
Ratgeber
Das herbe Ende meiner Indoor-Kräuter
von Darina Schweizer
Meinem Brautstrauss ging es kürzlich an den Kragen: Ich habe ihn gepresst und getrocknet. Nun habe ich die ersten Blüten nach einem Monat aus der Blumenpresse entlassen. So geht es ihnen.
Ist mein grüner Daumen tot? Das fragte ich mich, als meine Indoor-Kräuter kürzlich auf der Fensterbank eingingen.
Schon befürchtete ich, dass nun alles Pflanzenartige wie mein grüner Daumen enden wird: tot. Doch nun kann ich einen neuen Pflanzen-Erfolg feiern. Zwar sind die Blumen nicht wirklich lebendig … aber der Reihe nach.
Kürzlich stand ich am Bodensee und weinte. Nicht um meine Indoor-Kräuter, sondern weil ich geheiratet habe. Mit einem Brautstrauss. Aus geschnittenen (sprich toten) Blumen. Ganz mein Ding, dachte ich nach der Feier und begann, die Blüten und Zweige zu trocknen und pressen. So wollte ich die gebündelten Erinnerungen an diesen wunderbaren Tag konservieren. Und auch ein bisschen mein angeknackstes Gärtner-Ego pushen.
Während ein Teil des Strausses – jener, den mein Mann beim Brautstrausswerfen nicht seinem ledigen Kollegen zuwarf – noch einen Monat im Keller trocknen muss, sind einzelne Blüten und Zweige davon bereits gepresst. Gestern habe ich das Notizbuch unter dem schweren Gitarrenverstärker hervorgeholt, aufgeklappt und die Zeitungsblätter, auf denen die Blumen trockneten, herausgezogen.
Erste Reaktion: keine platte Enttäuschung, sondern Begeisterung. Die Blüten, die ganz schön retro wirken, sind flacher als meine flachsten Witze. Trotzdem gibt es Unterschiede bei den Blütenarten. Ich erstelle eine Rangliste:
Wie im Internet angekündigt ist das flache Schleierkraut besonders zum Pressen geeignet. Die winzigen Blütchen wirken immer noch fluffig und durch das Übereinanderliegen fast schon 3D-artig. Das Schleierkraut ist definitiv der Gewinner meiner Brautstrauss-Pressung. Wie passend.
Auch die Sterndolden machen ihrem Namen alle Ehre. Die feinen Zacken geben im platten Zustand ein schönes Bild ab. Insbesondere der Verlauf von Weiss ins Grün kommt herrlich zur Geltung. Einige Stiele sind jedoch etwas lang und krumm. Die hätte ich kürzen und gerade zupfen können.
Auch dieser soll sich zum Pressen eignen, meinten einige Internetquellen. Andere sprachen von Schwierigkeiten bei den knubbeligen Blüten. Dies kann ich bestätigen. Schon als ich sie mit einem Bügeleisen vorbearbeitete, gaben sie viel Flüssigkeit von sich und verhielten sich sperrig. Das gepresste Resultat ist okay, aber nicht fantastisch. Schöner sind die Blätter geworden.
Nicht fürs Podest gereicht hat es dem Klassiker: der Rose. Ihre weissen Blüten nahmen nicht nur eine hellbräunliche Farbe an, sondern haben auch keine wirklich ästhetische Form erhalten. Ich weiss nun, woran das liegt: Ich habe die Blüte ganz zwischen die Zeitungsblätter geklemmt. Ein schöneres Ergebnis erreichst du, wenn du die Blütenblätter auseinandernimmst, einzeln presst und sie am Schluss wieder zusammenklebst:
Insgesamt finde ich, das Ergebnis kann und soll sich sehen lassen. Ich werde mir nun einen Glasrahmen kaufen. Diesen befülle ich mit den getrockneten Blüten meines Brautstrausses und dem Gedicht unserer zivilen Hochzeit («Unendlichkeit» aus der Serie «Tote Mädchen lügen nicht»). So mache ich unseren grossen Tag unsterblich. Mein grüner Daumen ist also doch nicht tot. Nur ein bisschen eingetrocknet.
Hast du auch schon Blumen gepresst? Welche Erfahrungen hast du gemacht? Verrate es mir in einem Kommentar.
Titelfoto: Darina SchweizerIch mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.