backsteine der Stadt der Masken haben einen leichten rosafarbigen Teint, die untergehende Sonne taucht den Himmel in Orange und die quietschbunten Kostüme der Leute zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht. Nur: Die Macher hätten einige Shots vom Marokko-Clip einstreuen können – ich hätte es vermutlich gar nicht bemerkt.
Das kann zwei Ursachen haben. Entweder ist der Fernseher trotz etwa 190 cm Bilddiagonale zu klein, um den Unterschied zwischen 8K und UHD sichtbar zu machen, oder der Bildprozessor leistet beim Hochskalieren von UHD auf 8K verdammt gute Arbeit. Um das abschliessend zu beurteilen, beginne ich mit weiteren Upscaling-Tests.
Upscaling: Wie sehen DVDs und Blu-rays in 8K aus?
Egal wie gut 8K-Inhalte auf dem Q900R aussehen – im Normalfall guckst du Full- oder Ultra-HD-Inhalte. Darum wirbt Samsung mit dem «Quantum 8K»-Bildprozessor. Der sorgt dafür, dass unschönes Bildrauschen unterdrückt wird, Kanten geglättet und Farben verstärkt werden. Aber vor allem skaliert er Inhalte hoch, indem fehlende Pixel dazugerechnet werden.
Das tun die Prozessoren der Konkurrenz auch. Aber laut Samsung geht der Quantum-8K-Prozessor weiter: Damit Filme unabhängig von ihrem Quellmaterial wie in 8K gedreht aussehen, legt der Prozessor mehrere Hundert Filter übers Bild. Eine KI auf einem Samsung-Server in Südkorea gleicht das Ergebnis mit einem 8K-Referenzbild ab und schickt neue Filter oder löscht veraltete raus. Dabei werden laut Samsung keine Daten ausgetauscht, die dein TV-Verhalten aufzeichnen.
Hat das bei der Präsentation an der IFA 2018 in Berlin so geklungen, als ob das in Echtzeit geschehe, hat sich mittlerweile herausgestellt, dass dieser Austausch zwischen Fernseher und Server nur alle paar Wochen via Softwareupdate erfolgt. Alles andere hätte auch zu viele Ressourcen verzehrt.
Um zu sehen, wieviel die KI inzwischen gelernt hat, beginne ich mit der denkbar schwierigsten Aufgabe: einer DVD. Ihre Auflösung beträgt nur 720 × 576 Pixel. Das sind insgesamt 414 720 Pixel. Das Panel des Q900R besitzt aber 33 177 600 Pixel. Der Prozessor muss demzufolge 98.75 Prozent des Bilds selber berechnen.
Hier das DVD-Menü aus «Thor»:

Und hier das Blu-ray-Menü:

Hier Odin (Anthony Hopkins) in der DVD-Fassung:

Und hier Odin in der Blu-ray-Fassung:

Das DVD-Bild rauscht wie verrückt. Immer wieder nerven Artefakte. Das im Vergleich zur Blu-ray wahnsinnig verpixelte DVD-Menü trübt den Eindruck zusätzlich. Keine Spur von High Definition. Das machen UHD-Fernseher mit einer ähnlich miesen Quelle zwar nicht besser – aber auch nicht schlechter.
Ganz anders das Blu-ray-Bild. Es ist knackig, scharf und plastisch. Die schwarzen Filmbalken zeigen die guten Schwarzwerte, und die knallbunten Farben aus Thors Heimatwelt Asgard sehen kräftig, aber natürlich aus.

Der grosse Unterschied zur DVD lässt sich grösstenteils mit der FHD-Auflösung erklären, die über 2 Millionen Pixel zählt. Ausserdem zeigt sich, was Samsung mit seinen Quantum Dots aus einer Quelle rausholen kann, wenn sie etwas taugt: Kleine Nano-Partikel in den unteren Schichten des TV-Panels nehmen das bläuliche Hintergrundlicht der LEDs auf und wandeln es in reines weisses Licht um. Die Subpixel in den oberen Schichten können so noch schönere Farben mischen – sie wirken trotz der extrem hohen Maximalhelligkeit von 4000 Nits nie ausgewaschen oder blass.
Beim Q9FN, Samsungs UHD-QLED-Flaggschiff, gefiel mir das weniger gut. Dort sind die Farben Samsung-typisch und für meinen Geschmack einen Ticken zu knallig. Die dezentere, dafür realistischere Darstellung des Q900Rs, finde ich deutlich besser.
Natürlich könnte ich in den Bildeinstellungen die Farben an meine persönlichen Vorlieben anpassen. Oft ist es aber so, dass wenn ich das Bild so kalibriere, wie ich es mag, es beim nächsten Film nicht mehr passt. Dann müsste ich von Neuem kalibrieren. Überdies sind Anpassungen sowieso eingeschränkt: Ein LCD-Panel kann beispielsweise nie dasselbe pechschwarze Schwarz erzeugen wie ein OLED. Umgekehrt kann ich die Helligkeit eines OLED-TVs nie so hell einstellen wie bei einem LCD.
Mein Tipp: Trau dich ruhig, mit den vorgefertigten Bild-Modi des TVs rumzuspielen. Das spart Zeit beim Kalibrieren. Ich bevorzuge es, UHD-HDR-Filme im «Kino-Modus» zu schauen. Um bei Blu-rays ebenfalls den HDR-Look zu bekommen, stelle ich auf «Dynamisch» um – das verstärkt vor allem die Farben, wäre aber bei einem HDR-Film zu viel des Guten. Live-TV schaue ich meistens im Modus «Natürlich». Der bringt eine recht gute Balance.
Auch abseits von Blu-rays leisten das Panel und sein Prozessor ordentliche Arbeit. Im Live-TV, das ich über meine Swisscom-Box mit einer Auflösung von 1280 × 720 Pixel empfange, wirkt das Bild – Dominik Paris rast mit einer Traumfahrt an der Ski-WM in Åre gerade zu Gold – stets flüssig.

