

Maana Studios mischt den Markt auf – mit einer uralten Teppichart
Matteo Lettieri verkauft Ledertaschen, als ihm die Idee für ein zweites Projekt kommt: Maana Studios, eine Marke für Berberteppiche aus Marokko. Das Design ist nicht neu. Die Art, wie es der Zürcher und sein Team rüberbringen, aber schon.
Nur wenige Menschen lassen sich so von ihrer Intuition leiten wie Matteo Lettieri. Dem kreativen Kopf war schon während seines BWL-Studiums klar, dass er etwas Eigenes gründen möchte. Nach seiner ersten Marokko-Reise 2012 wusste er was: eine Marke namens «Nasire» für handgemachte Taschen aus marokkanischem Leder. «Mir hat die Aufbruchstimmung dort so gut gefallen, dass ich Teil davon sein wollte», sagt Matteo. «Der Aufbau der Brand lief gut, aber unsere Designs verkauften sich besser in unserem Marrakesch-Shop als in der Schweiz. Niemand schien hierzulande auf ein weiteres Taschenlabel gewartet zu haben». Deshalb ging er 2020 einer anderen Idee nach und gründete ein zweites Label.
Der 34-jährige Züricher wurde unterdessen immer öfter auf Berberteppiche aus Marokko angesprochen. Er erklärte sich die Nachfrage mit einem aufkommenden Interesse am Wohnstil der Fünfziger und Sechziger: «Die Leute erwähnten oft Namen von Designgrössen wie Alvar Aalto, Le Corbusier oder dem Eames-Ehepaar, die Räume vorzugsweise mit Berberteppichen einrichteten», meint Matteo. In der Schweiz gab es zu diesem Zeitpunkt keinen richtigen Anbieter für diese Teppichart. Also entschied sich Matteo dazu, die Lücke zu schliessen. Er gründete die Marke «My Beni», die mittlerweile in «Maana Studios» umbenannt wurde.

Quelle: Pia Seidel

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Handgeknüpfte, zeitlose Meisterwerke
Durch seine bereits geknüpften Kontakte fand der Zürcher schnell die passenden Partner für die Fertigung der flauschigen Fusswärmer. Er arbeitete vor Ort eng mit ihnen zusammen, um ein hochwertiges Produkt zu gestalten, das fair und nachhaltig produziert wird. «Es gibt viele Anbieter für ähnliche Teppiche», sagt Matteo. «Jedoch nicht zum selben Preis und nicht in derselben Qualität, die du sogar auf Mass bestellen kannst.» Maana-Studios-Teppiche sind von einer gemeinnützigen Fair-Trade-Organisation, die sich für das Wohlergehen der Mitarbeitenden in der handgefertigten Teppichindustrie einsetzt, «STEP-Fair Trade» zertifiziert.
Die hellen Teppiche fanden im DACH-Raum schnell Anklang. Denn obwohl sie heikel aussehen, sind sie es nicht, versichert Matteo: «In Marokko liegen sie im Geröll und in Räumen, in denen Ziegen oder Kühe drüberlaufen. Brands wie Zara Home oder La Redoute führen zwar Modelle, die auf den ersten Blick gleich aussehen, aber aus Polyester, Viskose und Plastik sind.» Die natürliche Schurwolle der traditionellen Berberteppiche ist im Gegensatz dazu antistatisch und anti-allergisch. Sie enthält ätherische Öle, die sie schmutzabweisend macht.

Quelle: Pia Seidel

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Wie das Teppichknüpfen benötigte der Markenaufbau sorgfältige Arbeit und Geduld. Matteo baute schrittweise einen E-Shop auf, erweiterte das Sortiment mit Keramik sowie anderen Wohnaccessoires aus Marokko und organisierte Pop-ups in Zürich, bei denen die Kollektion offline zu sehen war. Zudem eröffnete er einen Showroom in Zürich. Im Jahr 2020 verkaufte er schliesslich sein Taschenlabel, um sich nur noch Maana Studios zu widmen. Als Fabrice Aeberhard, Industriedesigner und Mitgründer der Schweizer Brillenmarke Viu Eyewear eine Bestellung aufgab, sah Matteo das als ein Zeichen. Er lieferte den Teppich persönlich aus und ging wieder der Nase nach: «Ich wollte Fabrice unbedingt für unsere Marke gewinnen, weil er ein Brand-Bau-Profi ist.» Er habe schon Best Smile und Soeder gross gemacht und war in Matteos Augen ein «Perfect Match». Wenig später wurde Fabrice Creative Director und Verwaltungsrat bei Maana Studios.
Neuer Name, neue Auswahl
Mit der Ergänzung zum mittlerweile sechsköpfigen Team wurde kurz darauf das unentdeckte Potenzial von Maana Studios aus den Teppichen geklopft und der Name geändert. «Maana» ist ein arabisches Wort und bedeutet auf Deutsch «Sinn». Es kann auch mit «Mano», italienisch und spanisch für «Hand» und damit mit Handwerk assoziiert werden.

