
Hinter den Kulissen
#handmade: Social Media bringt das Bastelfieber zurück
von Alex Hämmerli
Bremsbeläge wechseln, Kette ölen, Schaltzug einbauen: Der Fahrrad-Boom der letzten Jahre trifft auf die Do-it-yourself-Bewegung. Diesen Sommer bricht Galaxus alle Verkaufsrekorde bei den Ersatz- und Anbauteilen sowie beim Velowerkzeug. Mit ein Grund dürfte der Mangel an Fachkräften in den Werkstätten sein.
Die Schweiz ist ein Veloland: Rund eine halbe Million fabrikneue Fahrräder rollen hierzulande jährlich zu ihren neuen Besitzern. Einen Boom hat die Corona-Pandemie ausgelöst: Weil viele Menschen vom ÖV aufs Fahrrad umsattelten, stieg der Verkauf gemäss dem Branchenverband Velosuisse im Jahr 2020 sprunghaft um fast 40 Prozent. Und durch den Trend zum E-Velo halten sich die Absatzzahlen seither auf hohem Niveau – wohl auch deshalb, weil die Drahtesel inzwischen wieder gut verfügbar sind.
Gleichzeitig sind DIY- und Bastelprojekte salonfähig geworden – getrieben auch durch deren Präsenz und die vielen Anleitungen in den sozialen Medien. Und diese Welle hat nun die Schweizer Velogemeinschaft erreicht: Im Juli 2023 hat das Online-Warenhaus Galaxus knapp 70 Prozent mehr Fahrrad-Ersatzteile und Werkzeug verkauft als im Juli 2022. Darunter fallen beispielsweise Bremsbeläge, Pedale, Tretlager, Reifenheber oder Kettenschlosszangen. Gleichzeitig gingen rund 40 Prozent mehr Anbauteile wie Velolichter, Veloglocken oder Schutzbleche auf die Post. In beiden Produktgruppen konnte Galaxus Rekordmengen absetzen. Und auch aufs erste Halbjahr bezogen ergeben sich zweistellige Wachstumsraten im Vergleich zu 2022.
«Während der Pandemie haben wir uns die Velos gekauft, jetzt machen wir auch den Service selbst», fasst Nicolas Pulfer die Entwicklung zusammen. Nicolas ist als Category Business Manager fürs Fahrrad-Sortiment bei Galaxus zuständig. Er geht davon aus, dass die Nachfrage nach Ersatz- und Anbauteilen sowie nach Flick- und Putzzeug bei Galaxus in den kommenden Jahren weiterwachsen wird.
Dafür spricht auch, dass in der Schweiz viele Velowerkstätten an ihre Kapazitätsgrenzen stossen. Gemäss einer Umfrage des auf die Branche spezialisierten Beratungsunternehmens Dynamot litten 2022 vier von zehn Schweizer Werkstätten unter Fachkräftemangel. «Wenn ich bei meinem Mechaniker oder meiner Mechanikerin keinen Termin finde, dann komme ich eher mal auf die Idee, dass ich die abgefahrenen Bremsbeläge selbst wechseln könnte», kommentiert Nicolas die Lage. Hersteller wie Shimano oder Sram würden ihre Teile inzwischen auch vermehrt so herstellen, dass Laien vieles selbst ersetzen können. «Mit Anleitungen aus dem Internet, dem passenden Werkzeug und etwas Talent kommt man beim Service heute ziemlich weit.»
Woran sich viele wagen, zeigt sich im Verkaufs-Ranking von Galaxus: Auf den vordersten Plätzen rangieren Schläuche, Reifen und Bremsbeläge. Beliebt sind zudem Reinigungs- und Pflegeprodukte. Aber auch Ketten und Pedale montiert bzw. ersetzt die Galaxus-Community gerne mal selbst. Mit zwei Anbauteilen bilden die Veloglocken und Flaschenhalter die Schlusslichter der zehn Bestseller-Produkttypen.
Das grösste Verkaufswachstum sieht Galaxus hingegen bei Produkten, die im Bestseller-Ranking weiter unten erscheinen: Diesen Juli bestellte sich die Kundschaft z.B. rund dreimal so viele Velogabeln, Scheibenbremsen sowie Schalt- bzw. Bremshebel.
Zum Schluss ein Fun Fact für alle Klugscheisserinnen und Pub-Quiz-Helden: Das Wort «Velo» kommt von «Veloziped». So nannten die Tüftler und Besitzerinnen ihre Zweiräder im frühen 19. Jahrhundert. «Veloziped» bedeutet auf Lateinisch so viel wie «Schnellfuss».
Hast du auch schon Veloteile, Werkzeug oder Putzsachen für dein Fahrrad im Internet bestellt? An welchem Service-Schritt bist du gescheitert, und wofür gehst du heute nicht mehr zum Velomech? Diskutiere in der Kommentarspalte mit!
Ich bin bei Galaxus und Digitec zuständig für den Austausch mit Journalistinnen und Bloggern. Gute Geschichten sind meine Leidenschaft, deshalb bin ich immer auf dem neusten Stand.