Dasselbe gilt für via Youtube gestreamte Full-HD-Inhalte.
Externe Quellen messen im Game-Modus einen Input-Lag von sehr geringen 16.4 Millisekunden. Das Bild hat dann aber wenig Kantenglättung und die Farben wirken teilweise überzeichnet.
Allem Lob zum Trotz: Vergleiche ich Schärfe und Farben der obigen Beispiele mit anderen UHD-Fernsehern, die ich getestet habe, würde mir niemals auffallen, dass ich es hier mit einem 8K-Panel zu tun habe.
Beinahe OLED-Feeling bei UHD-HDR-Blu-rays
Dolby Vision unterstützt der Q900R nicht. Das ist dann relevant, wenn du HDR-Filme und Serien auf Netflix oder Apple TV schaust. Dafür beherrscht der Fernseher HDR10+. Das findest du zum Beispiel bei Amazon Prime. HDR-Formate mit dynamischen Metadaten sind allerdings selten auf UHD-Blu-rays. Diese sind meistens HDR10-codiert, was alle HDR-fähigen TVs abspielen können.
Apropos: Zum Schluss spiele ich mit «Blade Runner 2049» einen meiner Lieblings-UHD-Blu-rays ab. Den kenne ich inzwischen in- und auswendig und weiss darum, wie das Bild aussehen sollte.
In einer Szene, in der Deckard (Harrison Ford) von Wallace (Jared Leto) verhört wird – als Tausch für die Information, wo sich sein Kind befindet, bietet ihm Wallace eine Replik von Deckards verstorbenen Liebe Rachael (Sean Young) an – fallen mir wieder die herausragenden Schwarzwerte auf, die beinahe OLED-Niveau erreichen.
Möglich ist das dank Full Array und Local Dimming. Das ist eine spezielle Form der Hintergrundbeleuchtung, in der mehrere Zonen dafür sorgen, dass sich die Leuchtdioden lokal abschalten, um so tiefere Schwarzwerte zu ermöglichen. Das führt zu einem höheren Kontrast.
Beim Q9FN, dessen 65-Zoll-Version ich letzten Sommer getestet habe, scheint mir das Schwarz aber dunkler gewesen zu sein. Das könnte daran liegen, dass das 75-Zoll-Panel bei grösserer Fläche gleich viele Dimmzonen hat (etwa fünfhundert). Die Pixel würden weniger genau angestrahlt oder abgedimmt werden, was die schwächeren Schwarzwerte erklären würde.
Das ist aber Meckern auf sehr hohem Niveau. Vielleicht habe mich schlichtweg ans hohe Niveau von OLED-Schwarz gewöhnt.
Fazit: Geiles Teil, aber nicht wegen 8K

Das von Youtube gestreamte 8K-Bild haut mich aus den Latschen. Euphorischer 8K-Anhänger werde ich trotzdem nicht. Das hat zwei Gründe.
- Das UHD-Bild sieht fast genau so fantastisch aus.
- Die Bildqualität sämtlicher getesteten Quellen ähnelt zu sehr derjenigen, die ich von UHD-Fernsehern bereits kenne.
Das Bild kann von der grösseren Pixelmasse nicht wirklich profitieren. Sie sind unbestritten da, die 33 Millionen Pixel, aber sie tun nichts zur Sache, wenn es darum geht, mir ein noch schöneres Bild zu zaubern als bei UHD-Fernsehern mit ihren acht Millionen Pixeln.
Unabhängig davon gehört das Bild zum Besten, was ich je testen durfte. Die Farben sind dank den enormen 4000 Nits Helligkeit und Quantum-Dot-Technologie brillant, gleichzeitig sorgen Full Array und Local Dimming für ein tiefes Schwarz auf OLED-ähnlichem Niveau. Und auch wenn der Quantum-8K-Prozessor der Konkurrenz nicht so weit voraus ist, wie Samsung es gerne hätte, sorgt er für ausgewogen natürliche Bilder und ein flüssig laufendes Betriebssystem.
Alles in Allem also ein recht geiles Teil.
14.2.2019, 15.58 Uhr: Update bezgl. HDMI 2.1
Auf die Frage bezüglich Verfügbarkeit von HDMI-2.1-Ports von User JiSiN habe ich folgendes Statement vom European Office von Samsung erhalten:
«Um 8K-Inhalte richtig geniessen zu können (senden und empfangen), ist der HDMI2.1-Standard notwendig, und wir gehen davon aus, dass die Industrie bald einen Konsens darüber erzielen wird. Wenn es Kundenwünsche gibt, unterstützen wir die Nutzung der entsprechenden Funktionen. (Allerdings können Methode und Zeitpunkt der Unterstützung je nach Land unterschiedlich sein.)»
Darüberhinaus wurde mir bestätigt, dass für die Q900R Besitzer eine Upgrade-Möglichkeit angeboten wird. Was die Schweiz betrifft, ist es im Moment noch unklar, wann diese Upgrade-Möglichkeit kommt und wie diese distribuiert wird (kostenpflichtig oder kostenlos).


Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»