Quelle: Pia Seidel
Matteo entschloss sich, den Fokus nur noch auf marokkanische Berberteppiche und Kaschmirdecken zu richten sowie eigene Designs anzubieten. Aus einem Marktplatz für Wohnaccessoires aus Marokko wurde eine Lifestyle-Marke mit einer ersten Kollektion namens «Block», die Fabrice Aeberhard entworfen hat. Sie wird statt in Marokko in Indien handgefertigt und besteht aus minimalistischen, geometrischen Flachgewebe-Teppichen. Ausserdem sollen künftig Vasen und Tische aus eigener Feder folgen.
«Berperteppiche entstehen oft in Heimarbeit statt in einem Atelier», erklärt Matteo. «Es ist ein sehr altes Handwerk». Um die Zusammenarbeit aus dem Ausland zu vereinfachen, haben er und sein Team über die Jahre eine eigene Software entwickelt und Produktionskataloge auf Arabisch erstellt. Das sollte dabei helfen, Qualitäten zu bestimmen und Bestellungen auf Mass zu managen. Aber jetzt seien sie am Limit. «Es kommt immer wieder zu Abweichungen vom Auftrag und die Fertigung eines marokkanischen Teppichs dauert acht bis zehn Wochen.» Ein «Block»-Teppich aus Indien brauche hingegen nur vier bis acht Wochen. Die indischen Partner haben den Prozess optimiert, bieten ihr ein eigenes Farbsystem und gewährleisten gleichbleibende Qualität. Deshalb kann die Kundschaft bei der «Block»-Kollektion Grösse, Farbe und Motiv selber aussuchen. «Hier geben wir nur die Schranken vor – sprich: 40 Farben und 40 Motive.»

Quelle: Pia Seidel

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Unkonventionelle Wege, Altbewährtes zu verkaufen
Seit der Gründung von Maana Sudios krempelt Matteo die etwas festgefahrene Schweizer Möbelbranche auf. Er vertreibt die Berberteppiche nicht nur über Möbelhändler, wie es in der Branche üblich ist. Stattdessen setzt er von Anfang an auf einen eigenen Webshop und arbeitet mit Interior Design Studios sowie Architekturbüros zusammen.
In der Vergangenheit haben manche Möbelhäuser es ungern gesehen, wenn Marken auch einen Showroom haben, in dem sie beraten und verkaufen. Heute finde ein Wandel statt, bemerkt Matteo: «Früher konntest du Vitra nicht direkt kaufen, sondern musstest über den Händler gehen.» Mittlerweile vertreibe das Unternehmen selbst eine kleine Auswahl. Es scheint erkannt zu haben, dass sich die Kundschaft den direkten Kontakt zum Brand wünscht. Die ausgewählte Partner von Maana Studios sehen das ähnlich und nehmen das Konzept des jungen Schweizer Labels nicht als konkurrierend wahr.

Quelle: Pia Seidel.
Matteo mag, dass sein Unternehmen «ein bisschen alles macht», wie er sagt. Er hält es für stark im E-Commerce sowie im Retail und in der Beratung. Maana Studios sei zwar kein klassischer Shop, aber er biete der Kundschaft mit dem Showroom einen Raum für den direkten Austausch. «Manche Leute fragen uns, warum wir alles machen wollen.» Diese veraltete Haltung werde teils schon im Studium vermittelt, findet der Zürcher. «Du kriegst an Design-Hochschulen schnell auf die Kappe, wenn du mutig bist und nach deinem Abschluss einen Tisch entwerfen möchtest, um Geld zu verdienen.» Es scheine so, als solle man erstmal brav ein Praktikum bei einem anderen Designstudio machen und dann auf ein Stipendium warten, um sein eigenes Label zu gründen. Dabei könne man von Anfang an kommerziell denken und alles auf eine Karte setzen: «Fang doch einfach mal, lern’ aus Fehlern und versuch’ Umsatz zu generieren, um davon leben zu können», sagt Matteo. «Aus Erfahrung weiss ich: Es gibt ein Publikum in der Schweiz, das mutige Macherinnen und Macher belohnt.»
Durch Maana Studios hat Matteo gemerkt: Viele Menschen wollen besser, zeitloser und nachhaltiger einkaufen. «Unsere Zielgruppe möchte weit weg vom Trendzyklus, der in der Mode herrscht und teils von der Möbelbranche übernommen wurde. Das passt auch zu unserer Philosophie – dass wir altbewährte Teppiche vertreiben, die heute noch genauso aktuell sind wie damals.»

Quelle: Pia Seidel
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.