
Ratgeber
Kein Garten oder Balkon, kein Problem: So spriessen Kräuter auch drinnen
von Darina Schweizer
Vor wenigen Tagen bin ich dreifache Kräutermutter geworden. Hier erfährst du, wie die «Schwangerschaft» von Thymian, Oregano und Salbei in meinem Wohnzimmer verlief und welche Komplikationen es gab.
«Kein Garten oder Balkon, kein Problem: So spriessen Kräuter auch drinnen»: Wenn ich den Titel meines ersten Galaxus-Artikels lese, muss ich laut auflachen. Wie einfach ich mir mein Indoor-Kräutergarten-Experiment vor einem Monat vorstellte. Doch erstens kam es anders und zweitens, als ich dachte.
Die erste Komplikation trat ein, nachdem ich entschieden hatte, Kräutermutter zu werden. Als die Saatgut-Tütchen, die Aussaaterde und die Tontöpfe aus unserem Shop bei mir ankamen, stellte ich fest: Ich hatte vor lauter Vorfreude Töpfe mit vier statt 14 Zentimeter Durchmesser bestellt und die Unterteller komplett vergessen. «Sei’s drum», dachte ich mir, gab eine neue Bestellung auf und widmete mich ein paar Tage darauf der «Zeugung».
Mit einem Kaffeelöffel füllte ich behutsam die daumenbreiten Töpfchen. Kein einfaches Unterfangen, da sich die Ansaat- und Kräutererde aus der Migros als grob herausstellte. Gewisse Bestandteile der Erde waren breiter als die Töpfe selbst. «Sei’s drum», sagte ich mir wieder. Ich entfernte grössere Erdbrocken, liess die dicken Salbeisamen auf die Erde fallen und drückte sie leicht an (weil: Lichtkeimer, die Tageslicht benötigen).
«Nun mit dem Oregano und Thymian dasselbe in Grün», dachte ich mir und schüttelte kräftig am Tütchen. Nur hatte ich nicht damit gerechnet, dass das Saatgut dieser Kräuter um ein Vielfaches kleiner ist. So entleerte sich der Inhalt der Beutel mit einem «Wuschhh» und mein 4-Zentimeter-Töpfchen war kurzerhand mit Samen übersät. Und was dachte ich?
«Sei’s drum.»
Nach einem Gutsch Wasser waren meine Pflanzenkinder bereit für die Entwicklung. Voraussichtlicher Geburtstermin: in 8 bis 10 Tagen.
Was denkst du, wann ich das erste Mal nachgeschaut habe, ob in meinen Töpfchen etwas spriesst? Klar, am ersten Tag. Weil? Aus demselben Grund, aus dem du aufs Handy schaust: Du willst nichts verpassen. Etwas fiel mir dadurch bereits in den ersten Stunden nach der Aussaat auf: Die Erde trocknete in den Mini-Töpfchen wahnsinnig schnell.
Am Tag darauf war ich hin- und hergerissen. Soll ich bereits giessen oder nicht? Einerseits wusste ich, dass es mediterrane Kräuter trocken mögen. Andererseits wirkte die Erde etwas gar trocken. Nach einer Recherche dann die Klarheit: Alle Samen müssen feucht gehalten werden, um zu keimen, auch die mediterranen. Wichtig jedoch: Es darf keine Staunässe entstehen. Also kippte ich einen Mini-Gutsch Wasser in die Töpfchen und schüttete das Wasser aus den Untersetzern weg.
In den Tagen darauf wiederholte ich das Prozedere täglich. Doch so ganz überzeugt von meinem Vorgehen war ich nicht. Also begann ich, parallel dazu in drei weiteren Töpfchen anzusäen und nur jeden zweiten Tag zu giessen. Etwas davon musste ja funktionieren.
Langsam wurde ich ungeduldig. Es tat sich so gar nichts in meinen Töpfchen. Erneut durchforstete ich das Internet. Dabei stiess ich auf folgenden Tipp: Man könne Töpfe mit Folie überziehen und Löcher einstechen. So würde ein Zimmergewächshaus entstehen, das nur zwei- bis dreimal wöchentlich gegossen werden müsse. Auch das Wachstum werde beschleunigt.
Ein Versuch war's wert. Auch wenn es mich bis zu zehn Versuche und eine ganze Tirade an Fluchwörtern kostete, ein Gummiband mit einer winzigen Plastikfolie über ein Vier-Zentimeter-Töpfchen zu spannen. Mehrere Gümmelis klatschten mir ins Gesicht.
Der Tiefpunkt der Kräuter-«Schwangerschaft». Ich fühlte mich wie eine herbale Rabenmutter – oder Kräuterhexe? – und hatte die Hoffnung endgültig aufgegeben, dass meine Sprösslinge je das Licht der Welt erblicken würden. Ich überlegte mir schon, was ich beim nächsten Aussäen anders machen würde: Grössere Töpfe kaufen? Andere Erde? Nicht in die direkte Sonne stellen? Mehr giessen? Weniger?
Und dann, am Morgen des achten Tages, geschah es: Der erste Salbeisprössling stiess kopfvoran durch die Erdschicht. Wäre Stolz explosiv, hätte es mir mein Herz aus der Brust gejagt.
Nun bin ich also Kräutermutter. Ich habe gelernt: Wachstum braucht Geduld. Die Plastikfolie über den Sprösslingen habe ich mittlerweile entfernt. Lässt man sie zu lange darauf, besteht die Gefahr, dass die Keimlinge zu schnell wachsen und nur dünn und lang werden statt standfest.
In wenigen Tagen werden Salbei, Thymian und Oregano eigene «Schlafzimmer» bekommen. Sprösslinge mit einem ersten Blattpaar werde ich mit einem dünnen Holzstäbchen aus der Erde lösen (pikieren) und einzeln in neue Töpfe setzen. So stören sie sich nicht gegenseitig beim Wachstum. Irgendwann haben nun mal alle Junggewächse den Wunsch nach Privatsphäre.
Natürlich halte ich dich auf dem Laufenden, wie meine Kräuter gedeihen. In der Zwischenzeit würde es mich wundern, was du schon angepflanzt hast. Welche Fehler sind dir unterlaufen? Welche Tipps hast du beim Ansäen? Lass es mich in den Kommentaren wissen.
Titelfoto: Darina SchweizerIch mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.